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[Erfahrung] Neuseeland

Begonnen von Maubel, 08. Februar 2016, 20:14:32

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Maubel

Da viele Interesse gezeigt haben und mir nahe gelegt wurde, doch mehr von meinen Neuseelanderfahrungen zu sprechen, mache ich das mal in diesem Thread. Damit ich nicht alle mit Romanen nerve, auch wenn ich die wirklich gerne schreibe, habe ich mir gedacht, das am besten als Q&A abzuhalten. Also löchert mich und ich antworte so gut ich kann :)

Kurz als Einleitung, damit ihr wisst, was ihr mich alles fragen könnt:
Ich habe von 2009 bis 2015 in Neuseeland gelebt, studiert und gearbeitet. Dabei haben wir die ganze Zeit über in Christchurch gewohnt, auch zu der Zeit als die schlimmen Erdbeben geschahen. Uns ist zum Glück nichts passiert. Über die Jahre haben wir fast alles gesehen und besucht, was man in Neuseeland tun kann (außer den großen Wanderungen) und ich habe einige der lustigen Aktivitäten gemacht: Rafting, Caving, Zorbing, Ziplining, Kayaking. Natürlich haben wir auch die ganzen Herr der Ringe Orte gesehen und auf dem Festplatz der Hobbits getanzt. Wir haben Wale, Delfine, Kiwis, Tuataras, Fantails, Pukekos, Kakapos und natürlich unzählige tote Opossums gesehen. Neuseeland ist ein Vogelland mit lediglich zwei einheimischen Säugetieren (kleine Fledermäuse). Der Rest macht das Ökosystem kaputt. Als Geologiestudent weiß ich von der geologischen Geschichte zu berichten und von den Naturgefahren, die in Neuseeland unumgänglich sind. Tatsächlich ist zwischen Vulkanen, Erdbeben, Überflutungen und Stürmen kein einziges Gebiet wirklich sicher. Ich weiß in Grundzügen auch über Geschichte, Politik und Wirtschaft Bescheid und über die merkwürdigsten Bräuche, wie dass Neuseeländer es lieben sich zu verkleiden und das zu jedem Anlass tun, sei das eine Geburtstagsparty, ein Pub-Quiz oder eine Abschlussfeier. Weihnachten im Sommer ist merkwürdig, Sylvester dafür toll. Sprachliche Eigenheiten wie "Ney yeah" oder "Dairy" sind mir auch bekannt, wie die ewige Rivalität mit Australien. Neuseeland ist natürlich in allen Dingen besser. ;) Ach ja und zu guter Letzt habe ich auch zwei Kinder dort zur Welt gebracht, was um Meilen besser war als meine hiesige Erfahrung mit Kind Nr. 3.

Also löchert mich :)

Alles klar? Sweet as

chaosqueen

Danke für den Thread! :jau:

Ich weiß gar nicht, was ich alles wissen will. Von mir aus darfst Du auch Romane erzählen. :rofl: Was bedeuten denn Neh yeah und dairy? Letzteres kenne ich nur im Zusammenhang mit Milchprodukten ...

Sternsaphir

*schmacht* Als Geologin interessieren mich natürlich Deine persönlichen Erfahrungen, die Du dort so gesammelt hast.  ;D

Alana

Oh, das ist ja super, danke dir!  :knuddel: Ich schreibe gerade einen Roman, der zum Teil in Neuseeland spielt. Ich war zwar selbst schon dort, aber nur vier Wochen auf Hochzeitsreise, da bleiben doch noch einige Dinge offen. :) Wie hast du dich denn danach in D wieder eingelebt?

