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Blacks und Dystopie-Cover

Begonnen von Maria, 05. Oktober 2016, 14:54:03

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Maria

Ich habe die Frage auch bei den Büchereulen gestellt, da zieren sie sich noch etwas mit der Antwort, doch hier, wo Autoren, Verlage und Leser zu finden sind, gibt es sicher noch mehr Meinungen dazu, vor allem von jenen, die solche Geschichten auch schreiben.

Aus Neugier habe ich mich sowohl bei amazon.com wie bei amazon.de durch die Dystopie-Covers von Jugend/young adult Büchern geklickt, also durch die ersten 15 Seiten.
Diese Covers haben oft ein hübsches Frauengesicht oder eine hübsche Frauengestalt drauf.

Bei de habe ich kein einziges Buch mit einer dunkelhäutigen Frau/Mädchen gefunden und bei com war eines dabei (darüber bin ich auch noch über zwei andere Autoren mit Blacks auf den Covers und Science Fiction Genre gestoßen).


Unter meinen Funden waren die Autorinnen

Karen Sandler
Nnedi Okorafor
Mia Mints
Octavia E. Butler

Männliche US Autoren habe ich keine entdeckt.
Deutsche (weiblich und männlich) bei amazon.de auch nicht.

Woran liegt das? In zukünftigen Welten müssten von der Menschheit doch noch alle Varianten vorhanden sein, vor allem wenn diese Stories in den USA (oder was davon übrig ist) spielen oder die Welt so schrumpft, dass Entfernungen egal sind.

Sind dunkelhäutige Frauen auf Covers ein Grund für Kundinnen, NICHT zu einem Dystopie-Roman zu greifen?

Vermeiden es die allermeisten, Autoren dieses Genres deshalb, eine dunkelhäutige als Hauptfigur (ich meine jetzt nicht den Sidekick, der aus politischer Korrektheit ab und zu eingebaut wird) aufzubauen, um überhaupt verkäuflich zu sein?

Oder gibt es viel mehr und ich habe sie nur nicht gefunden?

Was denkt ihr? Würdem die Dystopie Leserinnen und Leser hier ein Buch liegen lassen, wenn die weibliche Hauptfigur auf dem Cover afrikanische Wurzeln hätte?

Kati

Dass keine women of colour auf den Buchcovers sind, liegt wohl großteils daran, dass sie im Buch selbst auch nicht mitspielen. Dazu habe ich mal diesen interessanten Artikel gefunden, der dich vielleicht auch interessieren könnte. Eine Dystopie mit einem schwarzen Mädchen auf dem Cover ist "Orleans" von Sherri L. Smith, das ich noch nicht gelesen habe, das aber spannend aussieht. Dann natürlich die "Partials"-Reihe von Dan Wells, die auch eine woman of colour auf dem Cover hat. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sich Bücher mit nicht-weißen Menschen auf dem Cover schlechter verkaufen. Viel eher tauchen sie in den Büchern selbst noch nicht oft als Hauptfiguren auf, was aber auch immer mehr wird. Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.  :)

Belle_Carys

#2
Ich stelle jetzt mal eine ganz ketzerische Gegenfrage... auf wievielen Büchern anderer Genres hast du denn Personen nicht kaukasischen Genmaterials gefunden?
Der Buchmarkt ist nach wie vor von Figuren bis zum industriellen Ende stark in der Hand von weißen (alten) Männern (und zunehmender immerhin auch Frauen). Das wurde und wird seit vielen Jahren hoch wie breit diskutiert und Gründe gibt es ungefähr so viele wie Sand am Meer.

Das es so wenige davon in der Mainstream Literatur (ich nenne das jetzt mal so) gibt, liegt auch daran, dass es nicht so wahnsinnig viele Autoren gibt, die dazu kommen, die Geschichten von POC's für einen breiten Markt zu erzählen.*

Was die Frage nach Dystopien angeht... ja, in der Zukunft würde man sich eher mehr als weniger Vielfalt erwarten. Trotzdem ist die Standard YA Dystopie an ein primär weißes Publikum gerichtet und folgt an vielen Stellen Genre-Konventionen, die sich verkaufen. Diese Konventionen beinhalten eben häufig auch das Token-Mädchen in Profilansicht oder hübschem Kleid auf dem Cover.

Ärgerlich? Auf jeden Fall. Aber ein Trend von dem ich nicht glaube, dass er sich so schnell ändert.


(Entschuldige meine etwas zynische Antwort, aber das ist ein Thema mit dem ich mich schon länger immer wieder auseinander setze, und das sehr sensibel für sehr viele Beteiligten ist. Und ich denke nicht, dass es sich mit einem einfachen "Nein, wenn das Mädchen auf dem Cover schwarz wäre würde es keiner kaufen" beantworten lässt. Dafür ist die ganze Thematik, die dahinter steht, zu komplex.)

Ich weiß nicht, inwieweit es im deutschsprachigen Bereich dort viele Diskussionen gibt, aber im englischen gibt es jede Menge. Zwei Beispiele dazu, die ich auf die Schnelle gefunden habe:

http://www.yalsa.ala.org/thehub/2012/12/10/it-matters-if-youre-black-or-white-the-racism-of-ya-book-covers/

http://thebooksmugglers.com/2010/02/cover-matters-on-whitewashing.html



* EDIT: Mit dieser Aussage meine ich nicht, dass es per se schwer ist,  dafür zu sorgen dass es eine diverse cast in Romanen gibt, vor allem nicht in Dystopien oder im Bereich der Fantasy. Sondern, dass es schwer ist (und ich weiß auch nicht, ob es immer klug ist, aber das ist eine völlig andere Diskussion), tatsächlich Autoren und Autorinnen zu finden, die gut genug aus der Sicht einer POC schreiben. Es gibt eine breit angelegte Diskussion darüber, ob es sinnvoll ist, wenn eine weiße Frau aus der Perspektive einer schwarzen schreibt, weil sie diese Erfahrung nicht kennt. Sie kann sie höchstens recherchieren. (Und ja, wir wissen auch alle nicht, wie es ist, eine Elfe zu sein, aber Elfen gibt es nicht, diese können also nicht in Gefahr geraten, völlig falsch repräsentiert zu werden). Letztendlich bräuchte es mehr Chancen für ein diverseres Feld an Autoren (und das self-publishing hilft an dieser Stelle schon mal viel), damit auch diversere Geschichten erzählt werden, deren Cover dann auch eine gewisse Diversität repräsentieren.  /Ende der Überstrapazierung des Wortes divers.

Mailor

#3
Ich glaube auch, dass es daran liegen könnte, dass der Mensch in der Zukunft, weder schwarz noch weiß sein wird. Sonder sich durch kulturelle Mischung angleichen wird. D.h. die "Weißen" werden ein bisschen dunkler und die "Dunklen" etwas heller. Außerdem wird die helle Haarfarbe aussterben, da blond nicht dominant ist, so wird das vermutlich zu einer Trendhaarfarbe werden, schließlich will man ja das haben, was man nicht haben kann und somit wird es vermutlich gefärbt werden. Also wird der Mensch der Zukunft, vermutlich eine hellbraune Hautfarbe haben mit leicht afrikanisch, asiatischen Zügen. Außerdem findet sich eine Ausbreitung des des chinesische Kulturraumes immer wieder. Ich glaube schlicht, das Schwarz oder Weiß wird irrelevant sein.
http://ngm.nationalgeographic.com/2013/10/changing-faces/funderburg-text?rptregcta=reg_free_np&rptregcampaign=20131016_rw_membership_r1p_us_se_w
Außerdem denke ich schon, das das Titelbild auf einem Cover etwas damit zu tun hat in welchem Kulturraum, das Buch entstanden ist. Ich würde auf dem Cover einer Dystopie, die von einem Inder geschrieben wurde, auch keine strohblonde Norwegerin erwarten, sondern vermutlich eine sehr indische angehauchte Welt mit ethnisch Indischen an der Front. (Siehe z.B. auch Indische Science Fiction Filme).

Nycra

Ich weiß aus erster Hand, dass eine Verlegerin ihre Autorin eines Liebesromans dazu aufgefordert hat, aus dem dunkelhäutigen Helden im Text einen weißen zu machen. Die Autorin hat sich zum Glück geweigert, aber auf dem Cover kommt das leider nicht deutlich raus, man hat es einfach so düster dargestellt, dass der Typ sowohl hell- als auch dunkelhäutig sein kann.

Die Argumentation der Verlegerin war: Schwarze verkaufen sich nicht.

