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Der Szenenplan: Wie erstellt ihr ihn und wie gut funktioniert er?

Begonnen von Miezekatzemaus, 28. April 2017, 23:25:44

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Miezekatzemaus

Schon länger geht mir die Sache mit dem Szenenplan durch den Kopf. Es gibt beim Plotten wie beim Schreiben und Überarbeiten unheimlich viele verschiedene Arbeitsweisen, aber ich habe schon mehrfach davon gelesen, dass doch viele hier einen Szenenplan nutzen.
Mir stellen sich dazu einige Fragen. Wie lange braucht ihr, um einen Szenenplan zu erstellen? Wie genau entsteht der Plan bei euch? Wie sehr haltet ihr euch daran? Hilft er euch?

Ich habe im NaNo zum ersten Mal mit einem ernsthaften Szenenplan gearbeitet, bei dem ich wirklich jede einzelne Szene in ein paar Worten umrissen hatte, um dann nur noch herunterschreiben zu müssen. Einerseits hat das wortzahlentechnisch und auch vom Handlungsfortschritt sehr gut funktioniert, andererseits glaube ich, dass mir dadurch vielleicht Dinge verloren gegangen sind, weil ich mich eben an diesen Plan gehalten habe.
Im Oktober habe ich mich übrigens tatsächlich vor ein leeres Dokument gesetzt und erst einmal alle Ideen für Szenen aufgeschrieben, die mir schon in präziser Form durch den Kopf geisterten. Anschließend habe ich diese grob chronologisch sortiert und dann überlegt, was strategisch vorher und nachher passieren muss und wo ich noch Füllmaterial brauche. Dabei kam bei mir außerdem eine Aufteilung nach Kapiteln hinzu, ich hatte also eine Übersicht, in der unter den jeweiligen Kapitelnummern die Szenen aufgelistet waren. Die Übersicht habe ich ausgedruckt und beim Schreiben lag sie immer neben der Tastatur (bis ich das Ende umgeworfen habe, irgendwann war der Plan nämlich durch und das Buch brauchte noch etwas) - grundsätzlich fand ich die Funktionsweise nicht schlecht, ich tue mich mit dem Erstellen von Szenenplänen aber schwer: Schließlich schweben mir nicht fünfzig Szenen auf einmal im Kopf herum, sondern vielleicht fünf, bei denen ich wirklich vor meinem inneren Auge die Charaktere handeln sehe. Selbstverständlich brauche ich dann auch immer bestimmte Dinge, um von Szene A zu Szene B zu kommen, beispielsweise einen Streit, einen Alptraum, etwas als verbindendes Element also. Dennoch füllen sich meine Szenenpläne nicht von allein und kreativ komme ich mir beim Erstellen nie vor, stattdessen saß ich vor dem NaNo am Laptop und habe stundenlang überlegt, was noch passieren kann.
Mir hilft es, wenn ich vorher einen Sieben-Punkte-Plan anwende - ich nehme an, dass das noch besser wirkt, wenn man für jede Figur oder für jeden Nebenhandlungsstrang ebenfalls einen solchen Plan entwirft - und wenn ich mir verschiedene Nebenstränge passend zu Nebenfiguren aufteile. In der Trilogie, an der ich arbeite, gibt es beispielsweise vier verschiedene Konflikte (Grundkonflikt, Familienkonflikt, Liebeskonflikt, Endkonflikt), was auf jeden Fall einer Verdichtung des Szenenplans und des Plots im Allgemeinen zuträglich ist.

Mich würde sehr interessieren, wie ihr das alles handhabt. Wie früh fangt ihr mit einem Szenenplan an? Welche Methoden nutzt ihr beim Erstellen? Muss er bei euch komplett fertig sein, bevor ihr schreibt? Fühlt ihr euch mit oder ohne Szenenplan wohler?
Ich bin gespannt auf eure Meinungen und Erfahrungen zu diesem Thema. :)

Malinche

Zitat von: Miezekatzemaus am 28. April 2017, 23:25:44
[EDIT] Wah, das hat man davon, wenn man gleichzeitig zwei Boards offen hat. Das sollte natürlich in den Workshop. Kann das bitte ein Mod verschieben?
Schon passiert. :) Und schönes Thema.

