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Abgeschlossene Romane fortsetzen?

Begonnen von Coppelia, 24. Juni 2008, 20:22:14

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Tenryu

Vielleicht geht das, wenn man ohne Unterbrechung weiter schreibt. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß sobald eine Geschichte abgeschlossen ist, sich die Figuren aus meinem Bewußtsein entfernen und mir rasch fremd werden. Daher hätte ich auch große Mühe, ein Buch nach Jahren fortzusetzen, weil ich dann einfach nicht mehr in der gleichen Stimmung bin, wie beim ersten Mal, und sich das bestimmt auf die Arbeit auswirken würde.

Nagi Naoe

Hallo!

Hmm, ich weiß nicht, aber für mich sind Romane, die nur in derselben Welt spielen wie der letzte Band, keine direkten Nachfolgebände, solang die Hauptpersonen sich unterscheiden.
Ich kann es nicht leiden, wenn man einem Buch irgendwie anmerkt, dass da nie mehr als kommen wird, weil alle Plotfäden verknotet und vernäht sind, alles abgeschlossen ist, und alle tot/zufrieden sind - und dann sieht man in der Buchhandlung plötzlich einen Folgeband.

Das finde ich ja an sich nicht schlimm, auch wenn es irgendwie komisch ist, oder einen überrascht, aber oft merkt man dann, dass es keine Geschichte mehr ist, die der Autor unbedingt erzählen will. Sondern irgendein aus den Fingern gesogener Plot, der nicht zum vorigen Buch passt, weil es nur eine Geschichte ist, die der Autor schreiben muss.

Genauso ätzend ist es aber auch, wenn es in einem Buch noch unheimlich viele lose Fäden gibt, die Erzählung aber als Einzelband konzipiert ist, und es nie eine Fortsetzung geben wird. Auch blöd, wenn der Schreiber angeschnittene Plots aufgrund schlechter Planung einfach vergisst. Sollte aber eigentlich nicht passieren, wenn anschließend noch mal drüber gelesen und korrigiert wird.

Liebe Grüße,
Nagi.

Tenryu

Ich glaube, es kommt immer darauf an, ob der Autor eine Fortsetzung wenn nicht geplant, so doch nicht ausgeschlossen hat, oder ob er vom Erfolg seines Buches überrascht und dem Lockruf des Geldes erlegen ist.

Es gibt auch Geschichten, bei denen man leicht beliebige Fortsetzungen schreiben kann, oder es auch bleiben läßt, weil das Szenario entsprechend angelegt ist. z.B. Detektivgeschichten.

Coppelia

Die ganze Sache sehe ich auch so ähnlich wie Nagi und Lomax. Aber ich würde Geschichten, die in derselben Welt spielen und zum Teil mit denselben Personen, nicht als Fortsetzung auffassen, solange sie eine eigenständige Handlung haben und wirklich unabhängig voneinander sind. Den Fall hab ich auch selbst: Ein Roman spielt auf einer Ecke, der andere 20 Jahre später auf derselben Ecke. In beiden geht es um politische Verhältnisse, aber die Plots sind unterschiedlich. Die Hauptfiguren sind nicht gleich. Was in dem einen Roman eine Nebenfigur war, ist in dem anderen eine wichtige Hauptfigur und natürlich viel älter usw. Deswegen hab ich mich dagegen gesperrt, dass der 2. Roman als Fortsetzung vom ersten aufgefasst werden soll, auch wenn selbstverständlich Verknüpfungen vorhanden sind. Der erste Roman ist eine relativ kurze Geschichte um eine Person. In dem anderen geht es auch um etwas ganz anderes, um viel mehr.

Ich möchte auf keinen Fall, dass es als eine Fortsetzung verstanden wird von der Art: Im ersten Band zog der Held los, besiegte das Böse und heiratete seine Liebe, die das Böse entführt hatte. Im zweiten Band stellt er auf der Hochzeit fest, dass das Böse gar nicht richtig besiegt wurde oder dessen genetisches Duplikat aufgetaucht ist, und es entführt seine Liebe, und er muss sie retten ...

Shay

Mit dem Aufschreiben bin ich zwar immer etwas hinterher, dafür habe ich im Ausdenken schon eine ganze Menge Geschichten angesammelt. Ich überlege da nicht krampfhaft (ich komme ja eh nicht hinterher), sondern sie entstehen einfach. Meine Geschichten neigen aber dazu, aus Figuren heraus zu entstehen, die meist schon in anderen Geschichten aufgetaucht sind, sei es als Haupt-, sei es als Nebenfigur. Das Leben eines Helden ist ja nach der Geschichte noch nicht zu Ende. Wie geht es weiter? Was passiert, wenn er seine Liebste endlich errungen hat, sich aus der Sklaverei befreit hat... Das sind die Gedanken, die mich antreiben. D.h. die eigentliche Handlung ist zu Ende, die Charakterentwicklung geht aber weiter. Mal ein Beispiel:

Geschichte 1:
Figur flieht vor einem tyrannischen Vater, gerät vom Regen in die Traufe und erlebt eine Menge Mist, bis sie endlich einen sicheren Platz findet.

Geschichte 2:
Figur wird zum Krieger ausgebildet, sucht die Aussöhnung mit dem Vater, scheitert und flieht mit einer Sklavin. Schließlich erkennen die beiden, daß sie sich lieben.

Dann kommen ein paar "halbe Geschichten", wo die Figur eher Nebenchara ist. Großteils geht es darum, daß die Figur immer wieder mit dem seelischen Knacks zu kämpfen hat, den ihr ihre Vergangenheit eingebracht hat.

Geschichte 3 (auch hier als Nebenplot):
Figur wird wieder einmal vor eine seelische Zereißprobe gestellt, die dieses Mal so stark ist, daß es keinen Ausweg mehr gibt. Er muß jetzt endlich lernen, daß das Leben nunmal nicht so geworden ist, wie er es sich erträumt hat.

Geschichte 4 (eher eine kleine Skizze):
Endlich die Aussöhnung mit dem Vater. Die alten Wunden heilen, wenn auch Narben zurück bleiben.

Danach taucht er wieder in einigen Geschichten als nunmehr gestärkter Charakter auf. Und irgendwo gibt es da noch eine Geschichte von seinem Tod, aber die kenne ich bis jetzt nur schemenhaft.


Das ist jetzt nur eine meiner Figuren, wenn auch die mit dem deutlichsten Wandel. Aber das Leben geht einfach immer weiter, meine Figuren werden älter und irgendwann tauchen dann ihre Kinder auf. Erfahrungen aus einer Geschichte haben Konsequenzen für die folgenden, bzw. manche Geschichten sind entstanden, um die Charakterzüge einer Figur zu erklären. Meine Figuren sind da alle sehr gesprächig. ;)
Das ganze geht aber nur deswegen so reibungslos, weil es bei mir immer um eher persönliche Konflikte und Abenteuer geht. Es gibt bei mir keine Evil Overlords, vor denen man die Welt retten muß und danach ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Letztendlich bleibt die Welt immer irgendwie gleich und meine Leute wursteln sich halt so durch.