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In einer Fremdsprache zitieren.

Begonnen von DoroMara, 20. August 2015, 22:37:51

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DoroMara

Meine Prota zitiert gerne lateinische Psalmen aus der Bibel. Nun fände ich es als Autorin schön, wenn die Leser auch wüssten, was sie sagt und schon habe ich ein Problem:

- Wenn ich die deutsche Übersetzung nach dem Zitat in Klammern setze, hindert das den Lesefluss.
- Wenn ich eine Fussnote mache, sieht mein Manuskript wie eine wissenschaftliche Abhandlung aus.
- Wenn ich die Prota auf Deutsch und nicht Lateinisch zitieren lasse, verliert der Text seine Magie.
- ...

Was würdet ihr mir raten?

Blaurot

Wie wäre es mit Fußnoten, die erst am Ende des Textes stehen, als eine Art Glossar?

DoroMara

Der Roman wird ca. 300 Seiten und ein Personenverzeichnis haben. Wäre da das Nachschlagen nicht zu kompliziert?

Fafharad

Hallo DoroMara!

Ich hatte dasselbe Problem in meiner Bookboy-Story: Eine Parole auf Latein, die aber gleichzeitig Bezug auf die Handlung nimmt - das versteht aber nur der gelernte Lateiner  :(.
Und genau wie bei dir verbot sich eine Übersetzung, erst recht in einer Kurzgeschichte, wo ich Erklärungen weitgehend vermeide. Ich habe es also einfach so stehen lassen. Wer Latein kann, darf sich über ein Gimmick freuen, wer's nicht kann (so wie ich  ;D), muss es googeln oder einfach weiterlesen - das Lateinzitat spielt hier keine zentrale Rolle.

Da es sich bei deinem Text um einen Roman handelt, kannst du natürlich Übersetzungen über Dialoge abwickeln, sofern das nicht Überhand nimmt. Beispiel:

Alan verschränkte die Arme vor der Brust. "In dubio pro reo."
Robert sah ihn stirnrunzelnd an.
"Im Zweifel für den Angeklagten."
"Sag das doch gleich!"

Was gleich die nächste Frage aufwirft: Latein-Zitate in normalem Format oder kursiv?

Miezekatzemaus

#4
Also, zum Thema kursiv oder nicht kursiv würde ich eindeutig sagen nicht kursiv, weil das Zitat ja letztlich normale wörtliche Rede ist. Und die Dialog-Lösung finde ich sehr geschickt, so würde ich es auch machen. Man kann es auch als Erzähler einfließen lassen, irgendwie in Richtung von »In dubio pro rei«, murmelte er, womit »Im Zweifel für den Angeklagten« gemeint war.
Das könnte man auch noch fortsetzen, indem man noch »worauf auch immer er sich bezog« oder so schreibt, sofern es in den Text passt, das lässt die Übersetzung weniger holprig wirken, finde ich.

chaosqueen

Nicht kursiv, da stimme ich Mieze zu. Und die Dialoglösung gefällt mir, sollte aber nicht permanent kommen.

Ich bin ja nach wie vor dafür, dem Leser etwas zuzutrauen und ihm hin und wieder auch etwas abzuverlangen. Wer wirklich wissen will, was da steht, darf auch mal nachschlagen - aber vieles kann man sich auch ohne weitere Erklärung aus dem Kontekt zusammenreimen.

Churke

Zitat von: Miezekatzemaus am 20. August 2015, 23:30:23
Also, zum Thema kursiv oder nicht kursiv würde ich eindeutig sagen nicht kursiv, weil das Zitat ja letztlich normale wörtliche Rede ist.
In "alten" Büchern sind lateinische Zitate immer anders und nie in Fraktur gesetzt, auch wenn sie in Dialogen stehen.

Zitat von: DoroMara am 20. August 2015, 22:37:51

- Wenn ich die deutsche Übersetzung nach dem Zitat in Klammern setze, hindert das den Lesefluss.
- Wenn ich eine Fussnote mache, sieht mein Manuskript wie eine wissenschaftliche Abhandlung aus.
- Wenn ich die Prota auf Deutsch und nicht Lateinisch zitieren lasse, verliert der Text seine Magie.
- ...

Was würdet ihr mir raten?

Wir leben heute in einer Zeit, in der das Englische das große Latinum verdrängt hat. Wir sollten also voraussetzen, dass der Leser des Lateinischen eher nicht mächtig ist. In Römischer Rechtsgeschichte lateinelte der Prof, ein älteres Semester, an der Tafel vor sich hin. Das war ziemlich bizarr...  ;)
Die erste Frage ist, ob man das Zitat übersetzen muss. Sofern es keinen konkreten Bezug zur Handlung gibt, würde ich das bei einem Psalm in Frage stellen. Wer das wirklich wissen will, kann's ja nachlesen. Bibeln gibt's online im Netz...
Kommt es auf die Übersetzung an, würde ich sie entweder im Text gleich anfügen. "Alea iacta est - die Würfel ins gefallen!" Oder, wenn es das stört, doch eine Fußnote machen. Ich habe auch schon lateinische Zitate abgewandelt - das geht nicht ohne Fußnote, da die meisten Leute das Original sowieso nicht kennen. Zum Beispiel: "Fuga probat delictum". Das war in diesem Fall allerdings so handlungsrelevant, dass ich es gleich auf Deutsch brachte: "Die Flucht beweist das Verbrechen!" - und dazu die Fußnote: "Rechtsregel. Eigentlich: Fuga non probat delictum - Flucht beweist kein Verbrechen."