Ich arbeite in letzter Zeit immer öfter mit einem Szenenplan. Im NaNo hatte ich für meine Projekte alle Szenen auf Karteikarten. Da bin ich auch so vorgegangen, dass ich alle Szenen notiert habe, die mir durch den Kopf gingen, dann chronologisch sortiert und dann versucht, Lücken zu füllen. Im Prinzip arbeite ich dabei auch mit Plotpunkten, weil mir das bei der Orientierung und der Handlungsentwicklung sehr hilft.

Für meine »Malú« hatte ich außerdem am Ende einen Szenenplan in Tabellenform, der über meinem Schreibtisch hing, weil ich gemerkt habe, dass die Karteikarten an sich zwar deshalb super sind, weil man die Reihenfolge leicht verändern kann, mir aber die Übersicht fehlt, was worauf folgt und sich woraus ergibt.

Was mir sehr hilft, ist ein GMC für jede Szene, also der Blick auf »Goal, Motivation, Conflict« (genau wie die Plotpunkte habe ich mir da sehr viel aus Cathy Yardleys »Rock Your Plot« mitgenommen). Das heißt: Ich überlege mir bei jeder Szene, was meine Figur will (was also ihr Ziel ist), warum sie es will (Motivation) und was sie daran hindert (Konflikt). Im NaNo selbst habe ich sogar vorab immer nur die Zusammenfassungen der Szene geschrieben und mir das jeweilige GMC erst vorgenommen, wenn es an die aktuelle Szene ging. Das hatte den Vorteil, dass ich flexibler auf Veränderungen im bisherigen Plot reagieren konnte, aber natürlich den Nachteil, dass manchmal der Überblick fehlte.

Außerdem gibt es den hübschen Tipp, dass jede Szene mit einem »Disaster« enden sollte, und zwar auf eine von drei Arten:


  • mit einem »Ja, aber ...« (Figur bekommt, was sie will, es gibt aber einen Haken; Beispiel: Der Teufel erfüllt ihren Herzenswunsch, will aber ihre Seele dafür)
  • mit  einem »Nein« (der Teufel zeigt der Figur den Stinkefinger und lässt sie im Regen stehen)
  • mit einem »Nein, und außerdem ...« (der Teufel zeigt der Figur den Stinkefinger, lässt sie im Regen stehen und im nächsten Moment wird sie wegen illegaler Dämonenbeschwörung festgenommen)

Das klingt, wenn man es so liest, erst einmal schrecklich schematisch. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass es so schlimm nicht ist. Erstens: Instinktiv folgen wir beim Plotten einer Geschichte ohnehin oft den genannten Punkten. Zweitens: Wie starr man so etwas empfindet oder nicht, ist auch Kopfsache. Ich behalte immer im Hinterkopf, dass meine Geschichten dazu neigen, sich organisch zu entwickeln und ungeplante Abzweigungen zu nehmen. Wenn das passiert, wird der Szenenplan angepasst, er ist nicht in Stein gemeißelt.

Drittens – das habe ich gerade jetzt bei »Malú« immer wieder gemerkt: Auch ein detaillierter Szenenplan lässt in der Regel noch immer enorm viel Freiraum. Selbst, als ich ihn hatte, saß ich oft doch wieder grübelnd vorm Rechner:  In meiner Planung stand dann vielleicht »Sie entdeckt das geheime Kellerverlies«. Damit habe ich aber z.B. noch nicht entschieden, an welcher Stelle und auf welche Weise ich in die Szene einsteige, wie genau ich das alles erzähle, wo ich später den Cut setze.

Ich habe gemerkt, dass ein Szenenplan mir sehr hilft, den roten Faden im Blick zu behalten. Zumindest hatte ich sowohl beim Schreiben als auch beim Überarbeiten direkt das Gefühl, dass die Szenen insgesamt stärker und dynamischer sind und stärker aufeinander aufbauen. Gerade die Disaster-Regel fand ich da echt hilfreich.

