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Eure schlechten Formulierungen beim Schreiben

Begonnen von Carolina, 04. Oktober 2017, 09:31:41

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Carolina

Ich befinde mich gerade bei der Endkorrektur meines neuen Romans. Und bei jedem Buch entwickele ich Marotten, die den Schreibfluss stören oder einfach nicht schön klingen.

Unter diesem Post würde ich solche Dinge gern sammeln, mit dem Ziel, dass man sich vielleicht wiedererkennt oder auch Lösungen findet, wie man Stilschwächen vermeiden kann.

Ein paar Beispiele:

- In meinem letzten Buch fingen viel zu viele Sätze mit ABER an. Ich ersetze es jetzt teils durch DOCH, manchmal passt auch ALLERDINGS. Oder ich formuliere den Satz oder den gesamten Absatz komplett um.

- Am Anfang meiner Autorenkarriere begann ich Relativsätze oft mit WO, obwohl das nur selten passt, z.B. bei Ortsangaben. Ein Tribut an die Region, in der ich lebe. Im Sprachgebrauch machen das die Menschen hier andauernd.

- Inquit-Formel: Gerade benutze ich ziemlich oft "gestehen". "Ich weiß nicht, was ich will", gestand Marita. Es passt zwar an den Stellen, wo ich es verwende, kommt aber beunruhigend häufig vor.

- Sich: Ich weiß nie, wo es am besten hingehört. Schließlich machte Mark es sich auf der Couch bequem / Schließlich machte sich Mark es auf der Couch bequem. Meist korrigiere ich es hinterher noch mal, wahrscheinlich auch zweimal hin und her in zwei Durchgängen.

Und dann gibt es in jedem Buch Formulierungen, die immer wieder vorkommen. Ich hatte schon Bienen, die mehrfach auftauchten (warum, weiß ich nicht mehr), in meinem zweiten Buch zitterten übermäßig häufig die Knie (ein Virus?  :hmmm:), in diesem Buch schütteln alle ständig den Kopf. Es gab auch schon hochgezogene Augenbrauen, die gar nicht mehr den Weg in ihre normale Position fanden. Ach ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.
Vielleicht ist es auch gar nicht so wild und mir fällt es jetzt auf, weil ich den Text X Mal gelesen habe. Trotzdem ist es bei jedem Buch eine andere Marotte. Natürlich hat jeder Charakter andere Angewohnheiten, und wenn Andreas nun mal immer die Stirn in Falten legt, dann ist das bei ihm halt so. Allerdings steckt er die anderen Protagonisten mit seinem Verhalten an, und dann wird es irgendwann zu viel.

Wie ist das bei euch?

Ertappt ihr euch auch bei solchen Dingen? Und wenn ja, vielleicht schlage ich gleich die Hände über dem Kopf zusammen und denke: Oh, Mist, das mache ich auch ständig ...



Churke

Das halte ich alles für mehr oder weniger normal. So etwas sortiert man bei Überarbeitungen aus.

Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
- Sich: Ich weiß nie, wo es am besten hingehört. Schließlich machte Mark es sich auf der Couch bequem / Schließlich machte sich Mark es auf der Couch bequem.

Im Deutschen ist man in der Wortstellung ziemlich frei. Das ist mehr eine Stilfrage. Ich würde mir darüber keine Gedanken machen.

Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
Und dann gibt es in jedem Buch Formulierungen, die immer wieder vorkommen. Ich hatte schon Bienen, die mehrfach auftauchten (warum, weiß ich nicht mehr), in meinem zweiten Buch zitterten übermäßig häufig die Knie (ein Virus?  :hmmm:), in diesem Buch schütteln alle ständig den Kopf. Es gab auch schon hochgezogene Augenbrauen, die gar nicht mehr den Weg in ihre normale Position fanden. Ach ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.

Lektoren (und wahrscheinlich auch Leser) erwarten heute solche Formulierungen, um dem Geschehen "Tiefe" zu verleihen und die Reaktionen/Emotionen der Figuren zu charakterisieren.
Ich persönlich bin anderer Meinung. Ich halte das für nichtssagende Leerformeln, die man aus einem begrenzen Vorrat herausgreift und sich damit mehr oder weniger zwangsweise wiederholt. Ich versuche, solche Formulierungen grundsätzlich zu vermeiden.

gbwolf

#2
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 09:31:41
- Am Anfang meiner Autorenkarriere begann ich Relativsätze oft mit WO, obwohl das nur selten passt, z.B. bei Ortsangaben. Ein Tribut an die Region, in der ich lebe. Im Sprachgebrauch machen das die Menschen hier andauernd.
Klingt wirklich nach Heimatfilm. "Da wo die Berge sind". ;)

Vor einer Ewigkeit hatten wir einen ähnlichen Sammelthread: Beginner's Mistakes For Runaways - Anfängerfehler für Fortgeschrittene
Die Fragestellung ist ähnlich und die Diskussionen sehr interessant, die sich daraus ergeben haben. Also, inwieweit man es übertreiben kann, mit der Fehlerkorrektur und wie weit man korrekt bleiben kann, ohne die Lesbarkeit aus den Augen zu verlieren.