Sascha

Als alter Asterixiner sage ich: Was ist falsch an Fußnoten? Wenn die selbst im Comic niemanden stören, warum dann im Roman?

Moni

Fußnoten in normalen Romanen wirken oft nur in einem leicht ironischen Zusammenhang. Maja hat mir mal Fußnoten in meinem Opus angekreidet, weil sie fand, das es aufgesetzt wirkt und ich mußte ihr recht geben. Die Fußnoten können ein weiteres Stilmittel sein, aber in einem Opus ohne jede Ironie sind sie einfach unpassend. Nur weil Pratchett wunderbare Fußnoten schrieb, die ja auch noch unterhaltsam sind, muß das nicht in jedem Roman passen.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
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Sascha

Ja, aber Pratchett erklärt/übersetzt da ja auch keine Latein-Zitate. Bei DoroMara wäre es ja wirklich nur rein informativ, wo halt nötig.
Ich hatte ursprünglich auch mal Fußnoten mit Zusatzinfos, die hab ich grad auf meine Webseite gepackt als Leser-Goody, weil sie den testlesern als unpassend erschienen. Aber man kann den Text auch ohne diese Infos lesen. Übersetzungen wären evtl. doch wichtiger. Wenn sie denn handlungsrelevant sind und man den sonstigen Text sonst nicht komplett verstehen kann.

Sprotte

Umberto Eco "Der Name der Rose":
Am Ende des Buchs gbt es eine Übersetzung der wichtigsten lateinischen Passagen jeweils mit der Seitenangabe, wo dieser lateinische Spruch im Text steht. Es ist nicht alles übersetzt. Im Text selbst sind keine Verweise auf diese Übersetzungsliste gesetzt.

caity

Wie wichtig ist es denn für den Zusammenhang, dass der Leser das lateinische Zitat versteht? Wenn es für den Zusammenhang nicht so relevant ist, würde ich Sprotte zustimmen: Einfach ans Ende setzen. Wer es unbedingt wissen will, kann es dann nachschlagen  :)
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Churke

Ich betrachte Fußnoten als Lesehilfen. Ich mache sie, um dem Leser das Verständnis einer Textstelle zu erleichtern. Die Information stammt dabei immer von außerhalb des Romanuniversums, ihre Kenntnis wird also bei einem "umfassend gebildeten Idealleser" vorausgesetzt.
Ein Beispiel: Was macht man mit einem Datum nach dem islamischen Kalender?
Wenn der Roman am Hof Harun al-Raschids spielt, ist die Fußnote ziemlich alternativlos.

DoroMara

Vielen Dank für eure Vorschläge!

ZitatDa es sich bei deinem Text um einen Roman handelt, kannst du natürlich Übersetzungen über Dialoge abwickeln, sofern das nicht Überhand nimmt. Beispiel:

Alan verschränkte die Arme vor der Brust. "In dubio pro reo."
Robert sah ihn stirnrunzelnd an.
"Im Zweifel für den Angeklagten."
"Sag das doch gleich!"

Gute Idee, da muss ich mich wieder selber fragen, welche Inhalte wirklich wichtig sind. Das Problem ist nur, dass ich dies wohl nicht mehr als zehn Mal anwenden kann. Sonst fängt der Leser zu gähnen an.

ZitatNicht kursiv, da stimme ich Mieze zu.
Ich auch. Und da ich unbedingt den Verlag wechseln möchte, hoffe ich, dass die Lektorin mir nicht wieder alles "verkursivert".

ZitatJa, aber Pratchett erklärt/übersetzt da ja auch keine Latein-Zitate. Bei DoroMara wäre es ja wirklich nur rein informativ, wo halt nötig.
Genau, meine Fussnoten wären staubtrocken. Darum gefällt mir Sprottes Vorschlag auch sehr gut:

ZitatAm Ende des Buchs gibt es eine Übersetzung der wichtigsten lateinischen Passagen jeweils mit der Seitenangabe, wo dieser lateinische Spruch im Text steht. Es ist nicht alles übersetzt. Im Text selbst sind keine Verweise auf diese Übersetzungsliste gesetzt.

Gute Idee. Die wichtigsten Zitate übersetze ich mit Hilfe eines Dialoges. Den Rest kann man hinten nachlesen und der Haupttext bleibt ohne Anmerkungen. Dann lasse ich die "übersetzungs-interessierten" Leser nicht im Regen sehen.

@Churke: Ich mag Fussnoten eigentlich auch. Jedoch kann ich verstehen, wenn sich andere Leser daran stören.






Fafharad

ZitatEin Beispiel: Was macht man mit einem Datum nach dem islamischen Kalender?
Wenn der Roman am Hof Harun al-Raschids spielt, ist die Fußnote ziemlich alternativlos.

Hier muss ich Churke uneingeschränkt zustimmen. Diese Art von Information bekomme ich ungerne im Text vorgesetzt, zumal in einer Szene, in der auschließlich Charaktere agieren, die mit für den Leser fremden Maßeinheiten vertraut sind.
Wird ein Charakter "von außerhalb" damit konfrontiert, kann es dezent im Dialog umgerechnet werden - so, dass es nicht aufgesetzt wird oder, noch schlimmer, als wollte der Autor mit seinem Fach- oder Recherchewissen protzen.