Aber: Ich habe das die ganze Zeit bewusst als Hilfsmittel und nicht als Korsett begriffen. Manchmal habe ich beim Schreiben gemerkt, dass zwei Szenen eigentlich eine ergeben, oder zwischen zwei Szenen noch eine weitere fehlt, oder dass der Konflikt gar nicht der ist, den ich mir vorab notiert hatte. Es gibt also nach meiner Erfahrung eine Menge Dinge, vor denen ein Szenenplan einen nicht unbedingt bewahrt, und ich schüttle die Biester auch nicht gerade aus dem Ärmel. Aber ich werde für den nächsten Roman ziemlich sicher wieder einen erstellen. Physisch mag ich die Dinger übrigens am liebsten, also entweder in Karteikartenform oder als handschriftliche Tabelle.
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Inea

Bei mir besteht der Szenenplan auch meistens aus Karteikarten. Darauf notiere ich ebenfalls recht "einfach", was eigentlich passieren soll. Beispielsweise "Protagonistin wird von ihrem eigenen Freund vergiftet". Auf der Rückseite notiere ich dann Notizen, die ich gerne unterbringen möchte (was ich aber nicht immer schaffe, manchmal passt es einfach doch nicht), bspw. wie er das anstellt, und das Ganze bringe ich dann ebenfalls in eine gewisse Reihenfolge. Wenn ein paar Szenen übrig bleiben, ergeben diese meistens einen eigenen Stapel. Falls ich mal an einer Stelle hänge, an der ich nicht weiß, wie ich von Karteikarte A nach Karteikarte B komme, schaue ich in dem Stapel, ob nicht zufällig etwas passt.

Meistens fange ich an einer Geschichte aber nur mit einem halben Set an beschrifteten Karten an, weil ich einfach viel mehr Lust auf das Schreiben selbst habe, als auf das Plotten. Dann läuft der Rest nebenher. Kommt mir ein Gedanke quer, wird er auf einer Karteikarte notiert und wieder auf einen extra Stapel "könnte gut passen" gelegt. Oftmals fällt mir irgendwann auf, DA ist es super, dann wird die Karte in die Reihenfolge integriert. Wenn ich mit allem fertig bin erstelle ich mir dann eine tabellarische Übersicht, welcher Charakter in welcher Szene auftritt und was er dort tut. Dann habe ich eine recht gute Übersicht, wer wie häufig "Screentime" bekommt und wer vielleicht vollkommen untergeht. Wer von Nebencharakter zu Hauptcharakter aufsteigt, etc.

Ich halte mich also nur sehr lose an meinen Szenenplan, die Kreativität, die sich beim Schreiben ergibt, möchte ich auf keinen Fall bremsen. :)

Das Konzept GMC, das @Malinche da angesprochen hat, finde ich super, das würde meine Karten super ergänzen, ich denke, das probiere ich demnächst mal aus!

Maubel

Ich schreibe eigentlich fast nur mit Szenenplan. Für mich ist das Platten unheimlich wichtig und am leichtesten schreibe ich, wenn ich meinen ziemlich genauen Fahrplan daneben habe. Meistens schreibe ich das erst auf dem Papier und dann in Scrivener auf die Karteikarten. Auf die Weise lassen sich die Bücher dann eigentlich immer in einem Rutsch schreiben.

Manchmal kommt es auch vor, dass ich erst mal ohne losschreibe, aber spätestens, wenn es hakt, hilft mir ein guter Szenenplan.

Das heißt natürlich nicht, dass der unveränderbar ist. Manchmal fehlen Szenen, manche sind zu viel und manches passt besser. Das ist aber teilweise auch Teil der Überarbeitung. Die Rohfassung lässt sich meist ganz gut damit schreiben.

