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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Pamina am 27. März 2011, 13:59:11

Titel: Handlungsstränge
Beitrag von: Pamina am 27. März 2011, 13:59:11
Hallo ihr lieben,

ich habe die Suchfunktion benutzt, aber nichts gefunden, das meine Frage beantworten würde... ich hoffe, ich habe nichts übersehen.

Meine Frage bezieht sich auf Handlungsstränge im Allgemeinen, was wird als Handlungsstrang bezeichnet, was als Haupt- und was als Nebenstrang?
Wie viele Handlungsstränge sollte ein Roman mindestens haben, ab wann wird es unübersichtlich?
Müssen die einzelnen Handlungsstränge etwas miteinander zu tun haben, müssen sie aufeinander aufbauen, müssen sie am Ende alle zusammen führen?
Sollten alle Handlungsstränge am Ende "aufgelöst" werden oder kann man die ersten nach und nach bereits am Anfang bzw in der Mitte auflösen? Müssen überhaupt alle aufgelöst werden?

Wie seht ihr das, bzw wie handhabt ihr das? Habt ihr vielleicht einige Tipps? Mich überfordert das Ganze ein bisschen :p

Liebe Grüße :)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Kati am 27. März 2011, 14:23:42
Also, ich habe Handlungsstränge immer als die einzelnen Plots einer Geschichte aufgefasst. Zum Beispiel kann der Hauptstrang eine Verfolgungsjagd sein, der Nebenstrang eine Liebesgeschichte.
Ich finde, eine Geschichte sollte mindestens zwei Handlungsstränge haben, ich baue meistens drei ein. Ein einzelner Handlungsstrang kann schnell langweilig werden. Wann es zu viele werden, kann ich nicht sagen. Aber ich glaube, man merkt als Autor selbst, wann einem die Fäden aus den Händen fallen und man nicht mehr mitkommt.  :)
Ob die Stränge aufeinander aufbauen, ist meiner Meinung nach dem Autor überlassen, aber als Leser fände ich es merkwürdig, wenn es nicht so wäre. Es gibt das bestimmt, das Strang eins von Paul handelt, der Musiker werden will, und Strang zwei von Paula, die Kellnerin ist und sich die beiden niemals treffen und auch nichts miteinander zu tun haben. Fände ich sehr komisch, kann man aber bestimmt machen.
Also, auflösen sollte man meiner Meinung nach schon alle Handlungsstränge. Es gibt natürlich auch offene Enden, aber ein bisschen aufgelöst ist dann ja schon alles, finde ich.
Wenn das Buch über Paul jetzt kurz vor seinem großen Vorspielen endet, ist das für mich auch "aufgelöst", weil die Auflösung ist, dass er endlich die Chance bekommt, Musiker zu werden. Ob sie ihn wirklich nehmen oder nicht, bleibt zwar offen, aber der Strang wird nicht mittendrin abgeschnitten.  Wann du die auflöst, ist ganz allein deine Sache, oder?  ;) Bei Reihen musst du dann natürlich nicht jeden Strang auflösen, erst im letzten Buch.

Das ist meine Meinung zu dem Thema und so mache ich das auch meistens. Kann natürlich sein, dass ich das Wort an sich falsch definiert habe. Das tut mir dann natürlich Leid.  :)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Runaway am 27. März 2011, 14:38:03
Ich seh das im Grundsatz völlig anders als Kati - meines Erachtens kann eine Geschichte ganz hervorragend mit einem Handlungsstrang auskommen. Möchte man den Leser z.B. ein bißchen im Dunkeln tappen lassen und ihm nur vermitteln, was der Held im einzigen Handlungsstrang weiß, bietet sich das an und dann ist's auch überhaupt nicht langweilig.
Wobei ich allerdings sagen muß - und da nähere ich mich Kati nun wieder ;) - meist finde ich mehrere Handlungsstränge doch auch interessanter. Muß wie gesagt überhaupt nicht so sein, ist aber oft so.

Ist vor allem eine wunderschöne Möglichkeit, wenn es darum geht, etwa zwei Vorgeschichten zu erzählen, die sich hinterher treffen und dann baut die weitere Handlung darauf auf. Handlungsstränge bieten so viele schöne Möglichkeiten, Perspektiven auszuloten und teilweise völlig widerstrebende Auffassungen wiederzugeben. Man kann in ganz andere Rollen schlüpfen.

Der Haupthandlungsstrang ist bei mir immer derjenige, der sich mit dem Helden befaßt. Ob das auch "offiziell" so stimmt, keine Ahnung.
Und zur Anzahl... zwei finde ich ganz gut, drei kann man machen, mehr finde ich nicht mehr gut. Da verliert man dann den Überblick, sowohl als Autor als auch als Leser (jetzt braucht der Satz noch ein viertes "als" :P ).

Etwas miteinander zu tun haben sollten die Handlungsstränge. Als Leser finde ich es immer sehr befriedigend, unterschiedliche Handlungen zu verfolgen und hinterher zu sehen, wie die sich verbinden und auflösen. Das gefällt mir.
Man muß zwar nicht alles auflösen, denke ich, aber man sollte das meiste auflösen. Sonst wird es unbefriedigend. Und wann man sie zusammenführt und auflöst, ist ganz von der Geschichte abhängig.

Vielleicht hilfts? :)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Kuddel am 27. März 2011, 14:58:30
Ich finde die Definition von Handlungssträngen müsste schon genauer genannt werden. Für mich gibt es meistens 2 Haupthandlungsstränge. Als Beispiel in meinem letzten Roman: Gut gegen Böse, der Weg zum Ende. Und die Freundschaft meiner Hauptpersonen zueinander. Und dann kamen noch diverse Nebenhandlungsstränge dazu. Z.B. eine kurze Liebesgeschichte in der Mitte.

Es können gut und gerne mehrere Handlungsstränge drin sein, wenn es keine Haupthandlungsstränge sind.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Runaway am 27. März 2011, 15:06:50
Die Frage nach der Definition ist gut! Ich verstehe unter Handlungssträngen Dinge, die parallel, aber unabhängig voneinander ablaufen. Mal ein Beispiel... hm... Herr der Ringe! Die zwei Türme: Die Orks haben Merry und Pippin entführt (Handlungsstrang 1) und Aragorn & Co. sind auf dem Weg hinterher (Handlungsstrang 2).
Für mich ist ein anderer Handlungsstrang immer dann, wenn ich zu anderen Personen und deren Handlungen "schalte".
Keine Ahnung, ob ich da jetzt komplett auf dem Holzweg bin, denn was Kuddel da beschreibt, sind ja irgendwie auch Handlungsstränge...  :hmmm:
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: KaPunkt am 27. März 2011, 15:22:21
Ich definiere Handlungsstrang über den Handlungsträger.
Beispiel in meinem letzten Roman:
Haupthandlung: die Geschichte einer gefallenen Leibwächterin, die ihre Schützlinge retten muss.
Erste Nebenhandlung: Die Geschichte des Bettel-Magiers, der sich zum ersten Mal wirklich verliebt hat, aber nichts als Probleme dabei hat, den Vater seiner Angebeteten zu retten.
(Zweite Nebenhandlung: Die Geschichte eines Adligen, der sich gezwungen sieht, gegen die Regeln zu spielen, um sein Leben so führen zu können, wie er dass möchte)
Der Held der zweiten Nebenhandlung ist mein Antagonist.

