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Das Ding mit der Anrede

Begonnen von Antigone, 23. Februar 2008, 11:55:24

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Valaé

#15
Mir geht es da ganz ähnlich wie meinen direkten Vorrednern.
Die Anrede variiert vom Charakter, von der sozialen Stellung, dem Volk und der derzeitigen Atmosphäre. Allgemein wird meist "Ihr"/"Euch" verwendet, ist der soziale Unterschied oder der Altersunterschied groß, kommt auch gerne mal ein "Du", besonders wenn man unhöflich sein möchte oder aufzeigt, das man selbst sozial viel höher steht.
Ansonsten werden gerne Berufe oder soziale Stellungen genutzt, ein Charakter von mir wird eigentlich anfangs durch die Bank weg mit "Barde" angesprochen, was auch daran liegt, dass Barden in meiner Welt nicht gerade die angesehensten Leutchen sind  ;). Höflichere Charaktere sprechen ihn mit "Herr Barde" an, was spöttisch auch von anderen aufgegriffen wird.
Aber auch andere Charaktere werden gerne mit ihrem Beruf betitelt. Hochgestellte Persönlichkeiten werden mit ihrem Titel oder mit Herr/Herrin, Euer Majestät, bei besonders schleimigen Charakteren auch mal "Ihre Durchlaucht" (gerne auch spöttisch verwendet) und ähnlichen Anreden angesprochen. Da ich allerdings auch ein großer Freund von "Mylord"/"Mylady" bin, sind auch diese Titel, im passenden Volk schon aufgetaucht.
Im militärischen werden die Titel genannt, "Sir" habe ich bisher noch nicht benutzt, ist aber durchaus möglich, dass es noch bei einem meiner Völker auftaucht, da ich nicht wüsste, weswegen ich es nicht nutzen sollte (solange es im Militär bleibt, ich finde es nur dort passend). "Sire" kam jedoch schon einmal vor, allerdings natürlich im Bezug auf einen König.
Charaktere ohne Rang, die im Militär sind werden dort durchweg nur mit ihrem Nachnamen angesprochen, es sei denn ein Vorgesetzter spricht denjenigen an. Dann wird ein "Soldat" davorgesetzt, oder er wird einfach nur "Soldat" genannt.

Telas

#16
Ich habe einmal ein ganzes Buch geschrieben, in dem sich alle Charakter nur mit Ihr/ Euch angesprochen haben, was ich hinterher bitter bereut habe. "Ihr" habe ich zwar immer groß geschrieben, das "Euch" aber klein gelassen. Erst als das Manuskript vollendet war, habe ich diesen Fehler bemerkt. Nun glüht die Shifttaste beim Korrekturlesen, dass ich meine helle Freude daran habe...
Das "Du" verwende ich in Mittelalterwelten ab sofort wieder häufiger, da ich hin und wieder durcheinander komme, wer den nun wen wie ansprechen darf.
Zwar reden die Kinder fremde Erwachsene immer mit der offiziellen Adelsanrede an, aber manchmal entfällt mir, dass Personen des selben Standes es auch gerne ein wenig persönlicher haben. In Zukunft werden die Kinder aus ihrer Naivität heraus die Erwachsenen eben auch mit "Du" anreden und wenn es in der Welt rauer zugeht, dann wird meinen Charaktern der nötige Respekt untereinander fehlen, um sich mit der offiziellen Anrede zu begrüßen.
Eine Ausnahme mache ich in Zukunft nur noch beim Herrscher und dessen Hofstaat.

Ilargi

Kaixo!

Also ich lasse den Adel immer mit "Ihr" anreden. Also der höflichen Anrede, der Chara selbst spricht allerdings nur in der normalen Form von sich selbst, außer dem König, der sich als "das Land selbst" versteht und von sich selbst als "Wir" spricht.  :hmmm: Der Adel allerdings spricht das gesamte Volk und die anderen Adligen mit "Du" an!