Belle_Carys

Zitat von: Mailor am 05. Oktober 2016, 15:32:13
Ich glaube auch, dass es daran liegen könnte, dass der Mensch in der Zukunft, weder schwarz noch weiß sein wird. Sonder sich durch kulturelle Mischung angleichen wird. D.h. die "Weißen" werden ein bisschen dunkler und die "Dunklen" etwas heller. Außerdem wird die helle Haarfarbe aussterben, da blond nicht dominant ist, so wird das vermutlich zu einer Trendhaarfarbe werden, schließlich will man ja das haben, was man nicht haben kann und somit wird es vermutlich gefärbt werden. Also wird der Mensch der Zukunft, vermutlich eine hellbraune Hautfarbe haben mit leicht afrikanisch, asiatischen Zügen. Außerdem findet sich eine Ausbreitung des des chinesische Kulturraumes immer wieder. Ich glaube schlicht, das Schwarz oder Weiß wird irrelevant sein.

Sorry, aber hier verkennst du völlig, dass es einen unterschied zwischen biologischer und sozialer Realität gibt. Ja. Es wird Angleichungen geben in der Hautfarbe. Nein, schwarz und weiß werden nicht irrelevant werden. Es wird immer jemanden geben der ein bisschen weißer ist, und es wird immer jemanden geben, dessen Augenlider stärker schlupfen etc. und diese Menschen werden auch in Zukunft von einer sozial konstruierten Norm abweichen und es vermutlich schwerer haben als andere.

Diese Denkweise, dass sich ohnehin irgendwann alles angleicht, und die Dystopien eine mögliche Zukunft abdecken, in der alles ein (weißer) Einheitsbrei ist, scheint mir ein bisschen die Wurzel des größeren, zu Grunde liegenden Problems. Denn ja, der Text spielt in der Zukunft, aber: in einer Zukunft die so sehr wahrscheinlich niemals statt finden wird. Die Autoren sind Gott. Sie entscheiden wer existiert und wer nicht. Und in 98%  der Fälle entscheiden sie, dass weiße, schöne, schlanke, starke Menschen existieren (Ich übertreibe, aber ich denke, ihr wisst, worauf ich hinaus will).
Und bei aller Liebe vieler Autoren zur Recherche, ich glaube nicht, dass auch nur eine einzige der aktuell populären YA Dystopien vor dem Hintergrund der von dir zitierten Forschung BEWUSST entstanden ist. Dann wären nämlich trotzdem alle viel zu weiß.

Zitat
Außerdem denke ich schon, das das Titelbild auf einem Cover etwas damit zu tun hat in welchem Kulturraum, das Buch entstanden ist. Ich würde auf dem Cover einer Dystopie, die von einem Inder geschrieben wurde, auch keine strohblonde Norwegerin erwarten, sondern vermutlich eine sehr indische angehauchte Welt mit ethnisch Indischen an der Front. (Siehe z.B. auch Indische Science Fiction Filme).

Das lässt sich, denke ich, präzisieren. Das Titelbild entspricht dem Autor und seinem imaginierten Leser. Autor = weiß. Imaginierter Leser = weiß. Figur auf dem Cover = weiß. In den Staaten lebt ein extrem hoher Prozentsatz von Menschen nicht-kauaksischer Herkunft oder zumindest gemischter Herkunft. Es wäre also völlig egal, ob eine weiße, eine schwarze, eine latein-amerikanische oder asiatische Figur auf dem Cover ist. Es gibt für alle Gruppen genügend kulturelle Entsprechung im Land. Das ist aber nicht die Realität.

Und wenn ich die Dystopie von einem Inder, die weltweit so bekannt ist, dass wir das Cover diskutieren, gefunden habe, dann sage ich dir, was auf dem Cover ist. (Bitte nicht als persönlichen Angriff werten, das ist keiner, aber so wie keiner von uns, nur weil wir Deutsche sind, unsere Fantasy-Welten mit blonden Mädels aus Bayern besetzen, erwarte ich nicht, dass beim Inder alles so aussieht wie bei ihm daheim. Weder im Buch noch auf dem Cover.)

(Die indische Filmindustrie ist hier eine Anomalie, die hat sich etabliert WEIL sie diese Elemente hat, aber selbst da hast du das Problem, dass whitewashing statt findet. Mit indischer Science Fiction kenn ich mich nicht aus, aber für Bollywood gilt das in jedem Fall.)

Pinnie

#6
Ich werde mich mit der folgenden Aussage unbeliebt machen. Das ist okay. Ich beziehe mich hier auch nur auf die Frage nach dem Cover und nicht auf den Inhalt wo ja bereits einige schon drauf angesprungen sind.

Zunächst mal finde ich es bedenklich, dass sogar aus dem Thema Buchcover ein Politikum gemacht wird. Da wir jetzt aber schon mal auf dem Level sind:

Eine Dystopie lebt inhaltlich nicht zuletzt durch ihre sozialen Trennungen und Ungleichmachungen. Das macht doch nicht zuletzt eine Dystopie aus. Wär es in dem Kontext so viel besser, eine dunkelhäutige Person irgendwie im Gefängnis, im Käfig, in der Gosse und mit ne Knarre an der Schläfe auf dem Cover darzustellen? Dystopien, um die geht es schließlich hier im Eingangsthread, sind nicht schön. Das liegt in der Natur der Sache. Sie machen keinen Spaß. Das liegt in der Natur der Sache. Jedwede, im Kontext passende Darstellung einer PoC ("Blacks" find ich als Formulierung äußerst grenzwertig...) wäre nicht gerade positiv und böte damit erneut Angriffsfläche, warum die PoC denn so negativ dargestellt wird.

Außerdem unterscheiden sich Buchcover je nachdem wo und wann sie veröffentlicht werden. Sie sind auf ihre Zielgruppe ausgerichtet. In einer Gesellschaft wie unserer, wo PoC immernoch im Vergleich eher selten vorkommen, kann sich der/die entsprechend eher weiße LeserIn nicht unbedingt mit einer PoC identifizieren und wird daher auch nicht unbedingt so von einem entsprechenden Cover angezogen, wie von einem Cover mit einer weißen Person.

Und es kommt noch ein ganz simpler gestalterischer Aspekt hinzu. Cover von Büchern, die Dystopien zum Thema haben, neigen dazu, eher dunkel gehalten zu werden. Eine PoC wäre auf einem solchen Cover schlicht schlechter zu sehen und durch den Mangel an Kontrast fiele das Cover weniger ins Auge.

Letzten Endes stellt sich doch Frage:
Ist Diversität ein Muss? Hängt die Qualität eines Buches davon ab, ob es möglichst inklusiv bezüglich aller Minderheiten, Randgruppen und Abweichlern ist?
Warum dann nicht auch mehr Männer auf die Cover? Egal welcher ethnischen Herkunft? Warum keine Menschen mit Trisomie 21? Oder RollstuhlfahrerInnen? Oder Menschen Mitte 30, die sich als 6jährige Wolfskinder identifizieren? Oder Quasare... Auch bei allen Letztgenannten unabhängig von der ethnischen Herkunft.

Menschen schreien so oft nach Diversität und Vielfalt, treten aber ebenso oft nur für die Diversität derer ein, deren Narrative sie vertreten.
Jemand hat in einem vorhergegangenen Post geschrieben: Der Autor sei Gott. Jupp. In einem nichtreligiösen Kontext stimmt das. Der/die AutorIn ist die erschaffende Person und bestimmt damit über das eigene fiktive Werk. Anstatt von diesen Menschen Diversität auf Teufel komm raus zu fordern, liest man dessen Werke einfach nicht und demonstriert auf die Weise, dass die Art, wie diese Person schreibt nicht gut ankommt. Machen das genug Leute, wird sich der/die AutorIn überlegen, was man ändern kann. So funktioniert Marktwirtschaft!

Oh und nochwas, etwas Off-Topic:
Nur weil ein Mensch etwas nicht selbst erlebt hat, bzw. nicht am eigenen Leib erfahren kann ist dieser Mensch disqualifiziert, darüber oder aus dieser Perspektive zu schreiben? Gut, das heißt dann aber auch, das Frauen nicht aus der Sicht von (schwulen) Männern schreiben dürfen, umgekehrt natürlich auch nicht, [beliebige Ethnie hier einfügen] dürften keinen Roman über [beliebige Ethnie] schreiben und SciFi und Fantasy wäre sowieso nicht drin.
Was Feministinnen dann alles nicht dürften, damit fang ich lieber gar nicht erst an.
Die gleiche Person, die den Autoren (nebenbei: die Autorin nicht?) als Gott bezeichnet hat, Belle_Carys, glaube ich, meinte auch, bei fiktiven Sachen ist das völlig in Ordnung. Aber was ist eine Dystopie anderes als Fiktion? Wieso unterscheidet sich eine Dystopie von Elfen und Trollen?