Araluen

Ich bin das geplante Chaos ;) Wenn ich grob weiß, wo die Geschichte hinwill und mir Szenen im Kopf umher spuken. Dann schreib ich sie auf. Nach der ersten kreativen Welle komme ich dann ziemlich rasch an einen Punkt, wo ich eine grobe Struktur brauche. Dann ziehe ich 5Akte oder 7 Punkte heran, je nachdem, was gerade besser passt. Damit geht das fröhlichen Flickenteppichschreiben weiter, denn ich schreibe nicht chronologisch. Irgend wann, es stehen meist 20 - 30k Wörter, schlägt mein Irdnungswahn doch mal zu, denn die ganzen Flicken müssen mal sortiert werden. Ich erstelle für jeden Akt oder Punkt eine Kapitelplanung und dann tatsächlich auch einen Szenenplan, erst handschriftlich dann mit Excel. Dabei plane ich immer ein Kapitel am Stück durch. Habe ich das soweit, sortiere ich die dazugehörigen Szenen dazu und schreibe die fehlenden. Erst dann plane ich das nächste Kapitel in Szenen durch. Nebenher produziere ich weitere Flicken.
Jedes Jahr zum NaNo, den Oktober nutze ich sozusagen traditionell zum Ausprobieren neuer Plotwerkzeuge, nehme ich mir vor ordentlich strukturiert mit vollständigem Szenenplan zu starten - klappt aber nicht. Das erstellen von Szenenplänen macht mir keinen Spaß, aber ich merke und weiß, dass er mir hilft. Ich befolge ihn allerdings auch nicht streng. Letztens hatte ich eine Szene, da stand in der Planung: Abby holt Zack von der Arbeit ab, erwischt ihn mit seiner Gang und macht ihm eine Szene.
Letzteres stimmt noch immer. Aber sie treffen sich jetzt vor der Haustür, weil es nicht mehr 20 sobder nach 23 Uhr ist. Und Zack dreht den Spieß einfach um, weil er sauer auf Abby ist wegen der Uhrzeit. Das sind jetzt nur kleine Abweichungen, aber manchmal sieht eine Szene am Ende völlig anders aus oder existiert in der geplanten Form überhaupt nicht mehr. Da hilft dann nur anpassen.

Klecks

Wenn ich mich an Szenenpläne mache, gibt es dabei zwar mehrere Varianten, was die Frage betrifft, wie ausführlich ich sie mache, aber mein Standard-Szenenplan ist sozusagen eine Auflistung aller Szenen im Projekt. Je nachdem, wie ausführlich ich es machen möchte, arbeite ich in den meisten Fällen gleich auch Landschaftsbeschreibungen, Dialoge und Monologe ab. Manchmal beschränke ich mich doch auf die Handlung, meistens aber nicht.

Der Vorteil von Szenenplänen ist meiner Meinung nach die enorme Sicherheit, die man dadurch hat.  :D  Ich weiß beim Schreiben genau, dass ich mich nicht verzetteln und das Projekt nicht gegen die Wand fahren kann. Wenn ich bauchschreibe, muss ich immer wieder innehalten und überlegen, wie es weiter geht. Ohne dieses Innehalten ist der Schreibprozess dank einem Szenenplan viel flüssiger. Beim Plotten ist es nur selten so, dass ich richtig grübeln muss. Meistens sehe ich die Szenen wie einen Film vor mir und schreibe auf, was passiert. Beim Schreiben hilft es dann enorm zu wissen, wie es weiter geht, und vor allem, warum es so weiter geht und was das noch für Folgen haben wird. Beim Bauchschreiben fehlt mir das. Es passiert da immer wieder, dass ich extrem viel verändern muss, nachdem ich etwas geschrieben habe, weil ich irgendwann - aber auf jeden Fall zu spät - merke, dass etwas nicht funktioniert, und ich persönlich finde das sehr frustrierend. Beim Plotten mit Szenenplänen merke ich das, bevor ich mir die Arbeit gemacht habe, 50 oder 100 oder sogar noch mehr Seiten zu schreiben und jetzt trotzdem nochmal von vorne anfangen zu müssen. Überraschungen und Neuerungen gibt es immer, auch, wenn ich mit einem Szenenplan geplottet habe, aber das führt dann nicht dazu, dass man alles über den Haufen werfen muss, weil man eben genau weiß, wie es weitergehen muss.

Christian

Einiges von dem, was Malinche geschrieben hat, gilt auch für mich. Aus "Rock your plot" habe ich viel mitgenommen, um meine Vorgehensweise fürs Plotten zu entwickeln. Der Szenenplan ist bei mir das letzte, was entsteht, bevor ich mit dem Schreiben beginne. Vorher brauche ich meine Figuren und die Plotpunkte für alle Hauptfiguren und die Haupthandlung. Früher habe ich mit sieben Plotpunkten gearbeitet. Inzwischen sind das aber acht bis neun. Dadurch habe ich das Grundgerüst und schreibe diese Punkte auf Karteikarten. Dann geht es ans Auffüllen. Ich schreibe zuerst die Szenen auf Karteikarten, die mir im Kopf herumschwirren. Schließlich fülle ich von hinten nach vorn auf. Wenn ich meine Plotpunkte verbunden und etwa sechzig Karteikarten in richtiger Reihenfolge habe, ist es in Ordnung. Ich übertrage dann die Inhalte der Karteikarten (meistens ein, zwei Sätze) in Scrivener. Dort habe ich einen Bogen für meinen Szenenplan, der GMC, Disaster, die Zeitlinie und alle wichtigen Details enthält. Ich fülle diesen Bogen selten komplett aus. Irgendwas bleibt immer offen und das ergibt sich dann beim Schreiben. Das ist dann mein fertiger "Fahrplan". ;D

Ich mag nicht mehr ohne Szenenplan schreiben. Mit Plan schreibe ich schneller, sicherer, zufriedener und es ist auch meistens nicht so ein Gefrickel bei der Überarbeitung, wenn der Plan vorher solide war. Der Plan ist aber nicht in Stein gemeißelt. Irgendwas ändert sich immer. Da teile ich mal eine Szene auf, schiebe eine andere dazwischen oder was auch immer. Veränderungen sind normal und gehören einfach dazu. Ich hatte es ein einziges Mal, dass sich der Szenenplan beim Schreiben nicht geändert hat und der fertige Roman war dann auch ganz schön kacke. ;D Ob es daran gelegen hat, weiß ich nicht. Wahrscheinlich war es nur ein Symptom, aber egal. Im letzten November hatte ich für ein Projekt einen sehr lückenhaften Szenenplan und am Ende hatte ich eine Geschichte mit alternativen Enden, unterschiedlichen zweiten Hälften und eine Überarbeitung aus der Hölle. Der Schreibprozess hat trotzdem Spaß gemacht, aber es war ein ziemliches Chaos und kein Spaß, das Ganze wieder auf die Reihe zu bringen.

Kerstin

Ich arbeite auch immer mit Szenenplänen. Das eine Mal im vergangenen NaNo, wo ich darauf verzichtet habe, hat dazu geführt, dass ich das Projekt komplett an die Wand gefahren habe. Also Bauchschreiber bin ich definitiv nicht.

Mein Basis-Szenenplan besteht aus einer sehr spartanischen Excel-Tabelle, in der ich nur den Namen der Szene und eine Ein-Satz-Zusammenfassung eintrage. Vielleicht noch das Datum oder zu welchem inhaltlichen Aspekt (Romanze, Action, Familiendrama) es gehört.
Meine Szenenpläne erstelle ich immer erst sehr spät; nie bevor ich nicht ein Exposé dazu habe und die Hauptfiguren halbwegs ausgearbeitet habe. Mir fällt dieser Schritt vom Plotten immer noch am Schwersten, da ich dort auf einen großen Teil der Plotlöcher stoße.
Beim Schreiben gibt es mir die Sicherheit, dass ich weiß, dass ich einen Fahrplan habe, den ich auch mal gut fand, um in meinem üblichen Schreibtief nicht einfach aufzugeben.
Wenn ich bessere Ideen habe, wird so ein Szenenplan aber natürlich auch wieder angepasst. Der ist nicht in Stein gemeißelt und ich habe es sehr oft, dass eine Szene praktisch in einem Nebensatz abgehandelt werden kann, während eine andere sich in drei aufspaltet.