Es heißt Handlungsstrang, und diesem Bild folgend, ergibt für mich die Verflechtung der einzelnen Stränge den Roman. Deshalb finde ich es wichtig, dass sich die verschiedenen Handlungen einander bedingen, der Leser die Verbindungen sieht. Das heißt nicht unbedingt, dass die Figuren einander begegnen müssen, aber ihre Handlungen sollten sich irgendwie beeinflussen.
Um im Beispiel zu bleiben: Der Bettelmagier ist der Sidekick der Heldin, der sich die ein oder andere Extratour erlaubt, der Adlige der Antagonist.

Wenn Nebenhandlungen in der Mitte des Romans bereits zum Abschluss geführt werden, finde ich das irgendwie - unbefriedigend. Der eine darf also schon mit dem Cocktail am Strand liegen, während der andere sich noch durch die Spinnen verseuchten Katakomben kämpft? Was soll das? Kann er ihm nicht helfen?  ;)


Wieviele Handlungsstränge hängt mit der Art des Romans zusammen.
Ich sag nur Osten Ard oder Das Lied von Eis und Feuer. Hat irgendjemand noch den Überblick, wieviele Handlungsstränge es da gibt?  :hmmm:  :ätsch:
Andererseits gibt es Bücher wie Schwerttänzer von J. Roberson oder Die wilde Gabe von U.K. LeGuin, die nur einen Handlungsstrang haben, ohne dass man irgendwas vermissen würde. (Nein, für mich ist die Liebesgeschichte von Tiger und Del keine eigenständige Nebenhandlung.)

In einem schmalen Bändchen würden mich zwölf Handlungsstränge vermutlich nerven, es sei denn, es ist ganz klar Teil des Konzeptes. Auf tausend Seiten mit nur einem Strang würde ich mich langweiligen (auch hier kann es Ausnahmen geben).

Das ist erstmal alles, was mir dazu einfällt.

Liebe Grüße,
KaPunkt
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Runaway am 27. März 2011, 16:07:54
Zitat von: KaPunkt am 27. März 2011, 15:22:21
Wenn Nebenhandlungen in der Mitte des Romans bereits zum Abschluss geführt werden, finde ich das irgendwie - unbefriedigend. Der eine darf also schon mit dem Cocktail am Strand liegen, während der andere sich noch durch die Spinnen verseuchten Katakomben kämpft? Was soll das? Kann er ihm nicht helfen?  ;)
Das wäre in der Tat wirklich irgendwie doof. Eine frühe Abhandlung oder Zusammenführung kann aber auch sinnvoll sein. In meinem ersten Fantasyroman war es so, daß ich auf der einen Seite eine Gruppe von Jungs hatte, die zum großen Abenteuer aufgebrochen war - und auf der anderen Seite ein Mädel auf der Flucht. Ich hab abwechselnd beschrieben, was beide Parteien machen, bis sie sich treffen und danach geht's dann gemeinsam weiter.
Das gefällt mir bis heute gut, weil die Protas dann alle keine unbeschriebenen Blätter mehr sind, wenn's richtig losgeht.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Pamina am 27. März 2011, 17:29:30
Mich verwirrt das Ganze ??? xD

Zunächst einmal die Frage nach der Definition. Ich habe immer gedacht, dass Haupthandlungsstränge der "Rote Faden" sind, der sich durch das Buch zieht, zB das Retten der Welt.
Und Nebenstränge sind dann eben alles, was auf dem Weg dorthin passiert, zB das in die Fänge des Atagonisten geraten, um von dort Hilfe zu bekommen und einen neuen Gefährten zu finden... eben solches, das dazu beiträgt, um den Haupthandlungsstrang am Ende zu erfüllen bzw erst dorthin zu gelangen - oder vielleicht nicht einmal das, vielleicht sogar nur etwas, das nebenher anfällt, wenn jemand den Protagonist um Hilfe bittet, dass dieser denn diese Forderung nicht abschlagen kann und kurzer Hand von seinem Vorhaben abkommt, um kurzfristig einem anderen Ziel zu folgen... oder zählt das schon wieder als zweiter Hauptstrang?

Das Aufbauen und Festigen von Freundschaften hätte ich nicht gedacht, dass das sogar ein eigener Hauptstrang werden könnte... O.o

Wie "groß" muss ein Strang denn sein, damit man es schon als Hauptstrang bezeichnen kann, ab wann ist es nur ein Nebenstrang, ab wann fällt etwas überhaupt nicht mehr ins Gewicht?

Okay, nur einen Handlungsstrang, da kann ich verstehen, dass es schnell langweilig wird. Habt ihr aber eine "Technik" mit der ihr für euch selbst herausfindet, ab wann zu viele Nebenstränge exestieren? Ich meine, als Autor selbst kennt man seine Welt ja besser, die Charaktere, ihre Ziele, etc. und für den Autoren selbst ist das Ganze vielleicht schlüßiger und übersichtlicher, als es am Ende für den Leser tatsächlich ist.

Handlungsstränge in der Mitte aufzulösen bedeutet ja nicht gleich, dass der Charakter sich dann auf die faule Haut legen kann, während der andere noch weiter seine Ziele verfolgt. Sagen wir, jemand hat es sich zum Ziel gemacht, Antworten über den Tod eines Freundes zu finden... nach einigen Abenteuern und Enttäuschungen findet besagter Prota heraus, was er wissen will und könnten sich nicht dadurch neue Stränge ergeben? Oder wird so etwas gar nicht als eigener Strang gesehen, sondern als ein Ganzer, der sich auf vorherigem aufbaut, zusammensetzt und wächst?