Wir haben übrigens auch ganz viele dieser Dinge gemacht, Delphinschwimmen, Caving, Kayaking, Herr der Ringe Orte besuchen, das Tongariro Crossing gehen, Gletscher besteigen ... hach, Neuseeland ist einfach so ein tolles Land, und die Menschen ... ich kann gar nicht aufhören zu schwärmen.  :wolke:
Alhambrana

Maubel

@chaosqueen "Neh yeah" ist mehr oder weniger ein jein, also übersetzt nein, ja und bedeutet im besten Falle vielleicht ;)
Genau dairy, ist eigentlich die Milchproduktionsindustrie. In Neuseeland sind damit aber die kleinen Kioske gemeint, die an fast jeder Ecke stehen und eine Mischung aus Lotto-Toto und Tante Emma Laden mit der Option Prepaid-Strom zu kaufen!

@Sternsaphir wie persönlich denn? Soll ich dir von meinen Störungen erzählen? Das ist natürlich alles sehr gestört da unten ;) Oder wie sich so ein Erdbeben richtig anfühlt? Oder einfach generell etwas zur geologischen Geschichte von Neuseeland?
Überblicksmäßig ist der große Unterschied eben, dass ich vom inaktiven Deutschland ins sehr aktive Neuseeland gezogen bin. Das ist toll, wenn man nicht nur im Harz bewundern kann, dass sich da vor 300 Millionen Jahren mal was verschoben hat, sondern vor einer Störung zu stehen und nachzudenken, wann die wieder los geht und wie doll das Beben sein wird. Das gibt der Forschung irgendwie das dringende extra. Und ich habe schrecklich viel über Gefahrenmanagement dort gelernt.

@Alana Oh, das ist ja interessiert. Worum geht es denn da? Ja, ein wunderschönes Land ist es in der Tat. Eingelebt habe ich mich erstaunlich schnell wieder in Deutschland. Da haben Kindheitserinnerungen ganz stark geholfen. Man hat Sachen neuentdeckt, von denen man gar nicht wusste, dass sie einem fehlen - wie den Geruch von Sommer: Kiefern, Harz, trockene Hitze. Vieles ist hier auch einfacher zu erreichen und nach sechs Jahren ganz auf mich alleine gestellt, genieße ich endlich wieder ein Sozialsystem, bei dem ich nicht raus falle. Das macht gewisse Sachen einfacher. Ans Siezen musste ich mich ganz schön gewöhnen und mit Frau ... fühle ich mich immer noch nicht angesprochen, wenn selbst die Banken in Neuseeland mit "Liebe Jana" ihre Schreiben beginnen ;) Ich vermisse meine Arbeitskollegen schrecklich und unseren einen Nachbarn sowie die Tatsache, dass dort fast alle im Erdgeschoss gewohnt haben und einen kleinen Garten hatten. Der fehlt mir mit den Kindern sehr. Dafür gibt es aber Doppelverglasung und isolierte Häuser... yeah, man muss sich im Winter keine Jacke anziehen um in die Küche zu gehen oder wöchentlich mit dem Schimmelentferner in Aktion treten. ;)

Angela

Ich bin noch nie in Neuseeland gewesen, aber habe schon einige Mal berichtet bekommen, dass Nichtkaukasier dort kein so leichtes Leben haben. Wie sind deine Erfahrungen dazu, gilt das nur für bestimmte Bereiche der Gesellschaft oder ist es eher eine grundsätzliche Einstellung?