Im Übrigen: Ich weiß nicht, ob die Erstellerin des Posts dunkelhäutig ist, aber wenn nicht ist es nicht gerade ohne Ironie, dass eine weiße Person PoC vorwegnimmt, wie sie zu repräsentieren seien.

[Edit, weils mir hinterher noch eingefallen ist:] Ab wann ist denn etwas Divers genug, dass es für alle akzeptabel zu sein hat, unabhängig von der persönlichen Vorliebe?

Belle_Carys

#7
Ehrlich gesagt, Pinnie, fällt mir nicht so wahnsinnig viel ein, was ich zu deinem Posting sagen kann, denn ich sehe darin genau die Geisteshaltung, die verhindert, dass wir diese Themen überhaupt noch diskutieren müssen. Ich versuche es trotzdem mal (und eventuell wird es doch lang. Wir werden sehen).

MUSS jedes Buch divers sein? Nein. Aber was schadet es? Ich meine, ehrlich, tut es irgend jemandem weh, wenn nicht nur weiße durch dein Buch laufen? Wer in einer größeren Stadt lebt, kann auch in Deutschland nicht raus gehen, ohne Menschen mit Migrationshintergrund an jeder Ecke zu sehen. Dementsprechend gibt eine rein weiße Personenkonstellation eben nicht die Realität wieder, sondern eine bereinigte. Auf  die USA bezogen, ist das noch sehr viel wahrer als für Deutschland.

Ja. Buchcover richten sich an Zielgruppen. Ja, das Buchgeschäft ist eben ein solches. Ein Geschäft. Und Autoren haben bis zu einem gewissen Grad in der Hand, es zu ändern, wenn alle ein Interesse daran hätten und ein besseres Verständnis dafür, was es für jemanden bedeutet, in einen Buchladen zu gehen, ins Regal zu schauen und festzustellen, dass Geschichten über jemanden wie einen selbst nicht existieren. Dass die schreibende Zunft beschlossen hat, dass man nicht statt zu finden hat. Ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich privilegiert genug bin, in nahezu jedem Buch Identifikationsfiguren zu finden. Aber ich habe genug Empathie mir vorzustellen, wie verletzend das sein muss.

Der gestalterische Aspekt... wenn ein Cover-Designer nicht in der Lage ist, eine schwarze Person auf einem ansonsten auch eher düster wirkenden Cover unterzubringen, sollte man den Designer feuern und nicht die Hautfarbe der Figur ändern. Schwerer? Sicher. Aber nur weil Schwarz die ultimative Lösung für alles böse ist, ist es sicher nicht die einzige. Und ganz ehrlich, in einem Meer von katastrophalen Covern wäre es dann auch egal, wenn die Farbgebung eines weiteren nicht ideal ist.

Die Qualität eines Buches hängt davon ab wen man fragt. Für manche reicht es, wenn der Text als solcher zu erkennen ist, für andere darf es etwas mehr sein. Muss in jedes Buch Diversität bis zum erbrechen? Nein. Aber es ist auch kein Hexenwerk, welche entstehen zu lassen. Und von mir aus dürfen gerne Menschen mit Trisomie 21, Rollstuhlfahrer und was immer du noch aufgezählt hast, drin vorkommen. Gerade in Genres wie SciFi oder Fantasy stelle ich mir das ziemlich interessant vor.

Dass der Markt sich nicht ändert, liegt in der Basis sicher an so einfachen Mechanismen wie du sie beschrieben hast. Aber dieser Marktmechanismus ist in ein sehr komplexes, soziales Gebilde eingebetet, zu dem auch gehört, dass der Leser, der sich nicht betroffen fühlt, eben nicht fragt, wo denn da die Identifikationsfigur für andere ist. Er ist ja repräsentiert. Gerade Leute, die der Markt schon bedient, sind gefragt, an der Stelle mehr zu fordern, damit am Ende tatsächlich für jeden was dabei ist.

Was die Repräsentation von etwas, das man nicht erlebt hat, angeht: ja. Das ist sehr sensibel. Und du wirst genügend schwule Männer finden, die nicht jubeln wenn sie auf Gay Romance angesprochen werden, die auf ein weibliches Publikum abziehlt. Du wirst auch welche finden, die es nicht stört. Das Thema kann man in beide Richtungen diskutiren und eine Antwort auf die Frage, was man "darf" oder "sollte", ist nicht einfach, aber das war auch nicht Ziel dieser Diskussion hier und ist vermutlich einen extra Thread wert.

Nur ganz kurz: Eine Dystopie ist Fiktion. Die Erlebniswelt einer PoC/irgendwie anders von der Norm abweichenden Figur in diesem fiktiven Setting ist es nicht. Ausgrenzung bleibt Ausgrenzun. Das ist ein Unterschied der gern vegessen wird. Die Gefahr das jemand, der sein Leben lag white privilege genossen hat, das vermeintliche Innenleben einer Person, die ihrerseits ihr ganzes Leben lang mit implizitem und explizitem Rassismus konfrontiert wurde, an der Realität vorbei darstellt, und damit eine entsprechende Leserin massiv befremdet, ist einfach hoch (unter anderem auch dadurch, das PoCs ständig als ewig Leidende dargestellt werden, und das  völlig vergessen wird, dass sie auch Spaß haben und eine unfassbar reiche Kultur, die sie leben und aus der sie schöpfen). Wenn ich aber eine völlig fiktive Personengruppe mit einer völlig fiktiven Geschichte schreibe, dann wird niemand von denen das lesen und sich denken "Moment mal, das läuft doch ganz anders."
Ich denke nicht, dass nur eine schwarze Frau eine schwarze Frau schreiben kann. Aber wenn ich das tue, sollte ich gute Gründe dafür haben. Wenn ich das tue, sollte ich verdammt gut recherchieren, mit schwarzen Frauen sprechen und ihre Erfahrungen mit einbeziehen.

Abschließender Schwenk zurück zum eigentlichen Thema, das Cover. Das Cover repräsentiert für gewöhnlich die Hauptfigur. Damit also jemand drauf kommt, der anders aussieht, muss er oder sie auch erstmal die Hauptrolle bekommen. Das ist, aus den vielen diskutieren Gründen, häufig nicht der Fall. Und wenn es doch der Fall ist, werden ethnische Merkmale der Person auf dem Cover oft weich gezeichnet und nahezu unkenntlich gemacht, damit der weiße Leser sich auch noch angesprochen fühlt. (Und was Männer auf dem Cover angeht... ja, die sind zumindest im Fall von YA nicht so häufig wie die hübschen Mädchen, das liegt aber vor allem an Genre-Konventionen, und nicht daran dass Männer in Büchern selbst nicht ausreichend repräsentiert wären).
Um dieses schöne Ziel nun zu erreichen, müssten also Geschichten über Menschen erzählt werden, die nicht weiß, gesund, heterosexuell oder was es sonst so als Norm gibt, sind. Das könnten am allerbesten Autoren, die das selbst nicht sind. Davon gibt es aber im Verhältnis sehr viel weniger. Und viele, die es gibt, schreiben trotzdem über weiße, der Norm entsprechende Figuren, weil es das ist, was sie ihr Leben lang als Leser konsumiert haben und wovon ihre Agenten/Verleger/wer auch immer ihnen erzählen, dass es sich verkauft. Womit wir dann auch schon wieder am Anfang des Teufelskreises wären.

Und genau deshalb hinterfragen wir so etwas in Threads wie diesem, und genau deshalb finde ich, dass man, wenn man die Chance hat, Diversität in sein Werk einbinden sollte. Nicht aus Zwang. Nicht als Dekoelement. Sondern weil es der Welt entspricht in der wir leben. Und weil wir es können.



Edit zu deiner letzten Frage, die ich auch übersehen habe: Die Frage ist einfach falsch. Es gibt keinen Maßstab, den man anlegen könnte. Wenn deine Geschichte im 19. Jahrhundert in einem Englischen Männerclub spielt, dann ist die ganze Diversitätsfrage nichtig.  Aber mit ein bisschen gesundem Menschenverstand sieht man ein setting und merkt, okay, es gibt keinen Grund, warum da jetzt nur weiße gesunde schöne Menschen rum laufen sollten.