Vielen Dank für all eure Antworten :)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: sirwen am 27. März 2011, 17:46:15
ZitatIch habe immer gedacht, dass Haupthandlungsstränge der "Rote Faden" sind, der sich durch das Buch zieht, zB das Retten der Welt.
Und Nebenstränge sind dann eben alles, was auf dem Weg dorthin passiert, zB das in die Fänge des Atagonisten geraten, um von dort Hilfe zu bekommen und einen neuen Gefährten zu finden... eben solches, das dazu beiträgt, um den Haupthandlungsstrang am Ende zu erfüllen bzw erst dorthin zu gelangen - oder vielleicht nicht einmal das, vielleicht sogar nur etwas, das nebenher anfällt, wenn jemand den Protagonist um Hilfe bittet, dass dieser denn diese Forderung nicht abschlagen kann und kurzer Hand von seinem Vorhaben abkommt, um kurzfristig einem anderen Ziel zu folgen... oder zählt das schon wieder als zweiter Hauptstrang?
Tja, das ist in der Tat schwierig zu definieren. Ich glaube, es kann auch mehrere Haupthandlungsstränge geben (s. wie schon genannt Osten Ard, Song of Ice and Fire, Otherland ...), und je nachdem, wie sehr sich der Leser mit den einzelnen Figuren identifizert, kann es schwanken. Da würde ich mich auch nicht auf Regeln fixieren, sondern schauen, was für deine Geschichte passt. Natürlich ist es nett, wenn die Handlungsstränge am Ende (oder auch zwischendurch) zusammenkommen, wichtig ist jedenfalls, dass sie vor allem inhaltlich ein angemessenes Ende finden, d.h., dass alle Ereignisse so passieren mussten, um zu diesem Ende zu führen.
Wenn sie nichts miteinander zu tun haben, kannst du gerade so gut zwei einzelne Bücher schreiben.

Also, von 1 bis sagen wir Mal 20 ist da viel möglich.  ;D Aber um den Leser nicht zu überfordern, würde ich unter 10 bleiben. Das hängt dann auch vom Umfang der Geschichte ab. Bei Mehrteilern hat man logischerweise auch mehr Zeit für die einzelnen Stränge und Figuren. Generell würde ich behaupten, wenn du eine charakterbasierte Geschichte hast, weniger Stränge besser sind. Bei Handlungs-/Ideenorientierten Geschichten, wo das Kernthema eine übergeordnete Rolle spielt, können auch mehr möglich sein. (Das aber nur als Orientierungshilfe, Ausnahmen gibt es immer)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Runaway am 27. März 2011, 17:46:44
Die Verwirrung versteh ich! Um Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich Google bemüht, damit wir begrifflich hier nicht so ein Chaos haben.
Das Internet versteht unter Handlungssträngen das gleiche wie ich weiter oben:
http://autorenforum.montsegur.de/cgi-bin/yabb/YaBB.pl?num=1199193193 (http://autorenforum.montsegur.de/cgi-bin/yabb/YaBB.pl?num=1199193193)
http://www.rettmann.de/html/handlungsstrang.html (http://www.rettmann.de/html/handlungsstrang.html)

Das, was du hier also wissen willst, bezieht sich - wenn man danach geht - nicht auf Handlungsstränge, sondern auf... ja. Und jetzt brauchen wir ein Wort dafür. Verwicklungen? Szenen? Handlungsabschnitte?
Toll! Ich hantier jeden Tag damit und hab keinen Namen dafür! ;D

Da ich jetzt aber erst richtig ahne, was dein Problem ist, kann ich auch eine bessere Antwort darauf geben. Wann ist es zuviel? Wenn du selbst den Überblick nicht mehr behältst. Wenn du so viele Figuren und deren Handlungen beschreibst, daß du die selbst nicht mehr sortiert kriegst, ist es zuviel.
Mal wieder ist der Herr der Ringe ein super Beispiel dafür... wenn man sich das mal überlegt: Eigentlich geht's ja "bloß" nach Mordor. Aber bis dahin kriegt der gute Professor uns 1000 Seiten Mittelerde angekramt mit gefühlten 85 Umwegen, 153 Nebenfiguren und mindestens 30 Unterhandlungen.
Bei historischen Romanen (Rebecca Gablé, daran denke ich jetzt) gibt's das auch oft. Oder wer auch total viel Krimskrams erzählen konnte und dabei die eigentliche Haupthandlung öfter mal aus den Augen verloren hat, ist Christopher Paolini in Eragon.

Ich denke, das ist bis zu einem gewissen Punkt Geschmackssache, aber ab diesem gewissen Punkt nervt's nur noch. In Fantasy hat man es leider sehr oft, daß der eigentlich stringente "ich geh dann mal nach Mordor"-Weg durch ein Labyrinth von Nebenhandlungen führt, die man getrost streichen könnte, ohne daß es einer merkt (und wie Peter Jackson für die Verfilmung auch gemacht hat, z.B. mit Tom Bombadil. Fand die halbe Welt furchtbar, ich fand's gut. Denn der war nie wichtig für die Handlung).

*trommelwirbel*
Und ich denke, DAS ist die alles entscheidende Preisfrage. Hat diese Nebenhandlung, die ich da gerade erdenke, auch wirklich irgendwas mit meiner Haupthandlung zu tun? Ist die zielführend? Ist die unersetzlich?
Wenn man das alles nicht mit ja beantworten kann - weg damit.
Ich persönlich bevorzuge es, dem roten Faden ziemlich konsequent zu folgen und nur schmückenden Beirat hinzuzufügen, der gewinnbringend ist und bei dem man es merken würde, wenn man ihn streichen würde.
Wenn man das macht, hat man automatisch nicht dieses oben beschriebene Chaosgewusel. Denn das ist es, was ich bei Fantasy als seeehr störend empfinde - wenn der Autor nicht zum Punkt kommt. Tom Bombadil hier, andere schöne Welt da, drittes Volk dort drüben ... irgendwann ist das ermüdend und der Leser fühlt sich auch gewissermaßen an der Nase herumgeführt. Also so geht's mir.

ZitatWie "groß" muss ein Strang denn sein, damit man es schon als Hauptstrang bezeichnen kann, ab wann ist es nur ein Nebenstrang, ab wann fällt etwas überhaupt nicht mehr ins Gewicht?
Keine Ahnung. Mir wurscht! Über solche Formalia mache ich mir keine Gedanken. Ich wüßte jetzt auch gar nicht, was ich davon hätte, wenn ich sowas wüßte. Wer hilft mir auf die Sprünge?
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Leo am 27. März 2011, 20:31:15
Zitat von: Runaway am 27. März 2011, 17:46:44Das, was du hier also wissen willst, bezieht sich - wenn man danach geht - nicht auf Handlungsstränge, sondern auf... ja. Und jetzt brauchen wir ein Wort dafür. Verwicklungen? Szenen? Handlungsabschnitte?
Toll! Ich hantier jeden Tag damit und hab keinen Namen dafür! ;D
Ich habe das bisher immer eine "Plotline" genannt, aber terminologisch ist das wohl Blödfug. Vielleicht "Handlungsgang"? Jedenfalls eine Abgeschlossene Einheit innerhalb des Plots, wie zum Beispiel eine Liebesgeschichte.
Wenn wir beispielsweise einen Handlungsstrang haben, der eine Gruppe von Helden durch ein Land schickt, um einen bösen Herrscher zu entthronen, könnte eine solche dazu gehören, ebenso wie der Kampf gegen den Herrscher und seine Handlanger, denen sie zwischendurch begegnen, was der Haupthandlungsgang wäre, daneben spontane Jungfrauenrettungen, Rätsel von alten Brückenwächtern, und womit sich Helden sonst noch so herumschlagen müssen.
Ein socher Handlungsgang könnte sich auch über mehrere Handlungsstränge erstrecken, zum Beispiel wenn die Helden sich aufteilen und auf verschiedene Weise gegen den Bösewicht vorgehen.

Ich hoffe, ich habe jetzt richtig verstanden, was gemeint ist. Wenn ja, dann denke ich, dass eine Geschichte schon zwei oder besser drei Stück davon haben sollte, damit es nicht einseitig wird. Mehr als zehn aber auch eher nicht, weil es sonst ein Flickenteppich aus Nebensächlichkeiten wird. Handlungsgänge sollten nicht für sich selbst stehen, sondern irgendeinen Sinn erfüllen - am besten in dem sie den Plot voranbringen, oder zumindest indem sie wichtige Details illustrieren (Charaktere, Welt, ...)

LG, Leo
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Runaway am 27. März 2011, 21:02:45
Zitat von: Leo am 27. März 2011, 20:31:15
Ich habe das bisher immer eine "Plotline" genannt, aber terminologisch ist das wohl Blödfug.
Never! Das ist ganz grandios. Meins heißt "Storyline" ;D

Ansonsten ist es dir gelungen, sehr schön knapp formuliert zu Papier zu bringen, wozu ich eben zu doof war! ;) Kann dir da nur voll zustimmen.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Pamina am 27. März 2011, 22:04:45
Entweder bin ich jetzt vollkommen draußen, oder aber ich habe es jetzt verstanden, denke ich. O.o xD

Im Groben zusammengefasst also:
Handlungsstränge sollten immer einen Sinn haben - okay, hätte ich mir jetzt auch denken können :wums:
Sie sollten miteinander verbunden sein und zum Ende beitragen.
Die Menge hängt individuell von der Geschichte ab, es sollten aber nicht allzu viele sein und ich selbst muss auf jeden Fall den Überblick behalten.
Dem roten Faden folgen.
Handlungsgänge können geteilt werden.

Die von euch genannten Beispielromane kenne ich leider nicht, aber ich denke, ich werde die Tage mal in die Bücherei Tappern und mich mal danach umschauen, an solchen Beispielen kann man sich ja noch immer am besten orientieren :P

Zitat von: Runaway am 27. März 2011, 17:46:44
Keine Ahnung. Mir wurscht! Über solche Formalia mache ich mir keine Gedanken. Ich wüßte jetzt auch gar nicht, was ich davon hätte, wenn ich sowas wüßte. Wer hilft mir auf die Sprünge?

Eigentlich ist das wirklich bloß Formalia und für die Geschichte als solche überhaupt nicht wichtig.
Aber ich möchte meinen Plot jetzt ganz genau durchplanen können, bisher schreibe ich mich immerzu "an die Wand" und komme irgendwann nicht mehr weiter, deshalb möchte ich meinen Plot durchstrukturiert haben und ausarbeiten, dann erst mache ich mich ans Schreiben, um nicht wieder hängen zu bleiben. Und so bin ich auch auf die Sache mit den Handlungssträngen gestoßen, plötzlich war alles so verwustelt, dass ich selbst beim Planen den Überblick verlor und überhaupt nicht mehr wusste, was nun zum Hauptstrang gehört und was nicht.

Nachdem was ich hier alles gelesen habe, glaube ich, dass ich durchaus viel zu viele Handlungsstränge habe O.o
Am besten, ich fange noch einmal ganz von Vorne an, mit dem Planen :D


Ich danke euch allen für eure Hilfe, ihr habt mir sehr weitergeholfen :)
Liebe Grüße
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Tanja am 29. August 2017, 19:14:15
Hallo alle zusammen,

ich habe das Thema ausgegraben, weil ich eine Frage dazu habe:

Wie plant ihr mehrere Handlungsstränge, die parallel verlaufen?

Ich habe folgende Idee:
Durch ein Ereignis verändert sich das Leben der sieben Protagonisten - es ist von vorneherein klar, dass sie alle durch dieses Ereignis miteinander verbunden sind, es ist nur offen, wie.
Im Laufe der Handlung wird dann abwechselnd aus jeder Perspektive wie ein Puzzle klar, wie alles zusammenhängt und am Ende treffen alle aufeinander zum Showdown.

Wie würdet ihr so eine Handlung strukturieren?
Wie plant ihr eine Handlung mit mehreren Charakteren? (in diesem Fall sind alle gleich wichtig für die Handlung, sie sind quasi Teil eines Ganzen)

Plant ihr für jeden Charakter einen Handlungsstrang mit Crossover-Punkten zu anderen Charakteren?
Oder würdet ihr die Geschichte bis zu einem bestimmten Punkt nur aus einer Sicht erzählen und erst später die Perspektive wechseln? (Daran würde mich stören, dass ich mit Rückblicken arbeiten müsste, also die Handlung ähnlich wie in "8 Blickwinkel" erzählen müsste)

Ich bin im Moment etwas ratlos, wie ich das Projekt angehen soll. (Es spukt mir schon sehr lange im Kopf herum)

Vielen Dank für eure Antworten!
Tanja
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Churke am 29. August 2017, 20:58:03
Deine glorreichen Sieben sind ziemlich viele Protagonisten. 100 Seiten für einen Protagonisten sind nicht viel. Wenn du jedem den gleichen Raum einräumst  - was du im Prinzip musst, wenn sie gleichwertig sein sollen - hast du schon mal 700 Seiten.  :o
Das halte ich innerhalb eines Romans für nicht beherrschbar.
Um das in den Griff zu kriegen, muss man die Handlungsstränge möglichst früh zusammen führen. Man kann sie auch zunächst zu 2 oder 3 Gruppen zusammen führen.

Habe ich in der Art mehrere POVS, halte ich mich an ein starres Schema ABCDABCD und das auch unbedingt ein. Es zwingt einen, die Figuren auch wirklich gleichwertig zu behandeln. Im Prinzip entwickle ich jeden Handlungsstrang mit Plot und Figuren separat, als ob es die andere Seite nicht gäbe. Ich weiß nur schon, wie sie zusammentreffen, und arbeite mich dann dorthin.