Maubel

#6
@Angela Oh, brisantes Thema. Also dadurch, dass im Gegensatz zu anderen Ureinwohnern die Maori seit dem Waitangi Vertrag als gleichberechtigt gelten, ist die Gesellschaft offiziell recht offen. Es gibt aber doch einen starken Rassismus, der sich in Vorurteilen widerspiegelt. Maori und europäische Neuseeländer sind sich nicht so ganz grün, wobei man Maori wirklich nicht mit den Aboriginees vergleichen kann. Die haben sich teilweise auch selbst in ihre Ecke geschaufelt. In Bezug auf die Wiedergutmachung von damals eroberten Maoriland gibt es relativ viel gezüchtetes Gegeneinander. Die Maoris wollen ihr Land komplett zurück oder ausgezahlt werden seit der Landreform in den 60er und 70er Jahren und die Europäer haben nun langsam genug davon, dass die immer noch damit ankommen und noch mehr und mehr wollen und lauter Förderungen vom Staat erhalten um es mal ganz trivial auszudrücken.
In vielen Bereichen werden Maori gezielt gefördert: Eigene Stipendien und Studienberatungsbüros, extra Ausschreibungen. Da will man auch dem gegenwirken, dass das Parlament eben nicht nur aus weißen Männern besteht. Das kommt wiederum nicht gut bei vielen Europäern nicht gut an, weil es ständig Sondersachen für die Maori gemacht werden, die im Grunde ziemlich reich sind, also nicht individuell sondern die Iwis. Und dann ist natürlich der Waitangi-Vertrag selbst ein Problem. Dessen Maoriversion sagt nämlich was anderes als die Englische. Im zweiten Akt steht nämlich in der Maoriversion: Sie dürfen die Oberherrschaft über die Gebiete behalten und in der englischen: Sie dürfen da weiter verwalten, aber müssen die Oberherrschaft an die englische Krone abtreten. Daher wird da seit Jahrzehnten im Waitangigericht gestritten, wie man den Beschiss nun löst.

Die nächste große Gruppe sind die Inselvölker: Also Fiji, Tonga, Tuvalu etc... die haben meistens doppelte Staatsbürgerschaft und werden entwicklungstechnisch unterstützt, z.b. auf Stipendium in Neuseeland an die Uni geschickt. Wieder das Problem der Bevorzugung von Minderheiten, die da negativ angenommen wird.

Dann gibt es eine große chinesische Gemeinschaft und eine indische und die werden einfach mal ganz klar ausgebeutet: Die haben nämlich keine Probleme ins Land zu kommen. Ja, sie studieren sogar auf dem Doktorlevel und können kaum einen englischen Satz bilden, obwohl man doch einen IELTS Test Wert von min. 7.5 von 9 braucht. In China kann man sich die Testergebnisse kaufen. Neuseeland weiß das, drückt aber beide Augen zu und nimmt ihr Geld. Denn das haben die Chinesen, die zum studieren kommen in rauen Mengen. Und meistens gehen sie danach wieder zurück - prima für Neuseeland. Deshalb kann sich Neuseeland es auch leisten von ausländischen Studenten 6x so viele Gebühren einzunehmen (5000 vs 30000 NZD pro Jahr ist doch heftig, zumal man kein Bafög aufnehmen kann.)

Generell, muss ich aber sagen, dass ich in meinem Umfeld recht wenig von echtem Rassismus mitbekommen habe. Zumindest nicht mehr oder weniger als in Deutschland. Gerade momentan kommt es mir sogar weniger vor. Ich hatte im Studienberatungsbüro gearbeitet und da recht viel von dem Umgang von den Beratern mit all diesen Studenten mitbekommen und da gab es nur Begeisterung. Also wenn sie wirklich kein leichtes Leben haben sollten, dann nicht in der universitären Umgebung. Wie es auf dem industriellen Arbeitsmarkt aussieht, weiß ich nicht und in der Öffentlichkeit habe ich auch keinen offenen Rassismus mitbekommen. Aber das kann wieder mit den Gegenden zusammen hängen. Ich glaube aber, das gerade die junge Generation zwischen Maori und Europäer das ganze deutlich entspannter sieht und da auch viele Gruppen gut gemischt sind.