Evanesca Feuerblut

Hm, ich finde die Diskussion nicht unspannend. Mir fiel auf Anhieb genau eine Dystopie mit einer PoC als Protagonistin ein und das ist "Demi Monde" von Rod Rees.
Rod Rees ist, sofern man Google glauben darf, ein weißer Mann und im Vergleich zu seiner achtzehnjährigen Protagonistin nicht mehr der Jüngste (also ein alter, weißer Mann, der über eine junge PoC schreibt - schon mal löblich!).
Bei den Covern wird es aber so richtig spannend.
Deutsche Cover: Man sieht jeweils eine dunkelhaarige Frau in einem roten Mantel - und zwar von hinten. Welche Hautfarbe sie hat, ist auf beiden im Deutschen erschienenen Bänden nicht zu erkennen. Das Cover von Band 2 versieht sie mit helleren Haaren als das von Band 1.
Auf den US- und UK-Covern aller vier Bände ist... kein Mensch drauf. Da sieht man Zahnräder, Pyramiden, sonstigen Kram. Heißt: Wenn man eine PoC abbilden könnte, wird auch das vermieden...

Mailor

#9
Hm, wenn das wirklich so gewollt ist, dass nur "Weiße" auf den Covern sind fände ich das schon krass. Spontan würde ich glaube, wenn ich vor einem Bücherregal stünde bei dem ich die Cover sehen könnte, prinzipiell erstmal zu den Covern greifen, die von der Norm abweichen. D.h. wenn da eines mit einer nicht weißen Frau wäre, definitiv das, weil es sich von der Norm abhebt. .... Keine Ahnung, ob das nur mir so geht. Und wenn es so wäre, dann hätte es ja ein Wiedererkennungsmerkmal und bleibt im Gedächtnis, und dürfte doch erst recht auch aus marktwirtschaftlicher Sicht interessant sein. Meiner Meinung nach schneiden sich die Verleger da selbst ins Bein.
Ich erinner mich zum Beispiel noch sehr gut an das Cover von "Die Wütenblume", das fiel ins Auge (Ich weiß anderes Genre, aber das fiel mir im Schaufenster einfach auf.). An die Cover der meisten Bücher, die ich gelesen habe, kann ich mich kaum oder garnicht erinnern.

Ich selbst schreibe ja gerne Futuristisches Zeugs und verzichte eigentlich vollkommen und ganz darauf, die Protagonisten vom Aussehen her genau zu beschreiben, was Haut- oder Haarfarbe betrifft, sondern, überlass es der Fantasie des Lesers sich die Figur genauer aus zu malen. Ich schreibe, dann eher so was wie "markante Gesichtszüge", "drallig", "streng zurückgebundes Haar", "weicher Blick", "zierlicher Körper" usw. als Personenbeschreibung. Und so habe ich es bisher auch in den meisten Dystopien, die ich gelesen habe in Erinnerung. Und wenn, dann werden da eh nur einige wenige Protagonisten von der Hautfarbe und Ethnie her genauer beschrieben, es sei denn es gibt herausstechendes Merkmale z.B. Albinos. So finde ich, kann man in der Regel bei den meisten Figuren, eh kaum eine Aussage darüber machen, ob die Personen in den Romanen schwarz oder weiß sind.  (Siehe zum Bsp. auch die Diskussion um Hermine Granger in Harry Potter, sie wurde nie als "weiß" beschreiben)

Pinnie

@Belle_Carys

Zitatgenau die Geisteshaltung, die verhindert, dass wir diese Themen überhaupt noch diskutieren müssen
Welche Geisteshaltung ist das? Das Ethnie in der Gesellschaft keine Rolle spielen sollte? Ich hatte eher den Eindruck, dass wir da ähnlicher Meinung wären.

ZitatMUSS jedes Buch divers sein? Nein. Aber was schadet es? Ich meine, ehrlich, tut es irgend jemandem weh, wenn nicht nur weiße durch dein Buch laufen? Wer in einer größeren Stadt lebt, kann auch in Deutschland nicht raus gehen, ohne Menschen mit Migrationshintergrund an jeder Ecke zu sehen. Dementsprechend gibt eine rein weiße Personenkonstellation eben nicht die Realität wieder, sondern eine bereinigte. Auf  die USA bezogen, ist das noch sehr viel wahrer als für Deutschland.
Hast Du recht. Diversität in sich selbst schadet nicht. Das hab ich auch weder gesagt, noch sagen wollen. Ich lebe in Köln, im Stadtteil Kalk. Einer DER multikulturellen Veedel neben Chorweiler und Ehrenfeld. Ich erlebe MultiKulti buchstäblich jeden Tag, so sehr, dass ich sie schon gar nicht mehr als etwas besonderes wahrnehme, sondern dass MultiKulti einfach zu meinem Leben gehört und in meinem Weltbild dementsprechend normal ist. Im Übrigen ist "Migrationshintergrund" nicht gleichzusetzen mit "PoC". Zahlreiche BritInnen, FinnInnen, SchwedInnen, FranzosInnen, etc. würden da glaube ich widersprechen.
Diversität um der Diversität willen halte ich aber nicht für sinnvoll, da sie auf die Weise oft aufgesetzt und "Token"-haft wirkt. In vielen Büchern egal welchem Genres (es sei denn, es geht speziell um das Thema Diversität im weitesten Sinne) wird gar nicht darauf eingegangen, welche Hautfarbe die Figuren haben. Das Beispiel Hermione Granger und das "Skandälchen" um das Theaterstück kommt einem da in den Sinn.

ZitatUnd Autoren haben bis zu einem gewissen Grad in der Hand, es zu ändern, wenn alle ein Interesse daran hätten und ein besseres Verständnis dafür, was es für jemanden bedeutet, in einen Buchladen zu gehen, ins Regal zu schauen und festzustellen, dass Geschichten über jemanden wie einen selbst nicht existieren. Dass die schreibende Zunft beschlossen hat, dass man nicht statt zu finden hat. Ich kann mir das nicht vorstellen, weil ich privilegiert genug bin, in nahezu jedem Buch Identifikationsfiguren zu finden. Aber ich habe genug Empathie mir vorzustellen, wie verletzend das sein muss.
Zunächst: Autorinnen haben dies genauso in der Hand. Aber Du scheinst bei dem Wort Autor nicht nach dem Geschlecht zu unterscheiden, also sei es drum.
Da Du das Thema Privilegien selbst angeschnitten hast: Als Mann, mit Übergewicht, aus der Gruftiszene kommend, kann ich zum Beispiel in keinen Klamottenladen gehen, ohne mich ausgeschlossen zu fühlen. 3 Stockwerke Damenklamotten, ein Stockwerk teilt sich in Kinder, Baby, Saisonbedingte Aktionen wie aktuell Halloween, (Damen-)Schuhe und Herren auf.
Was will ich damit sagen? Eigentlich nichts, schätze ich. Außer vielleicht, dass sich jeder irgendwie ausgeschlossen fühlen kann.
Daraus eine Verschwörung, in diesem Fall der schreibenden Zunft (Deine Wortwahl, nicht meine), zusammenzuhäkeln, hat beinahe schon Aluhutpotential.
Ich freue mich für Dich, dass Du in so ziemlich jedem Buch Identifikationsfiguren findest. Ich tue das nicht. Ich kann ein Buch aber trotzdem genießen und mich davon unterhalten lassen. Das mag als Konzept schwer vorstellbar sein, aber es kann funktionieren.
Aber auch hier liegt das wahrscheinlich im Auge der betrachtenden Person.

ZitatAber nur weil Schwarz die ultimative Lösung für alles böse ist, ist es sicher nicht die einzige.
Wow...mehr fällt mir dazu gar nicht mehr ein.

ZitatDer gestalterische Aspekt... wenn ein Cover-Designer nicht in der Lage ist, eine schwarze Person auf einem ansonsten auch eher düster wirkenden Cover unterzubringen, sollte man den Designer feuern und nicht die Hautfarbe der Figur ändern. Schwerer? Sicher. Aber nur weil Schwarz die ultimative Lösung für alles böse ist, ist es sicher nicht die einzige. Und ganz ehrlich, in einem Meer von katastrophalen Covern wäre es dann auch egal, wenn die Farbgebung eines weiteren nicht ideal ist.
Es geht nicht darum, ob ein Designer eine PoC unterbringen kann. Es geht darum, ob das Cover dann noch genügend Kontrast hat, dass es auffällt. Deinen letzten Satz verstehe ich ehrlich gesagt nicht so wirklich. Das soll jetzt kein nitpicking sein, aber was willst Du damit sagen? Dass ein Cover mit einer schwarzen Person, das dadurch nicht ins Auge sticht, katastrophal ist? Das es keinen unterschied macht, wie lausig ein Cover aussieht, da es bei so vielen miesen Covern eh nicht mehr auffällt? Falls letzteres zutrifft: Warum sich dann überhaupt Gedanken über ein Cover machen?