Unter sich redet das Volk sich auch nur mit "Du" an, es ist der Ton der die Musik macht; heißt: die Jüngeren Mitglieder verhalten sich den älteren gegenüber reservierter und versuchen über Wortwahl und weniger über Anrede die Stellung untereinander zu definieren, was für mich schwierig ist, aber darin sehe ich eine Herausforderung. ;)

Des weiteren gibt es bei mir "Priester", die bekommen noch einen anderen Namen, aber was für einen weiß ich noch nicht, die von allen mit "Ihr" und auch untereinander mit "Ihr" angesprochen werden. Man betrachtet sie als "Erleuchtete" und deswegen als höher stehend über allen, ob das auch wirklich so ist steht auf einem anderen Papier!

Thaumaturgon

Das ist ja ulkig mit diesem Thema hier. In den anderen Frage-Threads hab ich mich immer gewundert über die "darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht"-Beiträge, die sich selbst bei fundamentalen Dingen wie Währung und Kleidung aneinanderreihen. Aber hier ging es mir genauso. Mir kommt´s grade so vor, als hätte ich auf den 750 Seiten und den ungefähr 1500 Kilometern Reise meiner Protagonisten nie so eine Begrüßungsfloskel gebraucht.
Das einzige, was jedenfalls gar nicht geht, sind solche Schwulstgetüme wie "seid mir gegrüßt", "die Götter zum Gruß" und all der plattgetretene Fantasy-Quark...

Wenn jemand wirklich hochadelig ist, sprechen die armen Leute ihn sowieso nicht an, sondern mit dessen Dienstleuten. Dienstleute werden ge-"er"t oder ge"sie"t, für Gespräche zwischen Hochrangigen gibt es ja jeweils eine Etikette mit Titel und passender Anrede. Und wenn man keine kennt, macht man halt eine :-)

oh - so spät schon?  :gähn: gut nacht!

Sanjani

Hallo,

doch, also die Sache mit der Anrede ist mir schon hie und da mal untergekommen. Bei mir gibt es auch nur Vornamen und wenn man sich nicht kennt, spricht man sich mit Ihr und Euch an. Ansonsten würde ich einfach nur Hallo bzw. Guten Tag oder vllt auch Guten Tag, werter Herr oder so schreiben, das kam mir bislang aber noch nicht unter, weil die Leute sich entweder gleich vorstellten oder nur eine andere Person da war, so dass klar war, dass mit Hallo nur sie gemeint sein kann.

Im Militär ist es bei mir so, dass die einfachen Soldaten von den Ranghöheren mit Du angeredet werden, zumal die die schon von Kindesbeinen an kennen. Die Kinder müssen umgekehrt aber Ihr und den Titel nennen.

Ich habe es aber auch schon zweimal so gehandhabt, dass einer sagte: Ich wünschte, wir könnten weniger formell miteinander reden, das erleichtert oft vieles. Kam vor, wenn jemand zu der Hauptgruppe dazu stieß und ich fand das insofern gerechtfertigt, als die ja auch einige Gefahren zusammen erleben und man da dann auch sicher nicht auf die Anrede achtet. Das wird dann als unwichtig betrachtet.

Und dann habe ich ein kleines Völkchen erfunden, das gar keine Anrede im eigentlichen Sinne kennt, weil die Du und Ihr nicht kennen. Sie reden nur in der Er-Form. Das fiel mir damals spontan ein und ich fand es irgendwie amüsant.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Bianca Jones

Hallo zusammen,

dann hol ich (mal wieder) einen alten Thread raus.

Genau mit diesem "Ding mit der Anrede" kämpfe ich gerade sehr.

Als Leserin mag ich "Mylady/Mylord" und "Sir" (oder wie bei Martin "Ser") sehr gerne lesen - aber ich tue mich gerade sehr schwer, das selbst zu benutzen, v.a. weil ich ja deutsch schreibe. Die Geschichte spielt in einer mittelalterlich inspirierten Welt und ich hätte gerne auch eine allgemeine Anrede, eben sowas wie "Herr/Herrin", was ich wiederum auch wieder zu einfach finde... Was haltet ihr den von ganz eignen Wort-Schöpfungen? Aber ist das nicht auch wieder zu gezwungen auf Fantasy getrimmt? Oder erkennen die LeserInnen das dann überhaupt? Ich spiele gerade mit "Bourg" für Stadtbewohner bzw. Menschen, die die Bürgerrechte haben (in meiner Welt ist das wichtig, hat man sie nicht, ist man illegal und sowas wie ein Sklave) ...