Kurz gesagt: Es gibt zwar Spannungen und gegenseitiges Gemecker, aber Maori und Europäer sind beides Neuseeländer und sich ebenbürtig. Sie brauchen von der Gesellschaft nichts zu fürchten und werden sogar teilweise bevorzugt behandelt. Chinesen und Inder haben meistens das Problem, dass sie sich abkapseln, unter sich bleiben und kein englisch lernen, was sie nicht so beliebt macht. Aber auch da gibt es keine dramatischen Einschränkungen der Lebensqualität

Möwe

Oh toller Thread! ich träume schon lange von Neuseeland und will auf jeden Fall auch einmal dorthin reisen! Die Landschaft ist einfach so schön! :vibes:
Du hast dort ja ganz schön viel erlebt. Was würdest du sagen ist dein Lieblingsort, bzw. was war dein tollstes Erlebnis?
Mich würde es auch interessieren, wie du in Neuseeland gelandet bist und wie es dazu kam, dass du so lange geblieben bist? :D
How do you write like tomorrow won't arrive?
How do you write like you need it to survive?
How do you write every second you're alive?
(Hamilton - Non-Stop)

Maubel

Hallo Möwe,

Also ich bin damals nach Neuseeland gegangen, weil mich im Studium die Strukturgeologie und Plattentektonik, also der Hintergrund zu Gebirgsaufschiebungen, Erdbeben und Vulkanen interessiert hat. In Deutschland lassen sich fast nur alte Strukturen beobachten und das haben die Geologen auch schon wunderbar alles analysiert. Da blieb für mich nichts übrig. Neuseeland hingegen liegt an einem aktiven Plattenrand (Nord und Südinsel befinden sich auf zwei unterschiedlichen Platten). Daher kommt es dort öfter zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen und für Geologen gibt es noch genügend Störungen, deren Geschichte und damit Zukunft untersucht werden müssen. So war mein Projekt zum Beispiel später eine Störung zu untersuchen um heraus zu finden ob sie aktiv ist oder nicht und welche Gefahr sie für Christchurch darstellte. Während ich das tat, wurde eine ganz ähnliche Störung 50km weiter aktiv und hat die grässlichen Christchurcherdbeben verursacht. Das hat meiner Forschung gleich den Extrakick gegeben und das Gefühl, dass es wichtig ist, was ich da tue.
Nach drei Jahren war mein Studium beendet und zu dem Zeitpunkt gefiel es uns so gut, dass wir gerne dort geblieben sind. Mein Mann begann sein Doktorstudium (wieder drei Jahre). Während dieser drei Jahre bewarben wir uns auf ein Langzeitvisum, wurden aber wegen einer lappalie abgelehnt, die sich zwei Monate später erledigt hatte. Allerdings ging für absolut nichts ne Menge Geld drauf und die generelle Einstellung gegenüber nichtreichen Einwanderern und Sätze wie "Die nehmen uns die Arbeit weg. Die nehmen unsere Hebammen weg" haben dazu geführt, dass ich gar nicht mehr Bittsteller sein wollte. Dazu kam, dass wir inzwischen zwei Kinder hatten und mit denen fehlten die Großeltern plötzlich. Wir hatten keinen großen Freundeskreis. Tatsächlich traf ich meine Seelenverwandte ein Jahr vor Abreise, als schon alles beschlossen war. Und so ganz auf sich gestellt ist das einerseits schwer und andererseits einsam. Da helfen auch keine monatelangen Besuche alle zwei Jahre.

Mein Lieblingsort, ui - da habe ich viele, aber wenn ich mich unbedingt entscheiden muss dann Milford Sound und das wir die Bucht mit dem Kayak an einem sonnigen Tag (selten dort) erkundet haben. Die ganzen Adventure-ausflüge waren klasse und am schönsten ist natürlich die West Coast, welche dichten Regenwald hat. Rotorua und Gegend mit seinen Vulkanlandschaften hat aber auch was tolles.