ZitatDie Qualität eines Buches hängt davon ab wen man fragt. Für manche reicht es, wenn der Text als solcher zu erkennen ist, für andere darf es etwas mehr sein. Muss in jedes Buch Diversität bis zum erbrechen? Nein. Aber es ist auch kein Hexenwerk, welche entstehen zu lassen. Und von mir aus dürfen gerne Menschen mit Trisomie 21, Rollstuhlfahrer und was immer du noch aufgezählt hast, drin vorkommen. Gerade in Genres wie SciFi oder Fantasy stelle ich mir das ziemlich interessant vor.
Nochmal: Ich störe mich nicht an Diversität, so lange sie nicht aufgesetzt wirkt. Muss etwas extra hervorgehoben werden, damit es akzeptiert/toleriert wird? Ich finde nicht.

ZitatGerade Leute, die der Markt schon bedient, sind gefragt, an der Stelle mehr zu fordern, damit am Ende tatsächlich für jeden was dabei ist.
Warum? Nur im die Forderungen/Wünsche derer zu erfüllen, die sich berufen fühlen, für eine Gruppierung einzutreten, die sie als nicht ausreichend repräsentiert einstufen? Weil diese Forderungen/Wünsche einer Gesellschaft zuträglich sind, die nach Definition dieser Personen besser wäre?

ZitatWas die Repräsentation von etwas, das man nicht erlebt hat, angeht: ja. Das ist sehr sensibel. Und du wirst genügend schwule Männer finden, die nicht jubeln wenn sie auf Gay Romance angesprochen werden, die auf ein weibliches Publikum abziehlt. Du wirst auch welche finden, die es nicht stört. Das Thema kann man in beide Richtungen diskutiren und eine Antwort auf die Frage, was man "darf" oder "sollte", ist nicht einfach, aber das war auch nicht Ziel dieser Diskussion hier und ist vermutlich einen extra Thread wert.
Ob das NOCH einen anderen Thread wert ist, sei mal dahingestellt. Aber was willst Du mit dem Rest dieses Absatzes sagen? Jeder Jeck ist anders? Stimme ich voll und ganz zu. Das heißt aber auch, dass man die eigenen Geschmäcker nicht an die Forderungen einer angeblich sozialen oder politischen Gerechtigkeit anpassen muss.

ZitatDie Erlebniswelt einer PoC/irgendwie anders von der Norm abweichenden Figur in diesem fiktiven Setting ist es nicht.
Selbstverständlich ist sie das. Zumindest in dem Rahmen, in dem diese Dystopie von dem/der AutorIn definiert wird. Eine PoC die einen Geruilla-Krieg gegen Maschinenmenschen von Riegel 7 kämpft, kann gar nichts anderes als Fiktion sein. Was in das Setting hineininterpretiert steht da schon wieder auf nem ganz anderen Blatt.

ZitatIch denke nicht, dass nur eine schwarze Frau eine schwarze Frau schreiben kann. Aber wenn ich das tue, sollte ich gute Gründe dafür haben. Wenn ich das tue, sollte ich verdammt gut recherchieren, mit schwarzen Frauen sprechen und ihre Erfahrungen mit einbeziehen.
Dem stimme ich zu.
Die Sache ist: Du als Frau kannst das, entsprechende Recherche etc. vorausgesetzt. Ich als Mann könnte das nicht so ohne Weiteres, da in einer solchen Konstellation erst recht mit Argusaugen darauf geachtet wird, was ich wie schreibe. Das ist ebenso Realität.

ZitatDas Cover repräsentiert für gewöhnlich die Hauptfigur.
Mhm...ist das so? In meiner Wahrnehmung (und ich sage bestimmt nicht, dass das die einzige Wahrnehmung ist, die zählt) haben die Personen auf den Covern oft überhaupt nichts mit dem Inhalt zu tun.

ZitatUnd wenn es doch der Fall ist, werden ethnische Merkmale der Person auf dem Cover oft weich gezeichnet und nahezu unkenntlich gemacht, damit der weiße Leser sich auch noch angesprochen fühlt.
Hättest Du da ein belegendes Beispiel für?
Und...ob das Weichzeichnen dazu da ist, den weißen Leser (was ist eigentlich mit der weißen Leserin?) damit anzusprechen...ich weiß ja nicht. Vielleicht ist das auch ein Versuch der o.g. Designer, die gefeuert gehören, PoC auf Cover zu packen... ;)

Zitat(Und was Männer auf dem Cover angeht... ja, die sind zumindest im Fall von YA nicht so häufig wie die hübschen Mädchen, das liegt aber vor allem an Genre-Konventionen, und nicht daran dass Männer in Büchern selbst nicht ausreichend repräsentiert wären).
Ach...und diese "Genre-Konventionen" sind vertretbarer, weil...Männer oft IN den Büchern vorkommen? Das erschließt sich mir nicht so recht.
Außerdem wären wir damit aber wieder weg vom Cover, also dem eigentlichen Thema.

ZitatUnd genau deshalb hinterfragen wir so etwas in Threads wie diesem, und genau deshalb finde ich, dass man, wenn man die Chance hat, Diversität in sein Werk einbinden sollte.
Das ist jetzt nicht böse gemeint, aber es scheint mir nicht so, als würde in Threads wie diesem hinterfragt werden. Es scheint eher so, als ob indirekt ein Status Quo kritisiert wird und Menschen, die den Status Quo, bzw. das Pseudoutopia das sich der/die eine oder andere der Hinterfragenden zurechtgelegt hat, kritisieren, ihrerseits Hinterfragen oder sogar ablehnen, relativ direkt und heftig in ihre Schranken verwiesen werden.
Formulierungen wie "genau die Geisteshaltung, die verhindert" sind dafür relativ repräsentativ.

ZitatNicht aus Zwang.
Aber wer es nicht tut, dessen Buch sollte nicht gelesen bzw. unterstützt werden. Zumindest kommt das zwischen den Zeilen so rüber.

ZitatNicht als Dekoelement.
Na, hoffentlich doch nicht als Dekoelement.

ZitatSondern weil es der Welt entspricht in der wir leben.
Das magst Du so sehen. Das mag Deiner Lebensrealität entsprechen. Die teilt aber nicht jede/r mit Dir.

ZitatUnd weil wir es können.
Du hast irgendwo in dieser Diskussion selbst gesagt, dass es beileibe nicht jede/r kann.

ZitatAber mit ein bisschen gesundem Menschenverstand sieht man ein setting und merkt, okay, es gibt keinen Grund, warum da jetzt nur weiße gesunde schöne Menschen rum laufen sollten.
Heißt das im Umkehrschluss also, dass nur weil kein konkreter Grund für eine bestimmte Sorte Setting existiert, hat das Setting in der Form und Konstellation nicht zu existieren? Bzw. das jede/r, der/die dieses Setting schreibt einen Mangel an gesundem Menschenverstand hat?

Weißt Du, letzten Endes ist meine Meinung wahrscheinlich genauso sinnvoll oder sinnfrei, wie jede andere Meinung auch.
Ich will nichts und niemanden davon abhalten, divers zu schreiben, PoC auf Cover zu packen oder Diversität ins eigene Werk zu radebrechten. Viel Spaß dabei, more power to you.
Ich behalte mir aber das Recht vor, über eine rein weiße Gesellschaftsform zu schreiben, wenn ich da Bock drauf habe. Oder über eine rein schwarze. Oder eine rein asiatische. Oder eine androgyn pansexuelle Furry-Gesellschaft.
Ich schreibe aus der Lust am Schreiben und wegen der Geschichten, die ich erzählen möchte. Nicht um irgendwelche politischen Diskurse da mit einfließen zu lassen.
Und dementsprechend würde ich auch das Cover gestalten.

Offence is taken not given.





Churke

Zitat von: Pinnie am 05. Oktober 2016, 16:29:43
Eine Dystopie lebt inhaltlich nicht zuletzt durch ihre sozialen Trennungen und Ungleichmachungen. Das macht doch nicht zuletzt eine Dystopie aus.