Rückblenden halte ich der Konstellation für einen Plot-Killer. Das kann in einem Fall funktionieren. Dafür geht es 9 anderen Fällen in die Hose.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Dämmerungshexe am 29. August 2017, 21:29:16
Also mit sieben POV wird es in einem Roman wirklich sehr eng, da stimme ich Churke zu. Jeder macht ja eine gewisse Entwicklung durch, es sei denn, du willst dich nur auf ein paar von ihnen konzentrieren oder ein paar davon miteinander kombinieren.

Ich gehe bei meinen Handlungssträngen meist chronologisch vor. Wenn sich Handlungen zeitlich überschneiden, schaue ich, wie sie dramaturgisch besser zusammenpassen - welche Infos sollten zuerst kommen, sind sie sich inhaltlich oder funktional ähnlich (also: habe ich zuviele gleichartige Szenen - Dialoge, Action, Atmosphäre - auf einem Haufen?).

Ein festes Schema habe ich dafür nicht, aber ich habe mir in meiner Kapitelübersicht farblich markiert wer wann dran ist - wenn das optisch ausgewogen wirkt, passt es für mich. Das sieht in etwas so aus: Übersicht (http://www.mona-seiffert.net/wp-content/uploads/2016/04/plot_ubersicht.jpg)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Elona am 30. August 2017, 09:49:19
Sieben POV halte ich auch für sehr gewagt. Das sind sieben Geschichten, die erst einmal parallel laufen und an die sich der Leser nach jedem Wechsel noch dran erinnern muss. Mit allen sonstigen Charakteren, Informationen und Hintergründen. Das kann natürlich funktionieren, muss aber nicht.

Vor dem Hintergrund würde ich auch dringend von Rückblenden absehen. Die müssten dann noch zusätzlich zu o.g. vom Leser verarbeitet werden. 

Ansonsten kann ich nur wenig zu "planen" sagen, da ich eher zu den Bauchschreibern gehöre. Klar plotte ich dann irgendwann auch, aber da halte ich mich an kein Schema. 

Nur so eine Idee, aber auch gewagt, jeden POV nach einander erzählen und beim Letzten laufen alle zusammen. A, B (hier taucht eventuell schon B auf), C (gegen Ende eventuell schon A,B) ... Dann hat der Leser zusätzlich ein Wiedererkennen der vorherigen POV oder man kann auch den folgenden POV so einführen/"ankündigen". Das wäre dann vermutlich auch eher das, was du mit Crossover Punkten gemeint hattest oder?
Wenn ich es mir recht überlege, eine solche Geschichte würde ich tatsächlich auch im Vorfeld planen und mich dann eher wie Churke strikt an meine Einteilung usw. halten. Ansonsten sehe ich dabei die Gefahr, dass man sich zu sehr verzettelt. 
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Soly am 30. August 2017, 10:07:15
Im Grunde kann ich Churke und Dämmerungshexe [Edit: Elona hat es inzwischen auch schon gesagt] auch nur zustimmen - sieben sind schon einige, vor allem, wenn sie alle gleichwertig stehen sollen. Möglich ist es aber schon, wenn die nötige Vorausplanung da ist.
Ich fände es da am Wichtigsten, dass die Charaktere sich sehr grob voneinander unterscheiden lassen. Das kann ihr Aussehen sein, ihr Glaube, irgendein Gadget, ein Tick, eine bestimmte Formulierung, die nur zu einem einzigen gehört. Vielleicht war das sogar beabsichtigt, aber bei den von Churke erwähnten Glorreichen 7 (im Remake vom letzten Jahr) hatte auch jeder einzelne ein ganz deutliches Alleinstellungsmerkmal; Schwarzer, riesiger Hüne, Krimineller, Scharfschütze mit PTBS, Messerkämpfer, Kartenspieler, Indianer. Noch deutlicher ist das bei Gruppen wie den Avengers.
Man kann auch mit Formatierungen und Typografien arbeiten, oder mit Erzählperspektiven - auf jeden Fall muss der Leser in den ersten Zeilen des neuen Kapitels wissen, wer gerade POV ist und an welcher Stelle er ihn/sie zuletzt verlassen hat. Dann ist meiner Meinung nach auch ein 700-Seiten-Pamphlet mit sieben gleichberechtigten Protas machbar.

Noch einfacher wird es, wenn jeder Strang einem ähnlichen Aufbau folgt - Ereignis->Ausloten der Folgen->Infos zum Ereignis->Story of Initiation mit weiteren Infos->Showdown. Dann hat man als Leser auch bei jedem Einzelnen eine Vorstellung, wo er/sie gerade steht. Kann man auch mit leichter Zeitverschiebung erzählen, so dass einige POVs eher am Ort des Showdowns sind als andere, dann fällt die schematische Arbeit nicht so sehr auf.
Da böten sich auch gewisse Leitmotive an, die alle sieben Strängen innewohnen (ein Symbol als Anhänger/Armband/Ring/Brosche; ein bestimmtes Setting, das alle jeweils durchlaufen in ihrer Reise; etc.), so wie auch der Tesserakt eine Rolle in der Vorgeschichte (fast) jeden Avengers spielt.


Christopher Nolan würde wahrscheinlich im Showdown einsteigen und im Zuge vieler Rückblenden, die über derartige Leitmotive verbunden sind, die Geschichte der POVs erzählen... Wäre auch eine Möglichkeit, wenn es gut geplottet und erzählt ist, aber ist bestimmt anstrengend. :hmmm:
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Churke am 30. August 2017, 10:52:08
Zitat von: Solmorn am 30. August 2017, 10:07:15
Noch einfacher wird es, wenn jeder Strang einem ähnlichen Aufbau folgt - Ereignis->Ausloten der Folgen->Infos zum Ereignis->Story of Initiation mit weiteren Infos->Showdown.

Ich würde den Aufbau auf jeden Fall variieren. Klar scheint ein symmetrsicher Aufbau zunächst logisch und symmetrisch. Jedoch ist ein Plot an sich bereits charakterbildend. Mit gegensätzlichen Plots bekommen die Figuren eine erweiterte Chance, sich bis zum Zusammentreffen eigenständig zu entwickeln.
Das ist halt die Frage: Erzählt man die Geschichte der glorreichen Sieben oder die Geschichten der sieben Glorreichen?  ;)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Zit am 30. August 2017, 12:56:30
Hm, ich denke auch, dass sieben Figuren händelbar sind, wenn man sie als eine Figur betrachtet. Um bei den Avengers zu bleiben: Da macht ja nicht jeder die 7 Punkte durch, manche Figuren verändern sich nur marginal (Bruce und Romanoff im zweiten Film) oder tauchen kaum auf (Hawkeye im ersten Film). Der Main Plot wird letztlich von allen getragen. Beim Wolkenatlas war das, denke ich, auch so, dass sich die Plotpunkte auf alle Figuren verteilten.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Soly am 30. August 2017, 14:18:45
Zitat von: Zitkalasa am 30. August 2017, 12:56:30
Hm, ich denke auch, dass sieben Figuren händelbar sind, wenn man sie als eine Figur betrachtet. Um bei den Avengers zu bleiben: Da macht ja nicht jeder die 7 Punkte durch, manche Figuren verändern sich nur marginal (Bruce und Romanoff im zweiten Film) oder tauchen kaum auf (Hawkeye im ersten Film).