Ach, da tue ich mich wirklich schwer mit... Mach ich mir da zu viele Gedanken?  :hmmm:

Wie sieht ihr das?

Grüßle,
Bianca

Sprotte

Ich arbeite im Fantasy-Setting gerne mit "Herr", "Hohe Dame" oder militärischen Rängen. Wenn mein Held ein Paladin ist, kann er als solcher auch angesprochen werden. Und ein freier Bürger ist bei mir ein Bürger oder wird mit seinem Handwerk angesprochen (Meister Schuster, Geselle Bäcker ...).

Merwyn

Zitat von: Bianca Jones am 04. September 2012, 16:48:43Was haltet ihr den von ganz eignen Wort-Schöpfungen? Aber ist das nicht auch wieder zu gezwungen auf Fantasy getrimmt?

Eigene Wortschöpfungen finde ich als Leser nur dann schlimm, wenn sie nicht gut zu merken sind und es so viele davon gibt, dass ich immer nachblättern muss, was sie bedeuteten.
Gleich zu Anfang mit zehn verschiedenen Anreden überhäuft zu werden und dann auch noch zu jeder eine halbe Seite Erklärung serviert zu bekommen, wäre mir definitv zu viel.
Anreden sollten sich meiner Meinung nach selbst erklären, in der Art und Weise, wie die Charaktere im Buch sie gebrauchen. Das muss nicht gleich, wenn sie benutzt werden geschehen, aber sollte sich doch innerhalb des Kapitels aufklären.

Generell finde ich es bei Büchern mit vielen eigens erfundenen Titeln usw. immer gut, wenn sie in einer Art Anhang erklärt werden. Sei das nun als "XY = mein Herr" oder "XY = Anrede für Männer allgemein" oder "XY = Anrede für Männer mit blonden Haaren, die Metzger sind" ;)

Ich tendiere dazu, solche Neuschöpfungen ganz klassisch der High Fantasy zuzuordnen. Bei allem, was in irgendeiner Art in der Realität oder einer der Realität ähnlichen Welt spielt, würde ich als Leser erwarten, dass ich mit den Originaltiteln des Landes/der Region konfrontiert werde. Also in Deutschland dann kein "Sir" oder "Lady", sondern "mein Herr" bzw. "meine Dame" o.ä.
Wichtig finde ich auch, dass die Anreden der verschiedenen Geschlechter gleichwertig sind. Wenn Männer "hoher Herr" genannt werden, fände ich es falsch, wenn das Äquivalent für Frauen dazu "nur" "meine Dame" wäre, außer die Welt, in der die Geschichte spielt, wäre entsprechend aufgebaut, dass Frauen meinetwegen weniger wert sind als Männer.

Bianca Jones

N'abend,

ja, vielen Dank für Eure Einschätzungen, Merwyn und Sprotte - ja, ich bleibe entweder in meinen Sprachraum (also "mein Herr" ect.) oder ich probier einfach mal was ganz anderes aus, hab mir mal ein Herkunftswörterbuch und Lateinwörterbuch ausgeliehen und spiele mal damit. Wenn's mir hinterher auf den Keks geht, dann fliegts halt wieder aus. Und ich werde probieren, es so zu benutzen, das ich es nicht groß erklären muss...