Interessanter Blickwinkel.
Dystopie ist ein weiter Begriff. Ich für meinen Teil mache es an offen oder versteckt totalitären Systemen fest. Und da verhält es sich anders herum: Totalitäre Systeme schalten die Massen gleich und schaffen Unterschiede ab. Das komplette Gegenteil von Diversität. Die Probleme fangen immer an, wenn der Held/die Heldin seine/ihre Andersartigkeit erkennt und sich nicht mehr in die zugewiesene Rolle einfügen will.

Eine Rolle mag auch spielen, dass Utopie und Dystopie traditionell europäisches Spielfeld sind. Von Platon über Moore und Marx bis Orwell und Huxley.

Maria

Wird ja richtig spannend.
Danke für die vielen Wortmeldungen.
Wäre schön, wenn auch eine Verlegersicht dazukäme (sind Buchhändler auch hier)?

Danke für die Titel mit PoC Protagonisten.

Ich habe eine Weile herumgesucht um den korrekten Terminus zu finden, und habe mich dann für Blacks entschieden, weil ich das Black ja auch in den Namen ihrer Organisationen in den USA gelesen habe. PoC also korrekter? Gut, wieder was gelernt.

Mir hat sich die Frage damals bereits gestellt, als ich hörte, dass einige PoC Schauspieler nicht an der Oscarverleihung teilnehmen, weil zu wenige PoC nominiert sind. Und das sei so, weil es zu wenige Hauptrollen für PoC gäbe.
Dies wiederum hat mich zum Nachdenken gebracht, wie wohl die Verfilmung meiner Lieblingsfantasybücher aussehen würde und ob ich überhaupt einen Fantasybestseller mit einem PoC-Schauspieler besetzen könnte. Und das ging nicht. Weil kein PoC die Hauptfigur war oder auf dem Cover sowieso eine hellhäutige Hauptperson abgebildet war.
Okay, dachte ich. Elfen und Zwerge sind nun mal in unserem Kulturkreis entstanden, daher ist die Vorstellung von deren Aussehen starr, lässt sich nicht ändern.
Da wären Dystopien eine Chance.

Und das fiel mir eben gestern wieder ein und ich machte mich auf Coversuche. Daher der Ausgangspost.

Danke für alle eure Überlegungen dazu. Ich finde das sehr spannend.

Belle_Carys

ZitatWelche Geisteshaltung ist das? Das Ethnie in der Gesellschaft keine Rolle spielen sollte? Ich hatte eher den Eindruck, dass wir da ähnlicher Meinung wären.

Dein ganzer Beitrag läuft für mich darauf hinaus, dass du nicht findest, dass stärkere Repräsentation von Diversität erstrebenswert ist. Niemand hat irgendwo behauptet, dass jedes Buch plötzlich nur noch Existenzberechtigung hat, wenn es jeder Ethnie, Sozialform, sexuellen Orientierung oder sonstigem gerecht wird. Was besprochen wurde ist die Tatsache, dass es wenig bis keine Repräsentation von PoC gibt und woran das liegt. Diese Gründe habe ich versucht zu beleuchten und dem bist du entgegen getreten mit der Haltung, das müsse ja nun auch wieder nicht sein, dass das jetzt überall drin ist.
Das ist für mich eine Geisteshaltung, die einen Austausch darüber, ob und wo und in welchem Maße es denn sinnvoll wäre, abblockt, und dieses Abblocken trägt, meiner Meinung nach, eben dazu bei, dass der Status quo so ist wie er ist.

Und ich glaube ganz ehrlich nicht, dass "Ethnie sollte keine Rolle spielen" ein gangbarer Weg ist. Weil sie es tut. Sie prägt Menschen, sie bringt Kultur hervor, sie kreiert Unterschiede und ich fände es schön, wenn für all das auch Platz wäre. Und mehr Repräsentation fände.

ZitatIm Übrigen ist "Migrationshintergrund" nicht gleichzusetzen mit "PoC". Zahlreiche BritInnen, FinnInnen, SchwedInnen, FranzosInnen, etc. würden da glaube ich widersprechen.

Ja, da habe ich munter Dinge durcheinander geworfen die trennschärfer zu betrachten wären und auch nicht zwingend Teil des Ursprungsthemas waren.  My bad.

ZitatZunächst: Autorinnen haben dies genauso in der Hand. Aber Du scheinst bei dem Wort Autor nicht nach dem Geschlecht zu unterscheiden, also sei es drum.

Nein tue ich nicht, weil mir gendern bei langen Texten zu anstrengend  ist, und wenn ich nur von Autorinen schreibe, fühlen sich die Männer wieder ausgegrenzt. Irgendwas ist ja immer. Gibt leider kein nicht gegendertes Wort im Deutschen das handlich ist für sowas.

ZitatEigentlich nichts, schätze ich. Außer vielleicht, dass sich jeder irgendwie ausgeschlossen fühlen kann.
Daraus eine Verschwörung, in diesem Fall der schreibenden Zunft (Deine Wortwahl, nicht meine), zusammenzuhäkeln, hat beinahe schon Aluhutpotential.
Ich freue mich für Dich, dass Du in so ziemlich jedem Buch Identifikationsfiguren findest. Ich tue das nicht.

Mit Sicherheit fühlt sich jeder irgendwo ausgeschlossen. Das wird auch immer so bleiben. Den Vorwurf, ich würde da eine Verschwörung wittern, möchte ich an der Stelle bitte von mir weisen, das tue ich nicht. Ich sehe Marktmechanismen, soziale Konstrukte denen wir alle unterliegen und einen Unwillen, öfter zu hinterfragen und sich auseinander zu setzen. Wenn das für dich ausreicht, um aus mir einen Verschwörungstheoretiker zu machen, dann arbeiten wir da einfach mit sehr unterschiedlichen Definitionen.

Was ich damit meine, wenn ich sage, ich finde Identifikationsfiguren ist, dass ich Menschen in Büchern finde, die aus ähnlichen Strukturen kommen wie ich. Ob das jetzt zwingend deckungsgleich mit mir persönlich ist, das sei mal dahin gestellt. Aber die Großgruppe, zu der ich gehöre - weiße Mittelschicht, grob gesagt - ist überproportional häufig repräsentiert. Ja, gibt auch Leute die Fantastillionen auf dem Konto haben, die Figuren sind immer schneller, schöner, stärker als ich, aber ich kann mir unter gewissen Umständen vorstellen, auch so eine Rolle einzunehmen. Das Potential ist irgendwo da.
Eine PoC kann nicht hinter ihren kulturellen Hintergrund und ihre Ethnie zurück. Wenn in jedem Buch, dass sie aufschlägt, Erfahrungen in einer Form thematisiert werden, die sie nicht gemacht hat, Lebensrealitäten beschrieben sind, die sie nicht kennt, kulturelle Praktiken referenziert werden, die es in ihrer Kultur nicht gibt, dann wird das schwerer.

Das ganze ist kein Wettbewerb, wer jetzt schlimmer diskriminiert wird, und einer idealen Welt fände sich jeder irgendwo wieder, aber ich denke schon, dass das nochmal einen Qualitätsunterschied hat. Und nachdem ich mich seit längerem mit dem Thema befasse, mir immer wieder durchgelesen und angehört habe, wie diese Leseerfahrung und das marginalisiert werden gerade von PoC wahr genommen wird, glaube ich durchaus dass wir, deren größere zugrunde liegende Kultur stark repräsentiert ist, das auch nicht zu hundert Prozent nachvollziehen können. Weil wir es in der Form einfach nicht erleben.

Letztendlich kann man sowas nicht gegeneinander aufrechnen. Die Marginalisierung einer Gruppe rechtfertigt nicht die Marginalisierung einer anderen. Hier ging es um PoC, darauf beziehe ich meine Argumentation. Das Subkulturen, Übergewichtige und all die anderen Gruppen, die du weiter oben schon mal aufzähltest, ebenso wenig von der Literatur aufgegriffen werden, ist nochmal ein ganz anderes Feld.

ZitatEs geht nicht darum, ob ein Designer eine PoC unterbringen kann. Es geht darum, ob das Cover dann noch genügend Kontrast hat, dass es auffällt. Deinen letzten Satz verstehe ich ehrlich gesagt nicht so wirklich. Das soll jetzt kein nitpicking sein, aber was willst Du damit sagen? Dass ein Cover mit einer schwarzen Person, das dadurch nicht ins Auge sticht, katastrophal ist? Das es keinen unterschied macht, wie lausig ein Cover aussieht, da es bei so vielen miesen Covern eh nicht mehr auffällt? Falls letzteres zutrifft: Warum sich dann überhaupt Gedanken über ein Cover machen?