Alana

#9
Danke für deine Erfahrungen, das ist echt spannen und dein Berufsfeld passt sehr gut zu meinem Roman. ;D Aktuell habe ich keine Fragen, aber ich würde mich dann mal vertrauensvoll an dich wenden, wenn mir etwas einfällt. Der Roman ist ein Jugend-Fantasyroman und ich habe Neuseeland aus dem gleichen Grund wie du als Schauplatz ausgesucht, wegen der Plattentektonik, da ich Vulkanausbrüche und Erdbeben brauche. ;D (Das ist natürlich nur eine Ausrede, denn ich liebe Neuseeland abgöttisch, seit ich dort war und wollte schon lange mal ein Buch schreiben, das dort spielt.)

Ich muss gestehen, dass der Milford Sound mich gar nicht so begeistert hat, was vielleicht daran liegt, dass wir im Sommer dort waren (Dezember) und alles ausgetrocknet war. Dabei sollen ja die Wasserfälle an den Seiten so toll sein, aber die gab es bei uns halt nicht. Mich haben besonders Orte begeistert, die viele gar nicht so auf dem Schirm haben, glaube ich. Der Keppler Treck zum Beispiel, wo man lange durch Wald und Sumpf wandert und dann tritt man zwischen Bäumen hervor und steht plötzlich einfach so am Ufer eines riesigen Sees, mit hohen Bergen dahinter. Oder die Wanderung auf einen Berg (Name habe ich leider vergessen) von dessen Gipfel man ein geheimes, nur über einen versteckten Pfad erreichbares Tal mit einem See auf einem anderen Berg sehen konnte. Der Abel Tasman National Park ist zum Heulen schön und der Hooker Valley Track einzigartig. Eigentlich ist alles so toll, man kann sich gar nicht richtig festlegen. Und wir haben in den vier Wochen auch so unheimlich viel angeschaut.
Alhambrana

Ginger

Danke für Deine Einschätzungen und Berichte. Nach außen klingt das gesellschaftliche Miteinander der Kiwis und auch ihr Umgang mit Einwanderern ja sehr nach fair, sportlich, gemeinschaflich, freundlich, offen ... Vieles, was besser ist als bei uns. Aber ...

Ich werde immer zkeptisch, wenn die Spaßseite zu stark betont wird. Gibt es in NZ irgendwelchen lokalen Gruppen, die "bestimmen" ob man mtmachen darf oder nicht. Ich habe in Deutschlafn erlebt, dass es Orte gibt, in denen Du im Schützenverein sein musst, oder zu den Geschäftsleuten, der Kirche, dem Heimatverein um ein Bein auf die Erde zu bekommen.

Was würdest Du als die Schattenseite des Lebens dort betrachten, was vermisst man am schmerzlichsten, wo tut der Unterschied besonders weh?

Ich danke Dir für Deine Hilfsbereitschaft.

Maubel

@Alana Es war einfach eine wunderschöne Tour und ein Traumtag, wo wirklich mal alles, wie auf dem Foto aussah. Ich habe ein Jahr später auch die Schiffsreise gemacht und die war eher langweilig. Aber im Kayak dadurch paddeln, auf einer Sandbank halten am unbewachsenen Ufer und kurz schwimmen gehen, das war toll. Aber du hast Recht, es gibt so vieles. Northland war toll mit seinen Kaurubäumen, Coromandel ist eine Schönheit für sich, die Glühwürmchenhöhlen, Hobbingen, Kaikoura hat für mich ganz spezielle Erinnerungen und dann eben Fjordland. Oh und ich liebe den Anblick der Marlborough Sounds, diese dunkelgrünen hohen Inseln in der Bucht sind einfach malerisch.
Auf die Tracks (Big 8) bin ich nun wieder neidisch. Da bin ich nie zu gekommen und als ich Zeit hatte, hatte ich immer irgendwie ein Baby auf dem Arm. Das und Bungeejumping fehlt mir gänzlich in den typischen Neuseelanderfahrungen

