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Plot - wie kriegt man ihn zu fassen?

Begonnen von Alana, 11. August 2009, 21:29:37

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Sprotte

Ich glotze (wirklich) fassungslos

Ganz ehrlich: Da würde mir die Lust am Schreiben vergehen. Ja, natürlich, mit meinem minimalistischen Angang kann ich mich auch schnell einmal in eine Sackgasse manövrieren. Mein Vorteil ist, daß ich meine Protagonistenfamilie sehr gut kenne - inklusive Hintergrundgeschichten, Kindheit und Vergangenheit. Ich arbeite immerhin am elften Band mit dieser Personengruppe.
Als ich den ersten Roman schrieb, hatte ich überhaupt keinen Plot. Der entwickelte sich beim Schreiben mittels lebhafter Diskussionen meiner Betazuhörerin. Das Ende stand erst fest, als ich es schrieb.

Ich persönlich könnte so nicht schreiben. Ich würde mich wie in ein Korsett gequetscht vorkommen, als Sklave meiner Ideen und Erfindungen.

Coppelia

So schlecht find ich die Methode nicht ... obwohl ich das meiste eher im Kopf hab.

Ich hab auch das Problem, dass mir der Plot relativ egal ist, solange ich meine geliebten Figuren hab und es um Themen geht, die für diese Figuren relevant sind.
Das ist auch immer ein wichtiger Plotbestandteil von mir: dass ein wichtiges Thema am Beispiel einer Figur behandelt wird, z. B. Diskriminierung oder Hybris oder sowas. :) Meist allerdings ohne Antwort, die dem Leser irgendwelche Denkweisen vorschreibt. Die Figur verändert sich und dabei spielt das Thema eine Rolle.
Das ist für mich die "innere Handlung". Mit der komme ich klar. Aber die äußere Handlung ... aua. :gähn: Es reicht ja nicht, dass nur was passiert, das muss ja mit actionreichen Höhepunkten und so komponiert sein. Das ist das Problem bei mir. Ich weiß schon, was ungefähr passiert, aber das kann auch so aussehen, dass Leute wochenlang rumhängen und nichts tun, bis dann zufällig ein Ereignis eintritt, aber so kann das natürlich in keinen Roman. Und dann muss ich die Handlung ändern und komme in Probleme.

Sprotte

Wie sagte schon der Große Barde?
Überspringt die Zeiten, die nicht der Handlung dienen! (Chorus Heinrich V.)

Im ersten Maynard-Band habe ich die Zeit zwischen Ende Sommerferien bis Beginn Winterferien übersprungen, weil sie unnötig war.

Nachtblick

#18
Das hört sich bestimmt nach einem Korsett an, aber ist definitiv – für mich – eine tolle Stütze. Ich weiß, was ich schreiben will und muss, arbeite trotzdem noch sehr frei und habe dabei die Möglichkeit, neue, nicht erwartete Charaktere mit einzubauen oder die Story eine ganz andere Richtung einschlagen zu lassen – die Freiheit brauche ich, aber das Konzept hilft mir, alles in grobe Grundzüge zu pferchen.

Das ist keineswegs der exakte Plan, Gott bewahre! :hmhm?: Ich habe am Ende nicht etwa einen supergenauen Plot in allen Details, sondern eine ordentliche Plotverknüpfung, damit ich mich im Schreiben nicht verzettele. Wenn ich gewichtige Änderungen vornehmen will, geht das über diesen Plan ganz schnell für mich chaotischen Menschen, weil ich alles andere problemlos nachlesen und Änderungen in der Inhaltsangabe einfügen kann. Tada – ich weiß, was ich im Manuskript ändern muss, und schon kann ich weitermachen. Anders führt das bei mir zum Desaster. ;D

Ich schreibe einen Romanzyklus von vier Bänden und fühle mich an Story und Charakteren oft überfordert, da ich nicht alles auf einen Blick erfassen kann. Da ist so ein Plan hilfreich, denn mit spontanem Drauflosschreiben komme ich nie weit, sondern trabe praktisch immer auf der Stelle.