Ich wiederhole mich gern nochmal, der Satz scheint bei dir ja falsch angekommen zu sein: Auch wenn es das Mittel der Wahl ist, schwarz ist nicht die einzige Möglichkeit, mit einem Bild einen düsteren Eindruck zu erreichen. Natürlich leben Bilder von Kontrasten, aber es gibt genug gestalterische Mittel,  den Kontrast herzustellen, ohne dass die Figur eine weiße Hautfarbe haben muss. Dass das mit einer weißen Figur leichter geht, darüber müssen wir uns nicht unterhalten, aber wenn die Argumentation ist, dass man es nicht macht weil sonst der Kontrast flöten geht, dann ... weiß ich auch nicht, finde ich das am Ende des Tages doch sehr arm.
Und mein Kommentar zum Meer katastrophaler Cover ist so zu verstehen, dass ich viele Cover nicht sonderlich toll finde. Es ist eher die Norm als die Ausnahme, das Cover keine Meisterwerke sind. Wenn wir jetzt also weiter auf dem Kontrast-PoCsindeinkünslerischesHindernisaufDystopieCovern-Problem rumreiten wollten, dann ist alles was ich damit sagen will, dann gebt der Repräsentation einer PoC den Vorzug gegenüber der Schaffung eines vermeintlichen Meisterwerks.

ZitatNochmal: Ich störe mich nicht an Diversität, so lange sie nicht aufgesetzt wirkt. Muss etwas extra hervorgehoben werden, damit es akzeptiert/toleriert wird? Ich finde nicht.

Ich glaube hier reden wir ein bisschen aneinander vorbei. Um akzeptiert/toleriert zu werden, muss es erstmal überhaupt EXISTIEREN. Und das tut es häufig einfach nicht. Repräsentation für PoC ist gerade auch im dystopischen YA Bereich aber generell in Fantasy und SciFi immer noch selten. Und gerade in Settings, in der ich absolute Gestaltungsfreiheit habe, wäre es genau deshalb eben wichtig.
Um aufgesetzt geht es dabei gar nicht. Ich möchte auch kein Buch lesen bei dem nach jeder zweiten Figur gesagt wird, ach ja, und XYZ ist übrigens schwarz. Aber wenn man sich ein bisschen mit der Materie befasst, findet man Mittel und Wege, wie man sein Figurenensemble ein bisschen diverser gestalten kann, ohne das es auf einen Token-Diversitätskatalog hinaus läuft.

ZitatWarum? Nur im die Forderungen/Wünsche derer zu erfüllen, die sich berufen fühlen, für eine Gruppierung einzutreten, die sie als nicht ausreichend repräsentiert einstufen? Weil diese Forderungen/Wünsche einer Gesellschaft zuträglich sind, die nach Definition dieser Personen besser wäre?

Weil Medien soziale Wahrnehmung beeinflussen. Weil Kunst in jeglicher Form die Chance hat, Leute an etwas heran zu führen, womit sie sich im "echten" Leben nicht heran trauen. Oder dem sie nicht begegnen.

Im übrigen finde ich die Formulierung ziemlich respektlos, weil sie nahelegt, dass die fehlende Repräsentation von PoC Einbildung sei und auf nichts als persönlichen Befindlichkeiten von einzelnen beruht. Das... macht mich ziemlich sprachlos (Ich würde an dieser Stelle auf den von Charlotte verlinkten Text verweisen, der sich dem Thema gut nähert.)

Und ja. Weil ich glaube, das eine Gesellschaft, in der ethnische Zugehörigkeit nicht darüber entscheidet, ob man wahrgenommen oder marginalisiert wird, in der nicht eine einzelne ethnische Ausprägung als anzustrebende Norm gehandhabt wird, eine bessere wäre. (Ja. Das lässt sich auf andere marginalisierte Gruppen ausweiten, ich tue es hier gerade nicht weil das Thema PoC sind.)


ZitatJeder Jeck ist anders? Stimme ich voll und ganz zu. Das heißt aber auch, dass man die eigenen Geschmäcker nicht an die Forderungen einer angeblich sozialen oder politischen Gerechtigkeit anpassen muss.

Es heißt, dass es gerade zu Themen wie Repräsentation und durch wen sie geleistet werden kann und sollte, immer verschiedene Meinungen geben wird. Die einen finden, mit einem token-PoC als sidekick ist dem Genüge getan, die anderen nicht. Soziale Strukturen sind verhandelt und konstruiert, und lassen sich verändern und aufbrechen indem man in Dialog tritt und sich alle Seiten anhört. Es gibt keine Ideallösung und je nachdem wie stark involviert oder betroffen man von einem Thema ist, desto sensibler reagiert man. Und natürlich MUSS man nicht. Hier wird auch nicht diskutiert was man MUSS. Hier werden soziale Realitäten dargelegt so gut es eben geht, und dann verhandelt, was man damit anfängt. Am Ende kann dich niemand zwingen, und das ist auch nicht mein Ziel.

ZitatDie Sache ist: Du als Frau kannst das, entsprechende Recherche etc. vorausgesetzt. Ich als Mann könnte das nicht so ohne Weiteres, da in einer solchen Konstellation erst recht mit Argusaugen darauf geachtet wird, was ich wie schreibe. Das ist ebenso Realität.

Ist es. Würde ich nie bestreiten. Was ich bestreiten würde ist, dass ich es ohne weiteres könnte. Wenn man sich ein bissche mit dem Thema beschäftigt, stellt man schnell fest, dass eine wirklich glaubhafte Darstellung einer PoC als Hauptfigur (vor allem in realistischen Settings, aber auch wenn es Fantasy/Sci-Fi ist), die von einer PoC gelesen wird und in der sie sich wieder findet, verdammt schwer ist. Egal wieviel man recherchiert.

ZitatMhm...ist das so? In meiner Wahrnehmung (und ich sage bestimmt nicht, dass das die einzige Wahrnehmung ist, die zählt) haben die Personen auf den Covern oft überhaupt nichts mit dem Inhalt zu tun.

Das Realität und Anspruch da auseinander gehen, ist eine andere Frage, aber ich wage zu behaupten dass der Durchschnittsleser, der ein Buch mit einer Figur auf dem Cover davon ausgeht, dass diese Figur auf die eine oder andere Art und Weise eine Repräsentation der Hauptfigur ist.

Zitat
Hättest Du da ein belegendes Beispiel für?
Und...ob das Weichzeichnen dazu da ist, den weißen Leser (was ist eigentlich mit der weißen Leserin?) damit anzusprechen...ich weiß ja nicht. Vielleicht ist das auch ein Versuch der o.g. Designer, die gefeuert gehören, PoC auf Cover zu packen... ;)

Ich verweise auf den Link, den ich am Anfang der Diskussion schon gepostet habe: Whitewashing auf covern


ZitatAch...und diese "Genre-Konventionen" sind vertretbarer, weil...Männer oft IN den Büchern vorkommen? Das erschließt sich mir nicht so recht.
Außerdem wären wir damit aber wieder weg vom Cover, also dem eigentlichen Thema.

Genrekonventionen sind sicher streitbar. In YA-Büchern, um die es hier ja ursprünglich mal ging, ist die Protagonistin überproportional häufig weiblich, ergo ist auch eine Frau auf dem Cover,  im Idealfall eine sehr schöne (und sehr weiße), damit sie, wie du schon richtig sagtest, das zahlungskräftige intendierte Hauptpublikum anspricht. Bücher mit Männern als Protagonisten entfallen häufig auf andere Genres, in denen häufig weder Mann noch Frau auf dem Cover sind. Fehlende Repräsentation von PoC auf Covern ergibt sich aus mangelnder Repräsentation in den Büchern selbst. Unter Covern mit Figuren darauf gibt es möglicherweise statistisch weniger Cover mit Männern als mit Frauen (das weiß ich nicht, wäre mal ganz spannend), was aber nicht repräsentativ ist dafür, wie häufig man Männer per se in Büchern in tragenden Rollen findet. Und Männer kommen im Vergleich zu PoC immer noch wesentlich häufiger vor, würde ich vermuten. (Nein, belegen kann ich das nicht.)

ZitatDas ist jetzt nicht böse gemeint, aber es scheint mir nicht so, als würde in Threads wie diesem hinterfragt werden. Es scheint eher so, als ob indirekt ein Status Quo kritisiert wird und Menschen, die den Status Quo, bzw. das Pseudoutopia das sich der/die eine oder andere der Hinterfragenden zurechtgelegt hat, kritisieren, ihrerseits Hinterfragen oder sogar ablehnen, relativ direkt und heftig in ihre Schranken verwiesen werden.
Formulierungen wie "genau die Geisteshaltung, die verhindert" sind dafür relativ repräsentativ.