@Ginger Ja, generell ist der Umgang schon recht offen. Es wird sich eben beschwert, meistens über die Chinesen, weil sie nur klüngeln und nicht mal englisch können oder über die Maori, weil sie zu viel "geschenkt" bekommen.
Aber solche Orte wie du meinst, habe ich nicht mitbekommen. Das mag aber auch in anderen Städten wieder anders sein. Christchurch ist schon relativ klein, obwohl es die drittgrößte Stadt ist. Und nach den Erdbeben herrschte da eine unglaubliche hohe Menge an Solidarität. Das hat man halt zusammen überlebt.
Es gibt soweit ich weiß gewisse Jobs oder Sachen, in die man nicht reinkommt, wenn man keine Verbindungen zu den Maori hat. Da sind die Iwis (einzelnen Stämme) so ein bisschen abgekapselt und verteilen das untereinander. Ich hatte damit aber sehr wenig Berührungsängste.

Schattenseiten: Nun, Diebstahl ist relativ verbreitet. Es wird häufig eingebrochen. Mir wurden in der Zeit zwei Fahrräder vom Grundstück und angeschlossen gestohlen. Die Polizei nimmt meistens alles auf und dann kriegt man drei Wochen später den Bescheid, dass sie zu viel zu tun haben und es archiviert wird. Die stecken ihre Gelder lieber in Schnellfahrer abkassieren, das bringt nämlich Geld. Angeblich gibt es auch Banden und gewisse Straßen, wo man nicht hin sollte, aber auch die sind mir nicht bekannt gewesen. Ich habe angeblich in einem na ja, unteren aber nicht ganz unten, Viertel gelebt und das war voll okay.
Die andere Schattenseite ist, die absolut fehlende Isolation in den Gebäuden. Wenn das keine absolute Neubaut ist, dann hast du ein ganzjähriges Schimmelproblem und ein kostenintensives Heizproblem. Man geht durchaus im Winter in Jacke in die Küche um schnell was aufzuwärmen. Von Zentralheizung keine Spur.

Was tut besonders weh? Der Gemüsepreis! Überhaupt Preise - Neuseeland ist sehr auf lokale Produktion bedacht, weshalb sie Großhersteller wie Ikea nicht reinlassen. Dadurch fehlt aber komplett der Wettbewerb und die Preise sind schon heftig. Selbst wenn man das simpelste Bett kaufen will, kommt man unter 700€ nicht raus. Um zurück auf das Gemüse zu kommen: In Neuseeland sind Fleisch (Viehzucht) und Snacks relativ billig, aber gesunde Sachen ziemlich teuer und damit meine ich, dass eine einzelne Paprika 2€ kostet, wenn sie im Angebot sind! Dementsprechend gibt es dort auch ein Übergewichtsproblem.

Zu guter Letzt, ist die Politik in Neuseeland nicht die beste. Zur Zeit wird zum Beispiel über eine neue Flagge abgestimmt, bevor abgestimmt wird, ob überhaupt eine neue gewollt wird und das obwohl zumindest ein lautstarker Teil der Bevölkerung vehement dagegen ist und versucht irgendwie den Prozess wenigstens sinnvoller zu gestalten, aber nicht drauf eingegangen wird. Verschwörungstheoretiker behaupten die Flaggendebatte ist 1. ein Eitelkeitsprojekt des Premiers, damit er sagen kann, die wurde in seiner Zeit geändert und 2. Ablenkung von TTIP, die gänzlich totgeschwiegen sind. Da gab es zum Beispiel letzte Woche den größten Protest, den Neuseeland je gesehen hat und der Premier behauptete, es wäre ja lediglich eine gemietete Menge gewesen. Also irgendwie hat man das Gefühl, dass Politik und Bevölkerung sich nicht decken. Zudem werden eben Konzerne unterstützt, während Kinderarmut ein Problem ist und die tertiäre Bildung langsam den Bach runter geht. Die meisten Studenten gehen nach ihrem Abschluss nach Australien, weil man da einfach hinkommt und viel besser verdient.