Edit: Link-Tag korrigiert.

Carolina

#3
@Churke

Für mich haben die Formulierungen mehrere Bedeutungen. Sie stellen Emotionen dar, sie bringen Abwechslung in ewig gleiche Inquit-Formeln und sie können dem Leser Eigenheiten der Figuren näherbringen.

Ist halt nur eine Frage der Dosis. Und wenn ich in zwei Tagen über meinen ganzen Roman lese, dann habe ich hinterher das Gefühl, dass 1000 Augenbrauen gehoben wurden.

@Nadine

Wenn man jede Schreibregel beachtet, alle Adjektive streicht, etc. pp., dann bleibt am Ende oft ein nackter Text übrig. Wie immer kommt es auf die Balance an.

Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.

Feuertraum

#4
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.

Entweder beim Post eines anderen rechts oben die Gänsefüßchen anklicken (dann wird alles zitiert)
Oder eine Textstelle kopieren und dann die viereckige Sprechblase anklicken  (über den Smileys, mittlere Reihe, vierte von rechts) und zwischen den beiden quote den Text einfügen

Oder vor dem zu Zitierenden in eckigen Klammern das Wort quote und am Ende des zu Zitierenden wieder in eckigen Klammern ein / und das Wort quote.
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Carolina

Zitat von: Feuertraum am 04. Oktober 2017, 12:06:56
Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Wenn ich mich jetzt noch erinnern könnte, wie man zitiert ... herrje.

Entweder beim Post eines anderen rechts oben die Gänsefüßchen anklicken (dann wird alles zitiert)
Oder eine Textstelle kopieren und dann die viereckige Sprechblase anklicken  (über den Smileys, mittlere Reihe, vierte von rechts) und zwischen den beiden quote den Text einfügen

Oder vor dem zu Zitierenden in eckigen Klammern das Wort quote und am Ende des zu Zitierenden wieder in eckigen Klammern ein / und das Wort quote.

Danke! Das mit den Gänsefüßchen ist am einfachsten.

Churke

Zitat von: Anja am 04. Oktober 2017, 11:52:36
Für mich haben die Formulierungen mehrere Bedeutungen. Sie stellen Emotionen dar, sie bringen Abwechslung in ewig gleiche Inquit-Formeln und sie können dem Leser Eigenheiten der Figuren näherbringen.

Ja, aber es bleiben Textbausteine, die dem Autor kreatives Nachdenken ersparen. Es gibt meistens individuellere Ausdrucksmöglichkeiten, mit denen man sich weniger wiederholt.  Die muss man aber erst suchen.

Denamio

#7
Im Wahnsinn habe ich eine Weile Geschichten in der Ich-Perspektive geschrieben. Grundsätzlich spannend und kein Problem, aber an nahezu jeder Stelle bin ich darüber gestolpert wie man das umsetzen könnte. Dabei entsteht oft das Problem wie man Handlungen und Meinungen umschreibt ohne ständig "Ich" und "mein" zu benutzen. Daraus entstanden laufend perverse Satzkonstrukte.

Idee: Heldin schaut einen Kerl nach einer ausgeteilten Ohrfeige mitleidig an.
Erste Version: "Ich sah ihn mitleidig an"
> Meh, da ist ein Ich drin. Weg damit.
Zweite Version: "Mein mitleidiger Blick traf ihn"
> Schauder. Außerdem ist da ein mein drin.
Dritte Version: "Der Kerl fing sich einen mitleidigen Blick"
> Okay, ich und mein sind raus, aber von wem kommt der Blick jetzt?
Vierte Version: "Der Kerl fing sich einen mitleidigen Blick von mir"
> Ja! Gut! Nein! Mir! Verdammt! Argh.

Im Vorteil, mit der Zeit kamen echt kreative Ansätze heraus wie man sowas umschreiben kann. Der Nachteil: Der Lesefluss geht weinen. Meine Lösung war es Beschreibungen an der Stelle einzufügen, wenn zuviele Handlungen und Kommentare der Heldin aufeinander folgten. Ich und mein sind manchmal einfach notwendig, will man nicht Satzmonster erschaffen. Also dann:

> Ich knallte ihm eine. Was Ohrfeigen anging war das oberste Qualität. Der Sound war satt, die Reaktion reines Gold wert. Mit feuchten Augen stammelte er vor sich hin und schob die Unterlippe vor, "A-a-aua!"
Das zweite was er sich fing war mein mitleidiger Blick. usw.