Schönen Abend noch,

Grüßle,
Bianca

Sanjani

Ich denke, mit eigenen Wortschöpfungen muss man auch in erfundenen Welten ein bisschen aufpassen. Wenn z. B. klar ist, dass es um Militärränge geht, fände ich es seltsam, wenn man sich neue Namen für real existierende Militärränge ausdenken würde. Es muss für mich dann schon einen ganz bestimmten Hintergrund haben oder irgendwie logisch sein. Wenn es z. B. keine Nachnamen gibt und ich als Autor zwischen Adel, Bürger und Sklave unterscheide, würde ich erst mal recherchieren, ob es schon etwas in meinem Sprachgebrauch gibt. Wieso sollte ich z. B. ein Wort für einen Sklaven erfinden, wenn ich Sklaven auch einfach nur mit "Sklave!" ansprechen könnte? Andererseits fände ich eine Anrede z. B. auch gut um sprachliche Unterschiede zwischen verschiedenen Völkern anzuzeigen. Aber da dürften es dann natürlich, wie weiter oben schon einer meiner Vorredner sagte, nicht zu viele neue Begriffe sein, damit man weiß, worum es geht.

Das mal mein Senf dazu, bevor ich wieder in der Versenkung verschwinde. :)

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Christian

Ach ja, an dem Thema habe ich auch ein bisschen zu kauen gehabt.
Lange habe ich mit dem "Ser" von Martin bzw. Ser/Sera geliebäugelt.
Letztlich habe ich mich aber ganz simpel für Herr/Herrin entschieden.

Außerdem unterscheide ich durch "du" bzw. "sie/ihr/euch".

Militärränge habe ich ein wenig abgewandelt.
Allerdings sind sie immer noch logisch nachvollziehbar.
Da kriege ich immer die Krise, wenn Militärränge total durcheinander gewürfelt werden.

Neukreation/Eigenkreation sehe ich, ähnlich wie wohl die meisten hier, eher kritisch.
Wenn man das aber logisch, simpel und nachvollziehbar hinkriegt. Warum nicht?
Ich hab´s nicht hingekriegt.  ;D

Bianca Jones


Ja, dass sind wirklich gute Einwände gegen Eigenkreationen, Sanjani und Christian, bei den Militärrängen finde ich das auch nachvollziehbar. Das ist ja generell die Krux an High Fantasy - wie viele Begriffe/Wörter muss man wirklich "neu" erfinden? Da bin ich auch immer sehr gespalten, die Leserin in mir findet das oftmals gut bei anderen Texten, die Schreibende hingegen findet das oftmals albern. Ich werds einfach mal probieren und nicht den Grundsatz vergessen: Wenns einfach geht, es auch einfach machen  ;)

Wenn ich soweit bin, stell ich mal meine Idee hier ein...

Grüßle, Bianca 

Aphelion

Wie haltet ihr es mit fremdsprachigen Anreden in unserer Welt?

Eine meiner Geschichten spielt in einem spanischsprachigen Land und ich überlege, die spanische Anrede zu verwenden. Allerdings habe ich die Befürchtung, das könnte gekünstelt wirken. Was meint ihr?

Malinche

Meine Geschichten spielen ja sehr häufig in spanischsprachigen Ländern und da nutze ich ab und zu sehr wohl auch die spanischsprachigen Formen der Anrede, also z.B. im Sinne von señorita, señor, aber auch spezifischere Sachen wie compadre, comadre (was ich immer schwer zu übertragen finde, schwankt von der Bedeutung zwischen Kumpel, Genosse ...). Ich setze das meist ein, um typische Situationen und Phrasen einzufangen und Kontraste zur uns geläufigen Gesprächspraxis herauszustellen (ich habe aber auch im Ohr, an welchen Stellen diese Anreden tatsächlich verwendet werden würden, weil ich oft genug in Südamerika war). Bisher habe ich noch nie als Feedback bekommen, dass es gekünstelt wirkt. Ich denke, wenn man es richtig dosiert und einsetzt, kann es den Text atmosphärisch schon aufwerten.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Churke

Da das in fast jedem synchronisierten Film so ist, dürften das die Leser das als normal akzeptieren.

Es gibt auch praktische Gründe dafür. Man kennzeichnet die Sprache. Außerdem lassen sich Anreden oft nur ungenau übersetzen, da Verwendung und Bedeutung in der Originalsprache anders ist als die simple Übersetzung.