So ich hoffe, das war negativ genug ;)

Antigone

Wie ist das denn generell mit Kriminalität so? Also Touristen gegenüber? Da steht zb. im Reiseführer, dass Neuseeland auch keine Insel der Seeligen ist und man zb. nicht sein Zeugs im Auto lassen soll. Aber gar nicht so einfach, wenn man als Tourist von A nach C will und dann bei B was anschauen möchte. Ich kann ja meinen KOffer schwer zum Sightseeing mitnehmen, oder?

Und wie ist das mit streunenden Tieren? Respektive Hunden? Ich habe gelesen, dass es da durchaus ein Problem mit verwilderten Tieren gibt. Und ich habe eine ziemliche Hunde-Phobie.

lg, A.

Maubel

#13
@Antigone Kriminalität Touristen gegenüber würde ich das genauso nehmen, wie es im Reiseführer steht: Es ist keine Insel der Seeligen, aber es ist auch nicht schlimmer als man es hier gewohnt ist. Ja, Touristen sind überall ein einfaches Ziel und es gibt Leute, die nach denen Ausschau halten. Das mit dem Auto habe ich gehört, da wird empfohlen, Autos auf einem öffentlichen Parkplatz abzustellen, der gut besucht ist und nicht irgendwo an der Straße. mir wurde noch nichts aus dem Auto geklaut und ich habe einmal eine getroffen, der das geschehen ist und die hatte etwas abseits geparkt. Was aber ein bisschen unwohl ist, ist die Tatsache, dass Türen nicht ins Schloss fallen. Man muss sie schon von innen verriegeln, wenn sie zu sein sollen. In Hotels is das natürlich nicht der Fall. In Motels aber durchaus. Ich habe mich teilweise zu Hause unwohl gefühlt, wenn man nachts was gehört hatte, aber ich bin da eh so ein bisschen paranoid.
Im Studentenviertel gab es regelmäßig Berichte über Einbrüche. Gerade Laptops vom Fenster weg, sind sehr beliebt.

Ein Problem mit wilden Hunden gibt es nicht. Es gibt sicher den ein oder anderen Streuner, aber keine gefährlichen wilden Hunde. Problematischer sind die Katzen, Mader, und andere kleinen Räuber, die die Vogelpopulation ausrotten. Aber für den Menschen ist das gefährlichste Tier in Neuseeland der Kea, weil er mit Vorliebe am Gummi deines Autos (Reifen, Abdichtungen) herum knabbert, während du im Arthur's Pass Mittag isst ;)

Ginger

@Maubel

Danke, es darf ruhig negativ sein. Es liegen konkrete Auswanderungspläne vor, und ich ich bilde mir gerne eine eigene Meinung aus dem goldenen Schnitt zwischen Hochglanzprospekten auf der einen Seite und sogenannten Verschwörungstheorien auf der anderen Seite.

Es klingt mir alles so toll, und ich werde unwillkührlich an das Lied der Auswanderer aus "Feivel-der Mauswanderer" erinnert: "Es gibt keine Katzen in Amerika ..."

Mein Partner hat zwar einen der in NZ gesuchten Jobs im medizinischen Bereich und mit dem Englisch klappt es auch, nur so ganz jung sind wir auch nicht mehr und ich frage mich manchmal, ob es Geld- und Kraftaufwand am Ende wert sind und ich dort glücklich werde.

Die Sache mit dem Heizen und dem Schimmel kapiere ich total nicht. also ich habe davon öfter schon gehört, kann es aber in meinen Kopf nicht reinbekommen, das Menschen so leben. Ich friere sehr schnell. Betrifft das alle Regionen? Ich stelle mir naiv vor, man kauft sich einen Kaminofen, heizt nett mit Holz in den kritischen Wochen und hat es muckelig warm. Also feuchte Kälte könnte ich garnicht ab und auch mein Liebster würde da Probleme mit den gelenken bekommen.