Um das etwas zu verringern, arbeite ich seit einer Weile auch mit einem etwas ausführlicheren Szenenplan. Er ist im Grunde eine Erweiterung des ersten Szenenplans (mit dem ich immer noch an strukturellen Änderungen arbeite, da ich ihn übersichtlicher finde).
Darin steht bei mir eine knappe Inhaltszusammenfassung, der Zweck (also warum ich die Szene überhaupt darin habe - für mich eine der wichtigsten Fragen), dann auch GMC und Desaster, da ich allerdings gerne das Scene-Sequel-Modell nutze, habe ich auch Reaktion, Dilemma und Entscheidung als Punkte. Dazu dann noch ein Feld für diverse Anmerkungen.
Ich fülle dieses erweiterte Szenenblatt aber nicht immer komplett aus. Gerade bei den Scene-Sequel-Elementen geht es ja zwangsläufig nicht anders. Manche Szenen haben das Gesamtpaket und manche sind nur Scene oder Sequel. Dazu kommt, dass ich mich auch nicht sklavisch an das Modell halte.

Bei meinem nächsten Projekt will ich (falls die Deadline es gestattet) noch zusätzlich mit einem fließenden Handlungsentwurf (nach Elisabeth George) arbeiten. Das habe ich früher bereits gemacht und es dann irgendwann schleifen lassen. Dabei schreibt man im Grunde eine Inhaltszusammenfassung für eine Szene, ohne Dialoge (natürlich kann man auch schon Dialogfetzen, Beschreibungen ... anmerken, wenn einem etwas einfällt). Das hat mir sehr geholfen, um nicht an so doofen Kleinigkeiten hängenzubleiben, wie z.B. "Wie entkommen sie aus dem Keller" und ich will versuchen, den Schreibprozess an sich zeitlich so knapp zu gestalten, wie es geht. Mal sehen, ob es funktioniert.

Trippelschritt

Als Bauchschreiber habe ich keinen Plan und deshalb auch keinen Szenenplan. Aber ich habe eine Szenenliste und einen File mit dem nichtssagenden Namen "Struktur". Die Szenenliste enthält für jede Szene, die ich geschrieben habe, die wichtigsten Punkte. Also das, was für folgende Szenen von Bedeutung ist, und was durch vorangegangene Szenen induziert wurde. Außerdem was eine Szene zur Spannung beiträgt und wieso und welche Funktion sie für die zentrale Frage (Prämisse oder was sonst) besitzt.

In Struktur steht alles mögliche. Von Regieanweisungen über Plotideen bis zu Punkten, von denen ich meine, dass sie im nächsten Gang verbessert werden müssen. Und es gibt meist eine Verkettung von Plotfäden in der Form: Weil A das getan hat (weil das passiert ist), tut er anschließend das und das, geschieht das und das).

Auch als Bauchschreiber kann man leicht die Übersicht über seine Plots verlieren. Vor allem, wenn man mit mehreren Figuren jongliert.

Liebe Grüße
Trippelschritt

HauntingWitch

Wie detailliert ihr das alle macht... Also, ich bin Bauchschreiberin und ich rede zwar dauernd von meinem Szenenplan, aber eigentlich wäre das Wort Szenenübersicht passender. Das sieht bei mir, ähnlich wie bei Araluen, ganz simpel aus, z.B.:
- Prota 1 und Prota 2 treffen sich
- Prota 2 verliebt sich
- Prota 1 beschliesst, Prota zwei nicht mehr sehen zu wollen
usw.

Entstehen tut das bei mir während meiner Szenensammlung, das ist die Anfangsphase meines jeden Projektes, während der ich einfach alle Szenen, die mir einfallen, aufschreibe und in ein Dokument packe. Gleichzeitig mache ich so eine Übersicht über alle schon geschriebenen Szenen, alle, die unbedingt noch kommen sollen und alle, die eventuell noch kommen könnten. Irgendwann, meistens bei so ca. 25k, ist die Batterie der ersten Begeisterungsphase aufgebraucht. Dann ordne ich diese Übersicht chronologisch und sehe so, was alles noch fehlt. Dann gilt es, das alles auch noch zu schreiben.