Auf lange Sicht hat dieses ständige Umschreiben wegen Wiederholungen mir geholfen meinen Stil zu finden, selbst jetzt wo ich nicht mehr in der Ich-Perspektive schreibe. Dennoch passieren auch weiterhin ähnliche Stilkatastrophen in den Texten. Spaßeshalber habe ich Worthäufigkeiten analysiert und festgestellt, dass ich überdurchschnittlich oft von Augen spreche. In einem vollen Manuskript etwa 100 Erwähnungen mehr als das zweithäufigste, was selbst schon zu oft benutzt wurde. Seitdem versuche ich das zu vermeiden wo es geht und falle prompt in andere Wörter die zu oft auftauchen.

Sascha

ZitatAch ja, und gelacht und gegrinst wird irgendwie auch häufig.
Eine überarbeitete Version meines Erstlings hieß: Kurt_entgrinst.odt
Soviel zum Grinsen. ;D
(Inzwischen suche ich grundsätzlich in einem halbwegs fertigen Manuskript erst mal nach "grins".)

Außerdem ist mir in Teil 2 beim letzten Korrekturlesen vor der VÖ (doch schon ...) aufgefallen, daß gleich zwei meiner Leute fliegen können.
Also, eigentlich rennen sie, aber ich hab beide Male geschrieben "Sie/Er flog förmlich über das Pflaster". Zum Glück liegen dazwischen über 200 Seiten ...

Ary

Solche Lieblingswörter, nach denen ich immer meine Entwürfe durchforste, sind für mich nicken, seufzen und lächeln. Himmelnochmal, man kann doch auch anders Zustimmung bekunden als durch ein Nicken, das in den meisten Fällen gar nicht nötig ist. Ich habe mal darüber meditiert, wie oft ich eigentlich selbst nicke, um Zustimmung auszudrücken. Ergebnis: fast nie. Ich sage "ja" oder "okay", brumme ein zustimmendes"mhm" oder sage irgendwas anderes, aber ich nicke höchst selten.
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Yasrena

"Würde, wäre, hätte ..." ich verwende phasenweise schrecklich oft den Konjunktiv 2 - was regelmäßig dazu führt, dass ich später ganze Abschnitte, die mir während des Schreibens unverzichtbar erschienen, komplett wieder rausschmeisse.
Außerdem seufzen meine Protagonisten zu viel - mal laut, mal leise, mal frustriert, mal müde, mal nachdenklich, mal traurig - irgendetwas zu seufzen gibt es seltsamerweise dauernd.

Und unsinnige Bindestriche sind ebenfalls eine viel geliebte Marotte ;)

Ein durchgängiges Rezept dagegen habe ich leider noch nicht gefunden. Umschreibungen sind leider oft haarsträubend umständlich, so dass ich letztendlich oft entweder damit leben oder löschen muss.

Jen

Was mir bei meinen Geschichten leider immer wieder auffällt: Zu gerne beginne ich Sätze mit einem Namen oder Er/Sie. Das ist doch völlig öde!  :-[ Das ist schon fast repetitiv, aber irgendwie nie so krass, dass es die Leser/Betaleser/Kritiker bemängeln. Irgendwie komisch.
Guilty feet have got no rhythm.

Zit

@Jen Vielleicht sind die Leser das durch die vielen Übersetzungen gewöhnt? Fällt mir zumindest immer mal wieder auf, dass zeitgenössische, englische Literatur häufig mit He/She anfängt. Gerne auch mehrere Sätze hintereinander.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Jen

Fragt sich dann nur, woher ich das habe, weil ich fast gar nicht lese.  ::) Andererseits finde ich viele andere Formulierungen recht hochgestochen.
"Zackig marschierte sie durch den Schnee", oder so etwas in der Art, möchte ich nicht allzu oft haben. Aber vermutlich übertreibe ich auch gerade und mir kommt es nur so vor, weil ich darauf achte.  :omn:
Guilty feet have got no rhythm.

Zit

Oh je. Dabei ist das doch eine meiner Marotten, Sätze mit Adjektiv-Verb-Kombis zu beginnen. ;D

Ich kann mir auch vorstellen, dass du beim Schreiben im Kopf mit dem Geschehen als solches zu sehr beschäftigt bist und deswegen die Formulierungen dann hintenüber fallen. :hmmm:
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt