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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Cailyn am 17. März 2017, 14:51:48

Titel: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Cailyn am 17. März 2017, 14:51:48
Ich habe mal eine Frage zu Füllwörtern, da ich gerade an meiner Schlussüberarbeitung meines Buches bin.

Man soll sie ja meiden, sagt man, und das macht auch Sinn, da Füllwörter den Text nur unnötig aufblähen. Aber da meine Protagonistin die Ich-Erzählerin aus dem 19. Jahrhundert ist, scheint es mir hier schon fast nötig, mehr Füllwörter als sonst zu gebrauchen, um ihrem "Sprachtouch" etwas näher zu kommen. Die Menschen redeten und sprachen damals nun mal etwas "füllender".
Was denkt ihr darüber?

Und wie haltet ihr es mit Füllwörtern in Dialogsätzen?
Auch da halte ich es ein wenig moderater, lasse mehr Füllwörter zu, damit der Dialog echter wirkt.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Shedzyala am 17. März 2017, 15:09:26
Ich glaub zu "Keine Füllwörter" kann man dasselbe sagen wie zu "Keine Adjektive": Es kommt darauf an ;)

Ich lese mir in der Schlusskorrektur jeden Satz einmal laut mit und einmal ohne Füllwörter (und Adjektive) vor und entscheide dann rein subjektiv nach Satzmelodie. Erfahrungsgemäß würde ich sagen, das gut 70% meiner ursprünglichen Füllwörter dabei rausfliegen, aber die, die bleiben, bin ich auch bereit bis zum Äußersten zu verteidigen :snicker:

Und gerade bei historischen Erzählungen gehört ja auch die Sprechweise zum Flair, von daher – ohne deine Geschichte zu kennen – würde ich jetzt einfach mal drauf tippen, dass du mehr Füllwörter stehen lassen kann, als man bei einem Hard-SciFi-Roman zulassen würde. Denn die irgendwie verspielte, unkonkrete Sprache gehört ja dazu.

Und bein Dialogsätzen bin ich ohnehin der Meinung, dass Natürlichkeit an erste Stelle gehört, zumindest aber weit über irgendwelchen Schreibregeln zu stehen hat. Nicht haut einen schneller aus dem Lesefluss als gestelzte Dialoge.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Jen am 17. März 2017, 15:13:58
Ich finde Füllwörter in der wörtlichen Rede angemessen, wenn sie einem gewissen Stil und Zweck folgen und nicht nervig sind. Da ich bezweifle, dass in deinem Text die heutzutage beliebten »halt« und »ja« gehäuft vorkommen, frage ich mal ganz vorsichtig: Welche Füllwörter meinst du? :) Die "ganz langen" wie »nichtsdestotrotz«, »abermals« und »bekanntlich«? (Edit: Und wie Shed gerade richtig schrieb: Füllwörter können helfen, dass Sätze nicht zu gestelzt klingen! *nick*)

Wenn ich meine Füllwörter rauskloppe, mache ich das mit diesem Tool: http://www.schreiblabor.com/fuellwoerter-test/ (http://www.schreiblabor.com/fuellwoerter-test/). Ich gebe meinen Text ein, schiebe das Browser-Fenster neben meinen Roman und gehe Füllwort für Füllwort die Zeilen ab, um unerwünschte und überflüssige »so«s und »also«s auszusortieren. Häufig werden aber Wörter angekreidet, die notwendig sind, z.B. das »aber« in diesem Satz. Das lasse ich dann natürlich drin. Nichtsdestotrotz (jetzt wollte ich das Wort unbedingt benutzen!) kann ich das Tool empfehlen, weil man sonst eine Menge übersieht. Ich hoffe, das hilft dir ein wenig. :)
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Zit am 17. März 2017, 15:14:59
Warum ergibt es Sinn, Füllwörter zu meiden? In den Listen, die so im Internet kursieren, tauchen auch Wörter wie aber, allerdings, etc. auf – also (siehste) alles Wörter, die Sätze flüssig verbinden. Um ehrlich zu sein, wüsste ich auch gar nicht wie ich einen Widerspruch ohne Aber schreiben sollte. ;D (Mensch, jetzt waren die anderen schneller. ;P)
Denke eher, dass es ein Verhältnisproblem ist. Bei fünf Sätzen vier mit Aber zu haben, kann mehr ein Anzeichen mangelnder Abwechslung sein als dass es tatsächlich "aufgebläht" ist. Normalerweise streiche ich Wörter nur, wenn sie zur Aussage des Satzes nichts beizutragen haben oder ihn gar verwässern.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Evanesca Feuerblut am 17. März 2017, 15:15:57
In Dialogen gilt für mich generell "Aber wenn der nun mal so spricht?"
Füllwörter sind ja nicht per se böse. Was ich immer überprüfe beim Überarbeiten - mein Programm streicht mir ja alle Füllwörter erstmal pauschal durch - ist Folgendes: Würde sich etwas an der Bedeutung des Satzes ändern, wenn ich das Wort an dieser Stelle weglasse?
Wenn die Antwort nein lautet, muss das Füllwort weg.
Wenn die Antwort ja lautet, dann lasse ich es, wo es ist. Ein zusätzliches "aber" oder "trotzdem" oder auch "so" kann aus einer trockenen Aussage Sarkasmus, Zynismus, pure Häme oder Galgenhumor machen.
Das Schwierige besteht also vor allem darin, zu erkennen, wo das vermeintliche Füllwort semantisch notwendig ist und wo nicht. Nur dann, wenn der Satz ohne keinen Informationsgehalt verliert, ist es eins :).

Und wenn deine Protagonistin ihre Sätze gerne mit ein paar hauchfeinen Noten subtiler Unterscheidungen würzt, kann das in Maßen sehr reizvoll sein. Solange es nicht in Massen geschieht und überfrachtet wirkt. Aber das kriegst du bestimmt hin!
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Aphelion am 17. März 2017, 15:23:57
Gute Frage.

Grundsätzlich halte ich die Bezeichnung ,,Füllwörter" für problematisch, denn diese Wörte dienen nicht nur der Füllung. Sie können auch helfen, einen Text verständlicher und damit lesbarer zu machen.

Im Zweifelsfall ist der Sprachrhythmus ein guter Indiaktor, den ich gerne nutze.

Es gibt auch Analyse-Tools. rechtschreibprüfung24.de bietet z.B. eine solche Auswertung an. Die Werte solcher Analysen sind eine gute Orientierungshilfe.

Allerdings finde ich nicht, dass das entscheidende Sprachmerkmal des 19. Jahrhunderts ausgerechnet die Füllwörter sind. Vielleicht fallen sie dir dort nur stärker auf? Viele Füllwörter, die damals gebräuchlich waren, sind heute selten(er) oder gelten als gehoben(er) – aber dafür benutzen wir ständig andere Füllwörter und dadurch bemerkst du sie vielleicht nur nicht so deutlich.

Edit: Meine Antwort hat sich mit anderen überschnitten, aber ich lasse die Tool-Empfehlung trotzdem drin. ;)
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Churke am 17. März 2017, 16:05:36
Füllwörter haben eine stilistische Bedeutung. Die Frage ist nur, ob sich der Sprecher bzw. Autor dieser Bedeutung bewusst ist.

Im Übrigen halte ich Füllwörter für eine eher moderne Entwicklung. Füllwörter sind meistens kurz und zeichnen sich durch Redundanz aus. In einem "klassischen" Stil bemüht man sich eher um Knappheit und versucht, diese durch komplexen Satzbau und komplizierte Grammatik zu erreichen.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Miezekatzemaus am 17. März 2017, 16:16:07
Bei mir kommt das auch darauf an, wie meine Charaktere reden. Ich überarbeite gerade ein Buch, in dem meine sehr junge (erwachsene) Protagonistin durchaus Gebrauch von Füllwörtern und natürlich auch von beschreibenden Adjektiven macht, weil es zu ihrer Sprache passt und weil sie dadurch lebendiger wirkt. So verhält es sich auch mit meinen anderen Charakteren. Klar gibt es diejenigen, die sehr nüchtern und rein informativ sind und sprechen, aber ich habe mehr Spaß am Lesen, wenn der Text flüssig und in sich stimmig wirkt, was für mich ein Effekt ist, der (unter anderem) durch Füllwörter hervorgerufen wird.
Es gibt allerdings sicher auch Füllwörter, die ich hasse und die ich immer meide. Ich würde niemals einen Charakter "Halt" außerhalb der Bedeutung von "Stopp!" verwenden lassen. "Weil das halt so war." Das klingt für mich einfach doof. "Eben" dagegen hat so ziemlich genau die gleiche Bedeutung, hört sich in meinen Ohren viel besser und außerdem deutlich gehobener (wenn auch nicht zu gehoben) an und darf in meinen Texten deshalb gerne Verwendung finden.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: caity am 17. März 2017, 17:14:39
Es gibt ja Tools, mit denen man sich "Füllwörter" anzeigen lassen kann und die auch Beispiele von bekannten Autoren liefern. Bei der Letter-Factory (http://www.letter-factory.com/elektorat.php) findet sich unter anderem Goethe, der ja etwa deiner Zeit entsprechen sollte @Cailyn. Interessanterweise ist Prozentual gesehen gar kein so großer Unterschied zwischen den verschiedenen Zeiten zu sehen. Dialoglastige Texte scheinen aber tatsächlich mehr Füllwörter zu enthalten.
Grundsätzlich ist Deutsch eine Sprache, die im Vergleich zu anderen Sprachen viele Füllwörter kennt und auch verwendet. Ich habe mich früher eine Zeit lang bemüht, Füllwörter so gut es ging zu streichen. Das hatte zur Folge, dass meine Texte häufig holperten. Mittlerweile verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl. Ein Textabschnitt muss beim leisen oder lauten Lesen melodisch klingen. Stört mich ein Füllwort, schmeiße ich es raus. Fehlt mir eines, setze ich es dazu. An eine bestimmte Regel halte ich mich nicht mehr und fühle mich damit deutlich wohler als noch zu der Zeit, da ich sie auf Teufel komm raus reduzieren wollte  ;D Ich denke, um sich der Bedeutung von Füllwörtern bewusst zu werden, ist es durchaus hilfreich, sich auf sie zu konzentrieren und ihre "Daseinsberechtigung" zu hinterfragen. Letztlich gibt es aber meiner Meinung nach keine "da mehr - da weniger"-Regel.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Cailyn am 17. März 2017, 20:29:12
Danke für eure Antworten.

Ja. das Schreiblabor nutze ich auch. Ist manchmal ganz praktisch. Aber ich finde es auch aufwändig, den ganzen Text so durchzugehen.

Shedzyala
Ja, das mit dem Flair ist auch ein Hauptanliegen von mir. Ich habe lustigerweise sogar stellenweise Füllwörter eingefügt, die ich sonst nicht verwenden würde, weil man daran den Geist der Zeit so schön erkennt.

Aphelion und Churke
Nein, im 19. Jahrhundert waren Füllwörter kein Merkmal. Aber Füllwörter können auf einfache Weise ein (wie Shedzyala sagt) altmodisches Flair in moderne Sätze bringen. Ich habe bei meinem Text bemerkt, dass ein paar Füllwörter - vor allem in Dialogen - die old-fashioned-Wirkung deutlich erhöhen. Es spielt dann gar nicht so eine Rolle, ob sie damals Füllwörter benutzten oder nicht. Schreiben wie im 19. Jrh. will ich ohnehin nicht. Es geht mehr um die Wirkung als um geschichtlich korrekte Authentizität.

Mietzekatzmaus
Ja, es gibt auch Grenzen, was Füllwörter anbelangt. "Halt" würde ich auch nie benutzen. Das ist dann halt ( ;)) schon Umgangssprache.

Caity
Ja, ich habe den Füllwörter-Anteil von Göthe gesehen. Satte 8-komma-irgendwas %. Bei meinem Textausschnitt waren es nur 4.2  ;D
Das mit dem Holpern kenne ich auch. Es nimmt dem Text den Fluss, und ich denke, das ist für viele Leser auch nicht angenehm.

Evanesca Feuerblut
Du sagst was ganz Wichtiges mit dem Informationsgehalt. Ich glaub, daran werde ich mich halten, wenn ich den Text nochmals im Detail durchackere.

Zitkalasa
Nein, übertreiben würde ich es auch nicht, weder mit Füllwörter benutzen, noch mit streichen. Aber das Mittelmass zu finden, finde ich dennoch schwer.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Aphelion am 17. März 2017, 22:00:07
Zitat von: Cailyn am 17. März 2017, 20:29:12
Ich habe bei meinem Text bemerkt, dass ein paar Füllwörter - vor allem in Dialogen - die old-fashioned-Wirkung deutlich erhöhen.
Mir geht es auch nicht darum, dass du authentisch schreiben sollst, das hast du falsch verstanden.

Flair entsteht (u.a.) durch Wortwahl und Satzbau, vollkommen unabhängig davon, ob deine Wörter Füllwörter sind oder nicht. :)
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Klecks am 18. März 2017, 10:01:59
Füllwörter sind so ein Thema, bei dem ich mich frage: Wer hat eigentlich entschieden, dass man Füllwörter vermeiden sollte und dass Füllwörter zu benutzen als nicht so optimal angesehen wird?  :hmmm:  Und ich frage mich das als jemand, der von sich glaubt, eher wenige davon zu benutzen. Ich mag nur diese großen und kleinen "Vorschriften" rund ums Thema Schreiben generell nicht, weil sie den Stil einschränken, den man eventuell hat. Auch, weil das etwas so Individuelles ist - genau wie die Frage, was "zu viele Adjektive" bedeutet. Meine erste Lektorin hat mich für meinen emotionalen, gefühlsbetonten Schreibstil gelobt. Meine zweite Lektorin hat mir Adjektivitis diagnostiziert und fand es furchtbar. Bei allem gibt es ein "zu viel", also auch bei Füllwörtern und Adjektiven, aber solange ein Absatz nicht nur so davon strotzt, würde ich mir darüber keine Gedanken machen, vor allem, wenn man das Gefühl hat, dass es zur Prota/zum Prota passt. Dass das passt, ist für mich die oberste Priorität.  :D
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Czara Niyaha am 18. März 2017, 11:26:50
Ich neige oftmals dazu es mit meinen Füllwörtern zu übertreiben. Mir würde es glaube ganz gut tun, hin und wieder mal auf meine emotionale Bremse zu treten.  ;)

Zitat von: Klecks am 18. März 2017, 10:01:59
Meine erste Lektorin hat mich für meinen emotionalen, gefühlsbetonten Schreibstil gelobt. Meine zweite Lektorin hat mir Adjektivitis diagnostiziert und fand es furchtbar. Bei allem gibt es ein "zu viel", also auch bei Füllwörtern und Adjektiven, aber solange ein Absatz nicht nur so davon strotzt, würde ich mir darüber keine Gedanken machen, vor allem, wenn man das Gefühl hat, dass es zur Prota/zum Prota passt. Dass das passt, ist für mich die oberste Priorität.  :D

Ich denke, das Beispiel von Klecks trifft es auf den Punkt. Es kommt immer auf den Leser an, wie er das Geschriebene empfindet. Es gibt Menschen, die werden von der Welle der Emotionen  mitgerissen und dann gibt aber jene, und ein Gefühl sagt mir, das dass vermutlich der größere Teil ist, die lieber Texte lesen, die nicht so lyrisch geprägt sind, sondern mehr durch Handlung und Aktion leben. Aber vielleicht liege ich ja auch falsch mit meiner Vermutung, dann lasse ich mich gerne eines besseren belehren! Ich will mit meiner Aussage keinesfalls die Qualität eines Textes anzweifeln. Ich bin der Meinung, dass jeder seinem Schreibstil treu bleiben soll, was aber nicht heißt, dass man Kritik und Tipps anderer nicht nutzen sollte, um sich zu verbessern.