Wobei außer den beiden S.H.I.E.L.D.-Agenten ja jeder Avenger schon mindestens einen eigenen Film hatte, in dem jeder so ziemlich exakt dieselbe Entwicklung durchgemacht hat. Und trotzdem sind sie in der Gruppe völlig verschiedene Charaktere.
Insofern fände ich es auch unbedenklich, zumindest ähnliche Handlungsabläufe für die sieben zu haben, oder auch Variationen desselben Handlungsgerüstes, @Churke. So wie ich das verstanden habe, hat Tanja zuerst die sieben Glorreichen - so wie das MCU zuerst Tony Stark, Steve Rogers, Bruce Banner und Thor hatte - die später im Finale zu den Glorreichen Sieben zusammenfinden - so wie das MCU jetzt die Avengers hat.
Und wenn die sieben allesamt durch dasselbe Ereignis überhaupt erst in die Story geworfen werden; ist es dann nicht sogar wahrscheinlich, dass sie zumindest ähnliche Entwicklungen durchmachen, zumal sie am Ende ja auch wieder am selben Punkt rauskommen sollen?
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Trippelschritt am 30. August 2017, 15:43:13
Zitat von: Pamina am 27. März 2011, 13:59:11
Hallo ihr lieben,

Meine Frage bezieht sich auf Handlungsstränge im Allgemeinen, was wird als Handlungsstrang bezeichnet, was als Haupt- und was als Nebenstrang?
Wie viele Handlungsstränge sollte ein Roman mindestens haben, ab wann wird es unübersichtlich?
Müssen die einzelnen Handlungsstränge etwas miteinander zu tun haben, müssen sie aufeinander aufbauen, müssen sie am Ende alle zusammen führen?
Sollten alle Handlungsstränge am Ende "aufgelöst" werden oder kann man die ersten nach und nach bereits am Anfang bzw in der Mitte auflösen? Müssen überhaupt alle aufgelöst werden?

Wie seht ihr das, bzw wie handhabt ihr das? Habt ihr vielleicht einige Tipps? Mich überfordert das Ganze ein bisschen :p

Liebe Grüße :)


Hallo Pamina,

viel ist nicht dazu zu sagen. Der Hauptstrang ist die Handlung des Protagonisten, die Nebenstränge beziehen sich auf die Entwicklung der Nebenfiguren oder die Entwicklung um eine Idee/Gegenstand etc.
Eine Geschichte sollte mindestens einen Strang haben, es sei denn, es ist experimentelle Literatur oder Dadaismus oder eine Kunstform. Viele Romane, die in der Ich-Perspektive geschrieben werden haben nur einen Strang.
Wie viele maximal? So viele Du möchtest, so lange der Leser ihnen noch folgen kann. Dicke Bücher vertragen mehr als dünne Bücher. George Martin hat es aber leider übertrieben. So dicke Bücher gab es dann nicht mehr, die seine Stränge aufnehmen konnten (sagte die Buchbinderei).

Alle anderen Fragen, wie Du mit Deinen Strängen umgehst, hängt von Deiner Geschichte ab. Alles ist möglich, wenn es funktioniert.

Viel Glück
Trippelschritt
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: canis lupus niger am 30. August 2017, 17:59:33
In meinem letzten Roman hatte ich vier kapitelweise wechselnde Perspektivträger. Die Handlungsstränge habe ich einzeln zu schreiben begonnen und geplottet (Mach ich tatsächlich in der Reihenfolge  ;D) und erst, nachdem ich etwa ein Drittel der Rohfassung fertig hatte, ineinander gehäkelt. Der Grund dafür war der, dass ich mir anfangs noch nicht genau über die Reihenfolge der Kapitel und damit über die Chronologie der Erzählung im Klaren war.

Das Buch hat keine 400 Seiten, aber vielleicht liegt das daran, dass zwei der Perspektivträger miteinander verheiratet sind und sie natürlich Manches gemeinsam erleben, bzw. der Leser mit den Augen des einen sieht, was dem anderen Charakter passiert. So gesehen passt das mit den 100 Seiten bei mir auch ungefähr.  ;)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Zit am 30. August 2017, 19:50:08
@Solomorn

Hm, ich denke nicht, dass es exakt diesselbe Entwicklung ist, weil sonst hätte man am Ende sieben Mal denselben Charakter. Jede Figur wird vermutlich mit gleichen/ ähnlichem Problemen konfrontiert (was an den 7 Punkten und anderen Dingen liegen kann), entwickelt sich auch in eine ähnliche Richtung, ist aber letztlich ihr eigener Charakter. Dass sie die Entwicklung in ihren eigenen Filmen durchmachen, ist durchaus ein Punkt. :hmmm: (Romanoff hatte bisher noch keinen Film, oder?) Aber wenn man jetzt nur einen Roman schreiben will; da würden volle 7 Punkte für jede Figur und danach nochmals die Haupthandlung doch zu viel werden, denke ich. Hm, entweder man verlegt die Entwicklungen außerhalb der Handlung (was dumm für den Leser ist; und noch ganz dumm für den Autor, wenn er dann mit 8 Bänden dasteht ;D), oder die Figuren entwickeln sich einfach nicht. Muss ja auch nicht jede Figur machen. (Verändern können sie sich ja trotzdem.) Je nach Sujet ist das dann von untergeordneter Rolle.
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Tanja am 30. August 2017, 20:04:07
Herzlichen Dank, das hilft mir sehr weiter!

Unterscheiden kann man die Protagonisten auf jeden Fall eindeutig - sie sind unterschiedlich alt, unterschiedlicher Herkunft und jeder beherrscht (ohne es anfangs zu wissen) eine Elementarmagie.

Meine Idee erinnert mich am Ehesten an "Die 4400" (falls jemand die Fernsehserie kennt). Da wäre eure Idee, möglichst früh Handlungsstränge zusammenzuführen bzw. sich auf einzelne zu konzentrieren schon sehr gut.

Zur Zeit weiß ich noch nicht, wie ich es angehen soll - es liegen hier schon etliche Notizen herum und sobald ich mein aktuelles Projekt will ich anfangen - mir juckt es in den Fingern, einfach loszuschreiben, weil ich die Idee so greifbar vor Augen habe, dass ich es beinahe als Film vor mir sehen kann.
Ich weiß aber auch, dass dabei die große Gefahr besteht, dass ich mich "festschreibe", wenn ich dann irgendwann bei Protagonist drei merke, dass es irgendwie nicht so zusammenkommt, wie ich mir das vorgestellt habe.
Anfang und Ende stehen in meinem Kopf klar fest, einige Hauptwendepunkte der Charaktere auch. Zum Teil habe ich das aufgeschrieben, aber auch nur zum Teil.
Ich neige dazu, ganze Geschichten im Kopf zu entwickeln, bevor ich mir Notizen mache. Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Viele Grüße
Tanja
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Churke am 30. August 2017, 21:09:10
Zitat von: Tanja am 30. August 2017, 20:04:07
Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Nein.
In Fachkreisen nennt man das "Inpsiration".  ;)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Soly am 30. August 2017, 21:18:31
Zitat von: Churke am 30. August 2017, 21:09:10
Zitat von: Tanja am 30. August 2017, 20:04:07
Ich warte auf den "Aha"-Moment, wenn sich die ganze Handlung wie ein Puzzle vor meinen Augen zusammensetzt.
Klingt das jetzt total verrückt?

Nein.
In Fachkreisen nennt man das "Inpsiration".  ;)

Unter Laien und Außenstehenden kennt man das Phänomen auch als Inspiration, auch wenn das terminologisch woanders herzukommen scheint ;) ;)

Edit: Sorry, den konnte ich mir einfach nicht verkneifen... ;D
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Belle_Carys am 31. August 2017, 09:09:28
Ich gebe hier mal noch meinen Senf dazu, sage aber vorweg, dass der Vorschlag sich daraus ergibt, wie ich arbeite und was ich als Leserin von einem Buch mit komplexer Struktur erwarten würde.

Sieben Handlungsträger sind sehr viel, vor allem wenn sie eventuell noch symbolisch aufgeladen sind (das ist jetzt nur meine Vermutung weil du Elementmagie erwähnst) und wenn der Clue der Geschichte vor allem darin liegt, dass sich erst nach und nach enthüllt, wie diese sieben Leute miteinander und der Haupthandlung in Verbindung stehen. Struktur ergibt sich meiner Erfahrung nach aber nicht magisch aus dem Herunterschreiben, sondern muss geplant werden, weil dieses Vorhaben sehr viele Stolpersteine in sich birgt. Ein paar Fragen die sich mir beim Angehen eines solchen Vorhabens sofort stellen würden sind:



Was ich mit dieser Liste sagen will: ich halte es für sehr angebracht, hier sehr sehr gründlich zu plotten und zu planen. Ich LIEBE Romane die mit ihrer Struktur spielen und die mich dazu treiben, immer weiter zu lesen weil ich endlich wissen will, wie das alles zusammen hängt. Ich werde aber auch wahnsinnig schnell sauer, wenn ich merke, der Autor hat entweder selber keinen Plan oder aber die Zusammenhänge sind eigentlich so transparent, dass das ganze einfach so versteckt wird, dass er/sie mir gar keine Chance gibt, selbst ein wenig mit zu rätseln, weil jeder zielführende Hinweis die ganze Sache sofort aufdecken würde.

Du sagst ja, dass du Anfang und Ende schon hast. Aber deine Struktur, die ja letztendlich das zentrale Element ist, trägt vor allem den Mittelteil. Ich würde daher wirklich empfehlen, den gründlich zu planen, denn ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich etwas so komplexes "magisch" plötzlich vor deinem inneren Auge zusammen setzt, ohne das hinterher ein aufmerksamer Leser das komplette Ding zerlegen könnte, weil es lauter Inkonsistenzen aufweist.

Abschließend: das ist KEINE Bewertung deiner Fähigkeiten. Würde ich mir nie anmaßen. Ich durfte nur bereits feststellen, wie schwerwiegend sich strukturelle Spielereien auf den Plot auswirken, wenn man sie behalten will, und habe damit eine grandiose Bruchlandung hingelegt, weil mir zwar klar war, wie ich es haben wollte und wer welche Aufgabe dabei hatte, aber nur sehr unzulässig das WIE und WARUM geplant hatte - handwerklich also recht nachlässig war, weil mich die tolle Idee komplett abgelenkt hat. Dementsprechend sind das hier Erfahrungswerte, die ich gerne weiter gebe, um anderen zu ersparen, erst ein Manuskript zu schreiben und dann die ungefähr fünffache Zeit zu brauchen, den Plotsalat zu retten.

Lange Rede, kurzer Sinn: Gehen 7 Protagonisten, deren Bedeutung für das Hauptgeschehen erst nach und nach aufgedeckt wird? Auf jeden Fall. Aber: es dürfte verdammt viel harte Arbeit sein, und eine gründliche Planung bedingen. Oder aber ein sehr sehr dezidiertes Nachbearbeiten, wenn das Manuskript erstmal steht (denn das geht natürlich auch. Erstmal alles runter schreiben und dann hinterher alles gerade rücken. Da ich damit aber gerade die Erfahrung mache, dass das dann letztendlich darin ausartet, dass man das ganze Ding nochmal schreibt, nur unter veränderten Bedingungen, würde ich aus schmerzhafter Erfahrung zu Variante eins raten  :rofl: ).

So oder so: Viel Erfolg!
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Tanja am 31. August 2017, 09:46:47
ZitatDazu auch: was ist das THEMA der Geschichte?

Es geht darum, dass am Anfang ein Ganzes (Eine Göttin) durch Einwirken der Menschen in sieben Bestandteile zerbricht. Die Menschen bemerken das nicht, es wirkt sich nur insofern auf ihr Leben aus, dass auf einmal die sieben Bruchstücke in Form von sieben Magiern mit unterschiedlichen Talenten an unterschiedlchen Orten auftauchen und das zu verschiedenen reaktionen der menschen führt: Verehrung, Verachtung, Missachtung, Verfolgung, Rassenhass usw. im Bezug auf die Person. Außerdem führt es zu Spannungen zwischen den Ländern, die die einzelnen Magier und ihre Fähigkeiten für sich beanspruchen.

Thema ist es, wie Menschen mit anderen Menschen (den Magieren) umgehen, die besondere Fähigkeiten haben, sprich: Welche Ausirkungen hat es, wenn ein Volk eine "Waffe" in Form eines Magiers in die Hände bekommt, wie behandelt sie den Magier - erehrt sie ihn, zwingt sie ihn, seine Macht gegen andere zu wenden?
Bleibt die Menschlichkeit dabei auf der Strecke oder setzt sie sich letzten Endes durch?
Darf man einen Menschen als Waffe benutzen - wenn man die besten Absichten hat?

Zitatdu wirst dir lange und sehr gründlich überlegen müssen, wie du dem Leser all diese Figuren vorsetzt und wie du deine Struktur und die Prämissen deines Hauptthemas/ der zu Grunde liegenden Gesamthandlung so stark und so interessant machst, dass der Leser dir verzeiht, dass er ständig neue Leute kennen lernt und nur bedingt an der Seite derer bleiben darf, die er im Idealfall schon ins Herz geschlossen hat

Das denke ich auch - vor allem, da der Mittelteil immer mein großer Pferdefuß ist


Zitatich halte es für sehr angebracht, hier sehr sehr gründlich zu plotten und zu planen
Danke! Vor allem für den Mittelteil muss ich das auf jeden Fall machen - im Moment weiß ich nur noch nicht, wie ich es anpacken soll.

ZitatAbschließend: das ist KEINE Bewertung deiner Fähigkeiten. Würde ich mir nie anmaßen. Ich durfte nur bereits feststellen, wie schwerwiegend sich strukturelle Spielereien auf den Plot auswirken, wenn man sie behalten will, und habe damit eine grandiose Bruchlandung hingelegt, weil mir zwar klar war, wie ich es haben wollte und wer welche Aufgabe dabei hatte, aber nur sehr unzulässig das WIE und WARUM geplant hatte - handwerklich also recht nachlässig war, weil mich die tolle Idee komplett abgelenkt hat. Dementsprechend sind das hier Erfahrungswerte, die ich gerne weiter gebe, um anderen zu ersparen, erst ein Manuskript zu schreiben und dann die ungefähr fünffache Zeit zu brauchen, den Plotsalat zu retten.

Ich würde das auch nie als Bewertung verstehen - ich bin dir dankbar für die Offenheit!
Ich kenne das Gefühl, sich komplett festgeschrieben zu haben und dann nie wieder Lust auf eine Überarbeitung zu haben.

Danke auch für eure Inspiration  ;)
So hätte ich das gar nicht gesehen. Wenn ich Menschen, die nicht schreiben manchmal von meinen Ideen und Gedanken erzähle, starren sie mich manchmal an und ich habe das Gefühl, sie können mir nicht mehr folgen und auch nicht genau verstehen, warum ich mir sowas überhaupt ausdenke.
Da bin ich froh, wenn ich hier unter lauter anderen (ganz positiv gemeint!) Verrückten bin  :)

Viele Grüße
Tanja


Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Zit am 31. August 2017, 12:47:56
 :hmmm: Das sind alles Ansätze bisher, mir klingt das mehr nach High Fantasy/ Social Fantasy als nach Mystery. Im Moment scheinen mir die sieben Magier auch mehr McGuffins zu sein als handlungstragende Figuren. Wenn es dir um die gesellschaftlichen Auswirkungen geht, sind die Magier als Perpsektivträger vielleicht auch eher weniger interessant. Bspw. wollen sie sich selbst kaum als Kriegsmaschinen benutzen, da ist ein machtgieriger König schon interessanter. Oder ein Ritter, der zwischen Ehre und dem (ethischen) Zerfall des Königs steht. Oder eine Nonne, die plötzlich feststellt, dass ihre Gebete an die Göttin nicht erhört werden und sich aufmacht, das Wieso herauszufinden. Was wollen denn die Magier, streben sie wieder zueinander?
Und jetzt das große ABER: Es ist deine Geschichte. Nur Versuch macht kluch. ;)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Belle_Carys am 31. August 2017, 15:58:33
Zitat von: Zitkalasa am 31. August 2017, 12:47:56
:hmmm: Das sind alles Ansätze bisher, mir klingt das mehr nach High Fantasy/ Social Fantasy als nach Mystery.

Hm, da habe ich mich eventuell etwas wenig klar ausgedrückt. Dem Genre nach klingt das für mich auch ganz klar nach Fantasy, welcher Ausprägung auch immer. Aber auch Fantasyromane können Mystery-/Rätselplots haben Wie kriege ich den Oberbösen tot? ist ja auch eine Art Rätselplot, denn für gewöhnlich gehen die Figuren Hinweisen nach, sammeln Informationen, sitzen falschen Fährten auf und bekommen es im Idealfall am Ende raus un erfolgreich umgesetzt. Ich bin da in meinen persönlichen Haus- und Hofdefinitionen aber auch sehr vom writingexcuses podcast geprägt, von daher einfach immer dran vorbei lesen, wenn es für jemanden nicht passt.

Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Aphelion am 01. September 2017, 10:53:37
Zitat von: Belle_Carys am 31. August 2017, 09:09:28
oder du schreibst von Anfang an auktorial, was aber ein harter Brocken und für viele Leser ungewohnt ist, weil es heute kaum noch benutzt wird, und wenn, dann häufig unfreiwillig oder schlecht. Hat aber den Vorteil dass man in Köpfen hüpfen und Eindrücke von verschiedenen Figuren geben kann
Das kann auch ein personaler Erzähler mit wechselnden Perspektiven. Ein solcher Erzähler zählt auch noch als personaler Erzähler. :) Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der auktoriale Erzähler "in den Erzählvorgang ein[greift]" (Quelle s.u.), während der personale Erzähler nur die Perspektive der Figur(en) wiedergibt, ohne eine eigene Perspektive einzubringen.

Alternativ ginge für den Anfang und das Showdown auch eine neutrale Perspektive, bei der der Erzähler gar nichts berichtet, was nicht äußerlich wahrnehmbar ist.

Ich habe zur Sicherheit nochmal nachgesehen, dafür steht bei mir auf dem Schreibtisch das "Deutschbuch – Orientierungswissen" von Cornelsen, herausgegeben von Bernd Schurf. (Schleichwerbung? :D) Ich möchte damit nur sagen, dass ich mir das nicht ausgedacht habe und die Quelle zuverlässig ist. Und ich persönlich finde das Buch auch wirklich praktisch für so etwas. :)
Titel: Re: Handlungsstränge
Beitrag von: Tanja am 03. September 2017, 16:21:27
Vielen Dank für eure Anregungen!

Bisher habe ich noch gar nicht daran gedacht, aus einer anderen Perspektive zu schreiben als aus der, die für mich meine sieben Hauptprotagonisten sind.
Aber da die sieben am Anfang genauso hilflos und unwissend sind wie der Leser und auch ihr Verhalten für den Leser am Anfang eher untypisch sein wird (da sie verängstigt und unsicher sind), könnte das vielleicht zu viel sein und eine andere Sichtweise helfen.
Auch werde ich nochmal gründlicher durchdenken, wie die sieben sich unterscheiden, um sie klarer voneinander zu trennen. Ich habe erst durch eure Fragen gemerkt, wo es noch hängt - vielen Dank!

Viele Grüße
Tanja