Natürlich wird der Status Quo kritisiert, das ist ja Sinn des ganzen, denn ich persönlich finde den Status quo nicht in Ordnung und versuche deutlich zu machen, warum. Dass du anderer Meinung bist, stellst du in deinen Posts dar. So läuft Diskussion, dachte ich. 
Und ja, das mit der Geisteshaltung war vielleicht ein bisschen hart.
Andererseits durfte ich mich als Verschwörungstheoretikerin bezeichnen lassen und die Bemerkung zur Pseudoutopia kann man ja durchaus mit Naivität übersetzen, ergo sind wir dann ja quitt ;)

ZitatAber wer es nicht tut, dessen Buch sollte nicht gelesen bzw. unterstützt werden. Zumindest kommt das zwischen den Zeilen so rüber.

An dieser Stelle sind, was du interpretierst und was ich geschrieben habe zwei sehr verschiedene Dinge. Ich habe nicht im geringsten vor, zum Bücherboykott aufzurufen. Im Idealfall herrscht Demokratie, und jeder kann sowohl lesen als auch schreiben, was er möchte. Ich habe wesentlich mehr Interesse daran, mich mit Menschen über dieses Thema auseinander zu setzen um im Idealfall bei einigen zu dem Punkt zu kommen, an dem sie ihr Schreib- sowie auch ihr Leseverhalten ein wenig auch unter diesen Gesichtspunkt stellen und danach handeln. Das heißt nicht, dass ich will dass sofort jeder nur noch hochdiverse Werke schreibt, sondern dass das AUCH passiert. Das PoC (und im Endeffekt auch anderen Minderheiten) Platz in Geschichten eingeräumt wird, dass man auch mal zu einem Buch greift, in denen diese verstärkt vorkommen, und dass es so früher oder später zu Veränderungen am Markt kommt, weil solche Geschichten sowohl produziert als auch konsumiert werden. Was uns, um wieder aufs Ausgangsthema zurück zu kommen, die PoC (und andere Minderheiten /OT) dann auch aufs Cover bringt.

ZitatDas magst Du so sehen. Das mag Deiner Lebensrealität entsprechen. Die teilt aber nicht jede/r mit Dir.

Das ist richtig. Aber viele tun es. Und die wenigsten Autoren die ich kenne leben in einem Dorf, aus dem sie noch nie raus gekommen sind, haben sich noch nie mit fremden Kulturen befasst oder sind sich nicht bewusst, dass die Welt nicht nur von weißen Mitteklassemenschen bewohnt wird. 


ZitatHeißt das im Umkehrschluss also, dass nur weil kein konkreter Grund für eine bestimmte Sorte Setting existiert, hat das Setting in der Form und Konstellation nicht zu existieren? Bzw. das jede/r, der/die dieses Setting schreibt einen Mangel an gesundem Menschenverstand hat?

Nein. Im Zweifelsfall finde ich es schon völlig ausreichend wenn der Autor (oder die Autorin, um das nochmal ganz deutlich zu machen) kurz darüber nachdenkt, warum er oder sie sich entschieden hat, das Setting komplett aus weißen (schönen, schlanken, jungen .... whatever) Leuten bestehen zu lassen. "Weil ich das so will" ist der kürzeste Weg der Antwort, und letztendlich völlig legitim. Es ist und bleibt jedem selbst überlassen.
Ich denke aber, dass allein ein Bewusstsein dafür, dass man das gerade macht, dass man eine Vielfalt, die es in der Welt gibt, und um aufs Ursprungsthema zurück zu kommen, gerade in einem dystopischen Setting in einer irgendwie gearteten Variante der zukünftigen USA geben sollte, dafür sorgt, dass man vielleicht zu einer anderen Antwort kommt. Wenn ich mir die aktuelle ethnische Realität der USA anschaue, dann gibt es einfach wenig Gründe, die realistisch nachvollziehbar machen, warum in einem Setting, das ca. 100 Jahre in der Zukunft spielt, keine handlungstragende Figur eine PoC ist. Und schlussendlich, warum das repräsentative Gesicht dieser (wenn auch dystopischen) Zukunft auf dem Cover eines Buches (fast) immer weiß ist.


Dem letzten Absatz enthalte ich mich großteilig, der ist mir zu unhöflich. Es ging nie darum, irgendwas zurecht zu radebrechen. Keiner hier will Frankensteins Monster schaffen indem er möglichst viele Patchworkteile jeglicher coleur der political correctness zusammen schustert. Darum ging es nie.

Ich denke, letztendlich sind wir bei diesem Thema einfach fundamental unterschiedlicher Auffassung darüber, was dem Buchmarkt im speziellen und darüber hinaus der Gesellschaft im allgemeinen gut tun würde. Das kommt vor.

Belle_Carys

Mailor, sorry, dein Post ging irgendwie ganz an mir vorbei, ich antworte mal kurz separat um mein anderes Textmonster nicht noch zu verlängern.  :versteck:

Zitat von: Mailor am 05. Oktober 2016, 18:29:55
Meiner Meinung nach schneiden sich die Verleger da selbst ins Bein.
Ich erinner mich zum Beispiel noch sehr gut an das Cover von "Die Wütenblume", das fiel ins Auge (Ich weiß anderes Genre, aber das fiel mir im Schaufenster einfach auf.). An die Cover der meisten Bücher, die ich gelesen habe, kann ich mich kaum oder garnicht erinnern.
Zitat

Ich denke, die breite Masse greift tatsächlich eher zu etwas vertrautem, das wäre dann doch die weiße Dame auf dem Cover. Belegen kann ich das allerdings gerade nicht.
Was Wüstenblume angeht, da muss man aber auch bedenken, das ist zum einen eine Biografie und hat zum anderen den Exotenbonus. Versteh mich jetzt nicht falsch, aber das Buch hat sich unter anderem auch gerade deshalb so gut verkauft, weil es uns dieses seltsame Afrika näher gebracht hat, mit einer schönen dunkelhäutigen Frau die melancholisch in die Welt blickt.  Zudem gab es massives Marketing für dieses Buch, man hörte und sah ja kaum was anderes. Jedenfalls hab ich das retrospektiv so in Erinnerung. Da greifen einfach nochmal andere Verkaufsmechanismen als sie das bei einer beliebigen YA-Publikation täten.

Zitat
Ich selbst schreibe ja gerne Futuristisches Zeugs und verzichte eigentlich vollkommen und ganz darauf, die Protagonisten vom Aussehen her genau zu beschreiben, was Haut- oder Haarfarbe betrifft, sondern, überlass es der Fantasie des Lesers sich die Figur genauer aus zu malen. Ich schreibe, dann eher so was wie "markante Gesichtszüge", "drallig", "streng zurückgebundes Haar", "weicher Blick", "zierlicher Körper" usw. als Personenbeschreibung. Und so habe ich es bisher auch in den meisten Dystopien, die ich gelesen habe in Erinnerung. Und wenn, dann werden da eh nur einige wenige Protagonisten von der Hautfarbe und Ethnie her genauer beschrieben, es sei denn es gibt herausstechendes Merkmale z.B. Albinos. So finde ich, kann man in der Regel bei den meisten Figuren, eh kaum eine Aussage darüber machen, ob die Personen in den Romanen schwarz oder weiß sind.  (Siehe zum Bsp. auch die Diskussion um Hermine Granger in Harry Potter, sie wurde nie als "weiß" beschreiben)

Das Problem, das viele bei Nichtbeschreibung von Figuren sehen ist die Tatsache, dass sie dann (und das wohl auch von PoC) automatisch im Kopf weiß besetzt werden. Weil man als Leser eben so daran gewöhnt ist, dass man das dann standardmäßig einsetzt.

Ist mir mal so passiert, obwohl die Figur irgendwo im Vorbei gehen als schwarz beschrieben wird. Shadow in Neil Gaimans American Gods. Und als ich seine Besetzung für die Fernsehserie sah, die nächstes Jahr raus kommt, stand da plötzlich ein schwarzer Schauspieler und ich war erstmal völlig irrtiert. In meinem Kopf war er bis dahin weiß. Das ließ sich für mich recht schnell korrigieren und ich finde die Besetzung großartig, aber es zeigt so ein bisschen den Mechanismus.