Ein richtiger Plan in dem Sinne ist das aber nicht, das ist wirklich nur eine Hilfe für mich, damit ich den Überblick nicht verliere. Ich muss auch zwischendurch immer wieder Pausen einlegen, um zu überlegen, wie genau es weitergehen soll. Erst, wenn ich eine Szene detailliert im Kopf habe, kann ich sie auch schreiben, vorher wird das bei mir nichts. Die Planung passiert in meinem Kopf und ist aufbauend. Ich könnte gar nicht von Anfang an alles planen, ich bräuchte ewig und würde mich auch nicht daran halten.

Cailyn

Ich mache es genauso wie Malinche (Goal, conflict, desaster), füge aber dann zur Szene noch immer ein Sequel hinzu (reaction, dilemma, decision), wobei dieses Sequel sehr flexibel ist, denn die einzelnen Punkte können sich auch mit der Szene mischen und Hand in Hand funktionieren.

Was ich für den Erstentwurf noch praktisch finde, sind die Stichworte zu Szene und Sequel. Ich habe dann also eine Kurzzusammenfassung zur Handlung, und daneben schreibe ich mit jeweils in Stichworten, was nun Ziel, Konflikt, Desaster oder Reaktion, Dilemma und Entscheidung ist.
Praktisch daran ist, dass ich dann nicht mehr so viel Unlogisches in der Struktur habe. Und wie man von A nach B kommt, ergibt sich damit schon fast von selbst. Ich gestalte das auch optisch so, dass in einer Spalte die reine Handlung jeder Szene steht, und rechts davon die Stichworte zur Bedeutung der Szene. Wenn ich dann während des Schreibens einen spontanen Einfall habe, den ich umsetzen will, weiss ich dann auch rasch, an welchen Schrauben ich sonst noch drehen muss, damit es keine Logikfehler gibt.

Ich glaube, wichtig ist beim Szenenplan auch immer die Überlegung: Ist die folgende Szene eine direkte Folge der vorangehenden? Unterliegt das, was der Prota in der nächsten Szene tut dem Ursache-Wirkung-Prinzip? Wenn nicht, dann fehlt entweder etwas oder es folgt eine überflüssige Szene.
Ich denke, es gibt daher kein "Füllmaterial", sondern nur eine logische Abfolge von Handeln (Szene) und Reaktion (Sequel). Beides ist stark miteinander verknüpft, und es sollte gar kein Füllmaterial geben, weil dies bedeuten würde, dass die Szenen nicht wirklich aufeinander aufbauen.

Snöblumma

Zitat von: Witch am 30. April 2017, 16:22:58
Wie detailliert ihr das alle macht... Also, ich bin Bauchschreiberin und ich rede zwar dauernd von meinem Szenenplan, aber eigentlich wäre das Wort Szenenübersicht passender.

Mit genau diesem "Werkzeug" arbeite ich auch - und bei allen Versuchen, es endlich, endlich einmal anders zu machen (schließlich liest man überall, wie hilfreich es doch sei, und ich habe auch den Eindruck, wirklich professionell schreiben geht auf meine Art dann doch nicht), bleibe ich immer wieder bei dieser Methode hängen:

Ich beginne meist mit Figuren, die vor einem Problem stehen und ein ganz bestimmtes Ziel haben. Erst wenn ich weiß, was meine Figuren wirklich wollen - und das kann durchaus etwas anderes sein als das, was sie behaupten, zu wollen - kann ich schreiben. Der Plot kommt bei mir immer recht am Ende. Das kann ehrlicherweise aber auch daran liegen, dass ich kaum noch Fantasy schreibe, sondern nur noch Romanzen. Plotstruktur, Ende und ungefähre Komposition des Ganzen stehen also durch die Genrekonventionen fest, sodass ich mir darüber eigentlich keine Gedanken mehr machen muss.

Dann lege ich fest, wie viele Kapitel ungefähr das Buch bekommen wird und schreibe für jedes Kapitel mit ein paar Stichworten auf, was darin passiert. Das kann auch durchaus generisch sein ("Er trifft sie im Park"), wenn ich für eine bestimmte Stelle im Plot noch gar nicht so genau weiß, was an dieser konkreten Stelle das Problem sein soll. Dann schreibe ich noch kurze Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel, die vom Aufbau her eher wie ein Pitch gehalten sind (Wer handelt? Was will er? Wo ist das Problem? Und was ist das große Drama am Ende des Kapitels?).