Sprotte

Meine Fassungslosigkeit fasse bitte nicht als Kritik auf.
Jede(r) hat ihren/seinen eigenen Weg zum vollendeten Manuskript.
Mir kommen viele Ideen, Wendungen erst beim Schreiben, weil für mich persönlich da erst der wirkliche kreative Schaffensprozeß einsetzt. Erst dann werden meine Charaktere lebendig, und ich schaue durch den Monitor hinweg ihrem Treiben zu und beobachte, schubse sie wenn nötig, stelle ihnen Fallen und schreibe, schreibe.

Schreiben ist Arbeit, mal fällt sie leichter, mal schwerer. Und manchmal geht auch gar nichts mehr. Ich denke, daß ich persönlich eine schwere Blockade erleiden würde, wenn ich mir vor dem Schreiben so viel Arbeit machen müßte - die mir nicht unbedingt Spaß machen würde. Mich ekelt doch schon der Stammbaum von 1418  bis heute an  :d'oh:

Luciel

Zitat von: Coppelia am 12. August 2009, 19:51:00
Ich weiß schon, was ungefähr passiert, aber das kann auch so aussehen, dass Leute wochenlang rumhängen und nichts tun, bis dann zufällig ein Ereignis eintritt, aber so kann das natürlich in keinen Roman.

Das habe ich zu Anfang auch gedacht und meine Protas ständig in Ereignisse verwickelt... Bis mir ein Beta-Leser mal sagte: "Gute Güte, bei dir kommt man ja gar nicht zum Luftholen."
Das hat mich erst mal erstaunt, denn ich dachte ja, es müsse immer irgendwas passieren. Mittlerweile habe ich meine Meinung geändert (nicht wegen der Kritik, sondern weil es viel mehr zu meinem Schreibstil passt). Dialoge und Monologe haben bei mir ein mindestens genauso großes Gewicht wie Ereignisse. Ich denke als Leser möchte man auch die Zeit haben, sich in eine neue Situation hinein zu finden, sie auszuleuchten, bevor man schon wieder in die nächste gestürzt wird. Außerdem können auch ganz triviale Dinge (wie eine Mahlzeit oder ein Nickerchen) das Potenzial zu einer sehr interessanten Szene haben ...

Falckensteyn

Ja, wie kriegt man den Plot zu fassen, das ist wirklich eine sehr gute Frage. Nichts beschäftigt mich - seit Monaten mehr - wie der Plot zu meiner Geschichte.

Für mich selbst fand ich auch heraus, dass ich einen klaren, gut strukturierten Plot haben muss, um mich beim Schreiben nicht im Detail zu verlieren. Aber trotz allen klaren Abläufen ergeben sich bei mir immer wieder interessante Wendungen beim Schreiben, die ich vorher nicht berücksichtigt habe. Der Plot ist für wie eine Art Reiseplan für eine Reise, auf die ich mich wage. Und wenn ich während der Reise Orte entdecke, die ich unbedingt sehen will, dann passe ich den Plan wieder an. Gewisse elementare Bestandteile versuche ich aber nicht zu verändern.

Durch meinen genauen Plot (inklusive diverser Zusatzlisten und Personenbeschreibungen wie Nachtblick es tut) wird mir geholfen, meinen Plot zu "fassen". Ich bin sehr froh darum, aber es gibt auch bei mir immer wieder Fragezeigen und Stellen, die ich als unlogisch empfinde und die noch nicht stimmen.

Junipera

Hallo!

Ohne Plot geht bei mir nicht, ich würde mich in Kleinigkeiten verrennen und irgendwann in der Sackgasse enden = Schreibblockade.

Jede Geschichte besteht aus Anfang und Ende und dem was dazwischen geschieht. Jede Geschichte hat auch ein Thema (einige nennen das Prämisse).

Der Plot ist mein Rahmen, meine Eckpunkte und die Struktur des ganzen. Für neue Ideen bleibt noch genug Platz dabei und eingeengt fühle ich mich nicht.

Bin der Meinung, das man wissen muss was passieren soll und das, das was passiert auch die Geschichte vorantreibt.

Liebe Grüße Juni

Alana

#23
Hallo ihr Lieben :)

erstmal danke für eure vielen Antworten.
Ich bin schon sehr froh, dass ich mit dem Problem nicht alleine bin, das ermutigt mich sehr.

@Markus: Danke dir für die ausführliche Aufstellung. Ich finde das sehr interessant und auch lehrreich, muss allerdings gestehen, dass ich mich nicht auf so ein Schema festlegen will.

@Nachtblick: Danke für die Fülle an Ideen, das it wirklich hilfreich für mich!
Ich glaube, du hast einen sehr ähnlichen Arbeitsstil wie ich.

@all:

Also ich bin niemand, der ein Buch von vorne bis hinten durchplottet und jeden Schritt des Protas im Vorraus plant.
Aber ich habe jetzt eine Weile lang versucht, einfach drauf los zu schreiben, obwohl wichtige Plotpunkte noch nicht entschieden sind und stelle fest, das führt zu nichts.

Ich brauche einfach dieses Skelett der Geschichte, an dem ich mich entlanghangeln kann.
Dann habe ich auch kein Problem, frei und von der Leber weg zu schreiben.
Die besten Ideen kommen mir während ich schreibe, das hab ich schon gemerkt.
Aber ich muss wissen, wo die Story hinführt und was ich am Ende erreichen will.

Durch eure Beiträge ist mir eines klar geworden, das ich einfach nicht wahr haben wollte.
Ich glaube, es liegt gar nicht so sehr am Plot selbst, dass ich nicht weiter komme.
Es liegt an meinen Charas, die mir zwar lebendig vor Augen stehen, aber mitnichten richtig bearbeitet sind.
Da ich ja charakterbasiert schreiben möchte, ist das doch eigentlich klar.
Aber ich dachte eben, hab ich erst den Plot, dann entwickeln sich die Charas von allein.
Jetzt denke ich, andersrum wird ein Schuh draus, oder vielleicht ist das einfach ein Wechselspiel?

JETZT ist jedenfalls erstmal Charakterdesign angesagt und dann gehts bestimmt auch mit dem Plot weiter.

Trotzdem interessieren mich natürlich weiterhin alle Ansätze zur Lösung dieses Problems. :buch:

Danke nochmal :)
Alhambrana

Cherubim

Wenn ich das wüsste...

Ich kann nicht mit Plot aber auch nicht ohne. :-[

Die Idee von Nachtblick finde ich persönlich sehr gut. Mein Problem ist dabei immer, dass ich vor lauter Ideen und Möglichkeiten, die Geschichte nicht mehr sehen. Auf gut Deutsch ich kann mich immer nicht entscheiden, was genau ich machen soll.

Erfahrungsgemäß muss ich drauf aufpassen, dass ich keine zu komplizierte Handlung entwerfe bzw. zu Detailgenau werde, weil mir dann erstens das Schreiben keinen Spaß mehr macht und zweitens außer mir (manchmal nicht mal das) keiner mehr versteht würde.

Ich bewundere die Leute, die gleich drauf los schreiben können. Ich weiß ich müsste viel spontaner werden, wenn ich auch nie ganz ohne Grundplot auskommen werde.

Für mich persönlich ist es eine große Hilfe meine Charaktere durch und durch zu kennen. Oft ergibt sich aus deren Lebensgeschichte schon viel.

Im Endeffekt muss sich wohl jeder durch sein eigenes Plotchaos kämpfen bzw. eine passende Methode erarbeiten.

Ich wünsche EUCH alle viel Glück dabei ;)


Rika

Na, da bin ich ja froh, daß ich nicht die einzige bin, die damit Schwiereigkeiten hat.

Ich habe sozusagen mit 2 großen (und auch nur groben) plot "Knochen" angefangen, sagen wir mal, ein Schulterblatt und einen Oberschenkelknochen vielleicht. Und meiner Protagonistin und einem zweiten Chara, der sozusagen Teil des zweiten Knochens ist.
Ausgehend vom ersten Knochen habe ich angefangen zu schreiben und hoffe, daß es mir gelingen wird auch weiterhin die wiederkehrend Frage "ok, und was nu, was passiret als nächstes, wie geht es weiter?" irgendwie zu beantworten. Das bringt mich natürlich schon oft in's Stocken, aber irgendwie schaffe ich es auch nicht, "voranzugreifen". Ideal ist es sicherlich nicht, mal schauen, was dabei herauskommt.

Feather

Ein Plot... und was mach ich mit dir?

Zugegeben ganz so schlimm ist es nicht. Doch mit einem Plot komme ich irgendwie nicht zu rande, zumindest nicht, wenn er vieles vorgiebt. Auf dem Papier oder Pc, von vorne bis hinten und am besten chronologisch, steht bei mir sowieso kaum etwas.
In meinem Kopf habe ich meist das Grundgerüst einer Geschichte, das sich aber auch erst nach und nach aufbaut. Wenn mir die Idee zu einer Story kommt, schreib ich einfach drauf los. Erst nach und nach eröffnet sich mir das was man einen Plot nennen könnte und ich versuche meine wirren Gedankengänge fest zu halten. Doch es ist nie fest, nur sehr grob, mit unzähligen Löchern, die mir eine Menge Freiraum lassen. Wenn dann doch mal ein Stück Plot angeflogen kommt, schreibe ich ihn auf. Daher setzt sich meiner aus Stückchen und fliegenden Notizen/ Zetteln zusammen, mal hier ein bisschen, dann dort für die Szene etwas ausführlicher und dann wieder nichts.

Dämmerungshexe

Jaja, plotten ... *grusel*

Bei "Der Feuerberg" hatte ich anfangs nur einen sehr dürftigen Plot, der sich während des Schreibens uach immer wieder ein wneig verändert hat. Aber alles in allem ist die geschichte dann doch ziemlich glatt rübergekommen (nachdem ich einige Sachen rausgekürzt hatte).
jetzt, da ich am Überarbeiten bin, und zudem einiges an Unterricht über Screenwriting und zahlreiche Bücher über Schreiben und Erzählstrukturen hinter mir habe, sehe ich an manchen Stellen "Hoppla, das hat du damals intuitiv richtig gelöst." oder auch an anderen: "Das geht so gar nicht."
Wenn ich jetzt versuche an Plots für meine Geschichten zu arbeiten, geschieht das meistens imme rnoch ziemlich intuitiv. Allerdings versuche ich micha uch immer öfters an die Erzählstrukturen zu halten, die ich gelernt habe. Davon gibt es wie Sand am Meer, von Aristoteles bis in die Moderne haben da zeimlich viele Leute ihren Senf dazu gegeben.

Ich habe inwischen (in meinem Kopf) zwei verschiedene Arten an den Plot heran zu gehen: Weben und Bauen.
Beim Weben versuche ich Handlungsstränge (meist an einzelnen protas fest gemacht) miteinander zu verbinden, um so ein möglichst sauberes Bild von der Geschichte zu bekommen.
Beim Bauen nehme ich die Szenen als Bausteine. Entweder ich baue sie als Pyramide von unten nach oben auf (also logisch-chronologisch), oder ich setze sie als Mosaik zusammen.
Es hilft wenn man sich die Fäden zum Weben und die Bauklötzchen in verschiedenen farben vorstellt. Ich habe bunte Notizzettel, auf die ich für die Überarbeitung von "Der Feuerberg" die einzelnen Szenen drauf geschrieben habe. Alle zusammengelegt sollten dann ein möglichst einheitliches Muster ergeben. (Ich hab Fotos davon, aber leider keine Möglichkeit sie irgendwo Online zu stellen und den Link hier zu posten).

Die Methode ist noch nciht ganz sauber und erfordert noch einiges an Gebastel, aber als Hilfmittel funktioniert es soweit. Irgendwann werde ich sie mal richtig ausbauen und das Modell dann teuer an alle anderen Autoren verkaufen  :dollars:
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Aquila

Es beruhigt mich doch sehr, dass ich nicht die Einzige bin, die einen glitschigen Plot hat.
Ja, ich kenne dieses Problem und ich habe leider keine hilfreiche Lösung parat.
Man kann sich nur hinsetzen und die Szenen und Abschnitte, die unwiderruflich feststehen, zu Papier bringen und versuchen, den Plot daran "tackern". An vielen Stellen hat mir diese Taktik schon geholfen aber leider nicht an allen und so plotte auch ich schon seit Jahren an einer bestimmten Geschichte. :wums:
Aber vielleicht hilft es dir ja, denn es macht den Plot etwas klarer und manchmal entdeckst du womöglich, dass manche Ideen überflüssig sind.
Das hätte die Vorteile, dass du eine bessere Übersicht bekommst und schon ein paar Ideen für den nächsten Roman hast, die in dein jetziges Projekt doch nicht rein passen. ;)