Füllwörter/Adjektive ja, aber in einem ausgeglichenen Mittelweg! (Den ich derzeit selber noch suche... *hust*, wie mir ein aktuelles Projekt zeigt!)
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Carl am 19. März 2017, 13:05:56
Die Satzmelodie ist entscheidend. Wenn ich beim laut lesen stolpere dann bleibt das Füllwort drin, wenn ich den Satz nicht umstellen kann. Sonst wird ein Roman zu einem wissenschaftlichen Bericht.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Tinnue am 19. März 2017, 13:41:05
Da jetzt schon recht viel dazu geschrieben wurde, will ich gar nicht so tief darauf eingehen. Ich muss gestehen, ich habe leider gar nicht so Zeit, mir alle Beiträge so genau durchzulesen, um jetzt auf etwas einzugehen ohne, dass ich evtl etwas falsch interpetiere.
So ein Universalgesetzt seh ich da nicht. Wenn ich lese oder selbst etwas schreibe, habe ich oft das Gefühl "Oh,das bläht nur unnötig auf", dann empfinde ich es auch als Füllwört und würde es gern aus dem Projekt/dem Roman streichen, den ich in der Hand halte. Widerum hatte ich manchmal Texte gelesen, die mir durch das "Ich darf nicht zu viele Adjektive etc nutzen" etwas leblos und kühl erschienen. Ich meine, ja, wenn alles voller Adjektive und sehr blumig ist, gewinnt der Text dadurch auch nicht (immer), da wirkte mir manches auch zu überladen. Aber, und das "Problem" hatte ich eine Zeit lang selbst, zu versuchen das auf Teufel komm raus zu vermeiden, ist auch nicht unbedingt immer das Wahre. Manchmal ist ein Wort vielleicht nicht unbedingt nötig, es passt aber vielleicht zu der Sprache, der Zeit, dem Charakter, dem Stil des Buches, vielleicht doch hin und wieder welche zu setzen, auch wenn sie vielleicht nicht 100% nötig sind. Gerade beim Charakter kann es sein, dass die Art zu sprechen oder die geschriebene Sprache ihm oder dem Roman mehr Individualität verleiht, weil die Wortwahl/Sprache das noch einmal unterstreicht und abrundet.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Tejoka am 19. März 2017, 15:37:51
Ich kann allen meinen Vorrednern nur zustimmen.  :winke: Ich glaube, ich hatte ein ähnliches Problem wie Tinnue früher und habe zu viele Füllwörter gestrichen. Aber sie gehören halt (sorry) zur Sprache dazu und es geht, wie hier oft erwähnt, mehr darum, sie richtig einzusetzen, als alle zu streichen.
Schließlich sind alle unsere Texte (oder zumindest die große Mehrzahl) so geschrieben, dass sie von einem Erzähler erzählt werden. Ob das jetzt Ich-Erzähler, personaler oder auch auktorialer ist. Also zeigen Füllwörter nicht nur im Dialog, wie jemand spricht.
Außerdem kann man sie vielleicht auch benutzen, um Charaktere zu unterscheiden. Zum Beispiel auch unterschiedliche Perspektivträger. Das muss nicht mal ein Tick sein, bei dem jemand immer ein bestimmtes Wort benutzt. Aber Unterschiede im Gebrauch von Füllwörtern können helfen, ihnen unterschiedliche Stimmen zu geben und diese zu entwickeln. Denke ich mir zumindest, ich würde nicht sagen, dass mir das schon gelungen ist :P


Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Cailyn am 20. März 2017, 10:27:14
Ja, ich sehe das ähnlich, Tejoka. Ich habe gestern mal den Versuch gewagt, in einem Kapitel die meisten Füllwörter zu streichen. Das wirkte dann nicht mehr so flüssig und passte auch nicht mehr zum Erzählstil meiner Ich-Erzähl-Prota. Ich denke, ich lasse die Füllwörter drin und streiche jetzt nur ein paar wirklich überflüssige.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Barra am 08. Juli 2017, 16:36:08
WAH! Der Füllwörtertest ist ja eine ganz schön fiese Sache. Ich dachte mir grad: Alles klar: schau es dir mal an. Textexemplar reingehauen und hinten übergekippt.
Wörter: 2471 - darin 11.17% Füllwörter

Direkt ein anderes Textbeispiel, eines, das schon mindestens eine Überarbeitung erfahren hat.
2453 - 8,15%
*aufatme - es scheint schon besser zu werden. Jetzt noch auf 5% und das ist dann akzeptabel?

,,aber, auch, dann, doch, hätte, oder, so" sind die mit den Spitzenwerten. Dabei ist das doch allein schon so ein schöner Satz! *Ironie off
Mit den Füllwörter und den Adjektiven ist es wirklich ein Wahnsinn.

Momentan bin ich da eher fokussiert auf bestimmte Worte, die ich nicht mehr sehen mag, wie ,,eigentlich". Muss ich zugeben, generell fuchse ich mich in das Themengebiet noch ein, was wann wo stehen bleiben soll und wo unter Umständen eins fehlt, um eine Betonung zu geben (ihr hattet es erwähnt, um sogar Ironie hervorzuheben.)
Fuchs. Das erste Beispiel oben mit meinen 11%, das sind bestimmt 75% Äußerungen und Gedankengänge des Charakters, der in dem Textschnipsel Fuchs heißt bei mir. Die ist so durchgeknallt, wenn ich der die ganzen offenen Gedanken, abgebrochenen Sätze, Füllwörter, Adjektive und kruden Ideen und Stichwortumleitungen wegnehme, ist sie einfach nicht mehr das verrückte, theatralisch aufgeblasene Eichhörnchen auf Kaffee. Klar, dass der stoische Hauptmann der Wache da viel einsilbiger ist und präziser. Der käme auch nie auf die Idee sein neues Zimmer mit Worten zu beschreiben. Der sieht zweckmäßiges Mobiliar und befindet es mit einem Nicken für zufriedenstellend, wohingegen Fuchs erst mal eine halbe Stunde jeden Winkel erkundet und erzählt was sie in welche Ecke stellen wird und wie sie die Wände anmalen wird. Und Fuchs erzählt das dann auch alles lang und breit, auch wenn keiner mehr zuhört. Selbst ich als ihre Autorin verschwinde dann und lass sie weiter plappern. Die Figur kann man keinem Leser antun in voller Pracht (und Retalin gibt's in der Welt/Zeit nicht).

Schätze ich schließe mich hier auch der Fraktion an: Manche Charaktere haben's nötig und von Wort zu Wort überprüfen. Satzmelodie fand ich in dem Zusammenhang auch sehr gut als Methode.
Bin gespannt wie sich das bei mir entwickelt. Vielleicht muss man aber auch einmal dadurch, das lese ich so ein wenig aus euren Erfahrung raus. Einmal den Text ganz konsequent einkürzen und Blähmasse entfernen, es bewusst mal holprig werden lassen, damit man überhaupt erst das Gespür entwickeln kann, wo es doch wieder gebraucht wird.
In meinen Schulaufsätzen früher, hat mein Lehrer mir gern gewisse Füllwörter angestrichen, mit der Bemerkung: ,,Das ist hier keine Geschichte." Also war mein Rückschluss: ,,Nun", ,,denn" und andere Worte darf ich dann in meinen Geschichten sehr wohl benutzen. Ich finde: darf man auch, nur eben in einer überschaubaren Menge, die jedem Wort auch eine gewisse Wichtigkeit verleiht. Wenn man übertreibt und nicht darauf achtet, geht ja auch der Reiz an manchen Betonungen verloren und das ist dann schade. Auch in der wörtlichen Rede - wenn's nicht grad der voll durchgeknallte Spaßvogel vom Dienst ist, dem ich da eine gewisse Absicht in der Verwendung vieler Worte unterstelle, dann kann man auch die Dialoge würzen und schärfen damit.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Archivarin am 09. Juli 2017, 10:11:12
Hmmm. Ich habe auch gerade einen meiner Texte in den Füllwörtertest gekippt:
Wörter gesamt: 2193
Füllwörter: 203 (9.26%)  :no:
Als ich dann durchgegangen bin, naja, einige davon hätte ich streichen können. Aber bei vielen dachte ich mir beim Lesen: Das hier brauche ich aber, du fieses Programm!
Es ist auch ein Ich-Erzähler. Vielleicht brauchen die ein bisschen mehr Füllwörter, weil sie ja die ganze Zeit am "Reden" sind?
Ich werde das mal beobachten. Ist auf jeden Fall eine interessante Sache.

Ah, und hab jetzt gerade noch einen anderen meiner Texte reingeworfen, der keinen 1. Person-Erzähler hat, und der kam mit 6.29% raus. Dann gibt es ja doch noch Hoffnung für mich.  :)
Spass beiseite, ich schliesse mich den Vorrednern an, einen stimmigen Text kann man bestimmt nicht am Prozentsatz der Füllwörter erkennen. Für mich ist der Test trotzdem ganz schön interessant, weil ich mir die Füllwörter vorher noch nie wirklich getrennt angeschaut habe.
Titel: Re: Füllwörter - wann ja, wann nicht
Beitrag von: Angela am 09. Juli 2017, 15:15:39
Bei mir war das so eine Entwicklungsgeschichte.
Erst kamen alle Füllwörter raus, die nicht nötig sind, weil die ja 'böse' sind, nun mache ich es mittlerweile mit mehr Abwägung; was stört mich und was nicht. Wörtliche Rede sollte auf die Person zugeschnitten sein: Also kann das schon sein, dass da jemand echt viel massig Füllwörter nutzt.