Die Details spare ich mir dann für das eigentliche Schreiben auf, sonst wird mir langweilig, habe ich gemerkt. Auch wenn ich an manchen Stellen noch nicht weiß, was passieren wird, stört mich das nicht - ich starte meistens mit Anfang und Ende und ein paar Brocken in der Mitte, die sich dann im weiteren Verlauf irgendwo organisch einfügen. Meistens sind die Figuren da schlauer als ich, wenn sie eine Szene mitbringen, dann wird die irgendwann eine Rolle spielen - ich muss nur herausfinden, wo.

Franzi M.

Ich bin irgendwie eher die Chaos- und Bauchschreiberin. Bei mir entwickelt sich eine Geschichte im Kopf und dort hab ich dann wie eine Art Landkarte auf dem der Weg verzeichnet ist, wohin die Reise gehen soll.
Ab und zu komme ich da natürlich an Punkte, wo ich nicht mehr weiter weiß - da kann es dann schon passieren, dass ich vorherige Szenen umschreiben muss, damit ich aus der Sackgasse herauskomme und wieder zurück auf den Weg finde... aber letztlich komm ich schon da an wo ich hinmöchte.
An Regeln zu Dramatik etc. halte ich mich auch nicht. Ich hinterfrage nicht, ob es die Szene nun wirklich braucht oder nicht - wenn ich sie schön finde, behalte ich sie, wenn nicht, kann ich sie am Ende ja wieder rauswerfen/umschreiben/ersetzen etc.
Die einzige Regel an die ich mich halte ist - ich schreibe chronologisch. Da ich aber zur Zeit z.B. an einem Zeitreiseroman arbeite, hat sich das sehr bewährt. Würde ich da einen Patzer reinbringen mit den Zeiten, wäre ich geliefert.  :P

HauntingWitch

Zitat von: Snöblumma am 02. Mai 2017, 22:07:06
Die Details spare ich mir dann für das eigentliche Schreiben auf, sonst wird mir langweilig, habe ich gemerkt.

Genau das! Also, dieser fliessende Handlungsentwurf von Elizabeth George, der weiter oben von jemandem erwähnt wurde, wäre für mich ein Albtraum. Da schreibt man ja wirklich alles Mögliche in allem Detail auf. Wo ist dann noch der Reiz? Als ich das Buch von ihr gelesen habe, musste ich lachen, weil das, was sie Handlungsentwurf nennt, bei mir schon der erste Rohentwurf des Romans ist. ;D Das führt zwar dazu, dass ich hinterher jede Menge, neu und umschreiben und Lücken füllen muss, aber das funktioniert für mich immer noch besser.

Trippelschritt

Zitat von: Cailyn am 02. Mai 2017, 10:27:02

Ich glaube, wichtig ist beim Szenenplan auch immer die Überlegung: Ist die folgende Szene eine direkte Folge der vorangehenden? Unterliegt das, was der Prota in der nächsten Szene tut dem Ursache-Wirkung-Prinzip? Wenn nicht, dann fehlt entweder etwas oder es folgt eine überflüssige Szene.

Ich denke, es gibt daher kein "Füllmaterial", sondern nur eine logische Abfolge von Handeln (Szene) und Reaktion (Sequel). Beides ist stark miteinander verknüpft, und es sollte gar kein Füllmaterial geben, weil dies bedeuten würde, dass die Szenen nicht wirklich aufeinander aufbauen.

Diese beiden Anmerkungen kann man gar nicht hoch genug hängen. Ein Romanplot besteht aus Ketten von Ursache und Wirkungen, die dann wieder zu neuen Ursachen werden.
Und Füllmaterial ist Streichmaterial, denn ich glaube fest daran, dass ein guter Roman genug Fülle mit sich bringt. Und wenn der Autor zur jeder Zeit weiß, welche Funktion welches Textstück hat, gibt es auch kein Füllmaterial.

Trippelschritt
(Minimalist mit blumigen Sätzen)  :darth: