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Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Pinnie am 20. April 2016, 12:00:17

Titel: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Pinnie am 20. April 2016, 12:00:17
Ich persönlich freue mich immer und finde es erfrischend, wenn ein Charakter zu angemessenem Zeitpunkt mal gepflegtes "Scheiße" ausruft. Wenn generell in Geschichten geflucht und geschimpft wird und kein Blatt vor den Mund genommen wird.
Natürlich nicht in übertriebener Form und nicht an Stellen, wo es nicht passt (außer der Char hat Tourette, aber das ist ne andere Sache), aber ich finds teilweise eigenartig, wie in vielen Büchern, Comics und Mangas, die ich gelesen habe quasi zensiert und drumrumgeschrieben wird, um "böse" Worte zu vermeiden.
Klar, es muss in den Gesamtkontext passen und sollte ebensowenig augesetzt wirken.

Wie seht ihr das?
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Ary am 20. April 2016, 12:03:10
Meine Figuren fluchen gern, natürlich immer passend zur Welt, zum Stand und zur Situation. Da sehe ich überhaupt nichts verwerfliches, solange nicht der gesamte Roman aus Kraftausdrücken und Fäkalsprache besteht.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Valkyrie Tina am 20. April 2016, 12:07:16
Ich finde Schimpfworte gut, wenn sie zum Charakter und in die Geschichte passen. Mein Problem ist her, dass ich Schimpfworte fast nicht übersetzbar finde. Harry Dresdens "Hells bells!" oder Velveteens "fuck times infinity" sind einfach so auf den Charakter zugeschnitten, dass mir kein deutscher Ausdruck einfällt, der das richtig ausdrücken würde.

Was mir überhaupt nicht gefällt, ist Fäkalsprache um Fäkalsprache willen. Es gibt das in manchen Geschichten, dass der der Bösewicht enttarnt wird, und vorher war der ein ganz normaler Mensch, und jetzt redet der nur noch in Schimpfworten, teilweise so extrem, dass ich mir Sorgen mache, ob derjenige vielleicht irgendeine Art Anfall oder Zusammenbruch hat.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Guddy am 20. April 2016, 12:24:10
Mein Prota "scheißelt" unheimlich gerne. Und noch immer fehlt mir ein passender Ersatz für "Fuck"! Ich bin kurz davor, mich am battlestar galactischen "Fra(c)k" zu bedienen.  :wart:

Wenn es zur Figur, den Umständen und auch dem Roman selbst passt, finde ich eine harte Ausdrucksweise sehr schön, es ist mir auf dubiose Weise sympathisch - wenn es nicht zu gewollt daherkommt. Gleiches gilt auch für Filme und Comics. Ich finde es.. realistischer und volksnäher.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Ratzefatz am 20. April 2016, 12:42:03
Ich glaube, im Erwachsenenbereich ist Fluchen allgemein ziemlich akzeptiert. Auch im Jugendbuch finde ich ein gelegentliches "Scheiße" oder "verdammt" okay, wenn es zum Charakter und der Situation passt.

Bei Kinderbüchern wird es schwierig. Klar, kindliche Helden brauchen nicht zu fluchen, aber was ist mit erwachsenen Antagonisten? Ich kann mich an ein paar Bücher aus meiner Kindheit erinnern, in denen die Kidnapper und Gangsterbosse dann Phrasen wie "Du giftgelbe Sumpfschnepfe!" verwendet haben. Das kam mir schon damals albern vor.

Besser gefällt es mir, Schimpfworte nur anzudeuten. Im Englischen gibt es da recht schöne Konstruktionen ("he said a bad word", "he used a four-letter word"), im Deutschen fallen mir gerade nicht so viele ein.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Shea am 20. April 2016, 12:44:28
Zitat von: Aryana am 20. April 2016, 12:03:10
Meine Figuren fluchen gern, natürlich immer passend zur Welt, zum Stand und zur Situation. Da sehe ich überhaupt nichts verwerfliches, solange nicht der gesamte Roman aus Kraftausdrücken und Fäkalsprache besteht.

Kann ich genau so unterschreiben, da ich es in ähnlicher Weise handhabe.
Ich mag es nicht sonderlich gerne, wenn in jedem zweiten Satz geflucht und geschimpft wird, aber auch in meinem Fantasy-Projekt kommt es vor, dass Charaktere auf diese Art und Weise ihrem Unmut Luft machen. Ich finde auch, dass derartige "Ausbrüche" die Charaktere nur menschlicher machen und ihnen Tiefe verleihen können. Wer kann seinen Alltag schon permanent bestreiten ohne hin und wieder sich selbst, die Mitmenschen oder die Situation zu verfluchen? Das schaffe selbst ich nicht und ich bin ja der Engel in Person  :engel:  :D
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Guddy am 20. April 2016, 12:48:47
Zitat von: Ratzefatz am 20. April 2016, 12:42:03

Besser gefällt es mir, Schimpfworte nur anzudeuten. Im Englischen gibt es da recht schöne Konstruktionen ("he said a bad word", "he used a four-letter word"), im Deutschen fallen mir gerade nicht so viele ein.
"Er fluchte derb/vulgär/obszön."
"Ein schlimmes Wort sagen."
"Eigentlich setzte man sich auf seine vier Buchstaben. Er jedoch knallte sie ihm in perfekter Reihenfolge an den Kopf."
"Er äußerte seinen Zorn in wüsten Beschimpfungen."
"Zum Glück fluchte er ähnlich undeutlich wie Donald Duck, sonst hätte man den Kindern die Ohren waschen müssen."
"Bei seiner Wortwahl wäre selbst der hinterletzte Barbar rot angelaufen."
"Das Wort, das er ausspie, gehörte eigentlich in die Toilette."

;)

Ist jetzt nicht alles nur ein einzelnes Wort beschreibend, aber umschreiben kann man es dennoch auf vielfacher Weise, finde ich.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Maubel am 20. April 2016, 12:59:33
Ich liebe ja spezifische Schimpfwörter, die der Welt eigen sind und zum Beispiel das "Gottverdammt" ablösen. Ansonsten tue ich mich ja schon im normalen Sprachgebrauch schwer zu fluchen, da finde ich es immer schwierig meinen Figuren solche Wörter in den Mund zu legen, auch wenn sie das schon irgendwie machen müssten.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Big Kahuna am 20. April 2016, 13:07:47
ZitatIch persönlich freue mich immer und finde es erfrischend, wenn ein Charakter zu angemessenem Zeitpunkt mal gepflegtes "Scheiße" ausruft. Wenn generell in Geschichten geflucht und geschimpft wird und kein Blatt vor den Mund genommen wird.
Dem stimme ich zu. Man muss sich jetzt nicht unbedingt in Flüchen und Schimpfwörtern verlieren, aber ich finde, dass ein gepflegtes "Scheiße" zur passenden Zeit einfach menschlicher wirkt. Denn Hand aufs Herz: Wer hat noch nie geflucht? ;)

Ich finde aber trotzdem, dass es auch wieder ins Setting der Welt passen muss. Ich persönlich bin zwar kein Fan von dieser hochgestochenen Fantasysprache, wo alles irgendwie melodisch und extrem gebildet klingt, aber wenn alle so reden, sollte es konsistent sein.

ZitatBesser gefällt es mir, Schimpfworte nur anzudeuten. Im Englischen gibt es da recht schöne Konstruktionen ("he said a bad word", "he used a four-letter word"), im Deutschen fallen mir gerade nicht so viele ein.
Da bin ich hin- und hergerissen. Einerseits finde ich es auch ein nettes Stilmittel, das entsprechende Schimpfwort der Fantasie des Lesers zu überlassen, aber da gehört dann zumindest an früherer Stelle mal ein Beispiel rein, was "ein schlimmes Wort" in deiner Welt bedeutet - gerade, weil es Fantasy ist.
Ich z.B. habe einen alten Knecht in meinem Wolfsreiter, den alten Yencin - der flucht quasi den ganzen Tag. Da habe ich dann an einer Stelle meinen Prota auf eine Weise fluchen lassen, "derer sich selbst der alte Yencin nicht geschämt hätte" - da hat der Leser dann grob ein Gefühl dafür, wie schlimm der Prota geflucht hat. Anders finde ich es immer schwer greifbar, wenn man nur schreibt, dass die Figur geflucht hat. Denn das könnte ja von "Welcher Idiot war denn das?" bis hin zu "Welcher in Blutschande gezeugter Bastard hat denn so eine Scheiße verbrochen?" reichen.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Angela am 20. April 2016, 13:11:09
Brandon Sanderson verwendet in Calamity ganz schön oft Flüche (wird zumindest in Kanada in der Bücherei als Jugendbuch einsortiert), schreibt auch das ganze Buch in einem für den Autor ziemlich ungewöhnlich derben Stil, da der Prota die Story in eigenen, drastischen Worten erzählt. Ich persönlich finde das ziemlich anstregend zu lesen und muss das nicht haben. Schimpfwörter reißen mich aus der Handlung heraus, es sei denn, sie passen zu der Figur. Ich sage zwar selbst ständig fuck, aber nicht öffentlich und finde das aber bei anderen schrecklich abstoßend. Selbst verwende ich Fluchworte sehr sparsam und überlegt in Texten. Zum Geier ist da schon deftig. Ich streiche das meist alles am Ende bei der Überarbeitung eh wieder raus und schreibe nur indirekt darüber.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Mondfräulein am 20. April 2016, 20:33:04
Mich stören Umschreibungen ehrlich gesagt eher als Schimpfwörter. Ich finde es sehr schwierig, so etwas permanent flüssig zu umschreiben, ohne dass mir eben nicht auffällt "Oh, da wollte der Autor wohl das Wort nicht hinschreiben" und wenn ich das merke, wirft mich das total aus der Geschichte raus. Ich will nicht merken, dass der Autor mir gerade etwas vorenthält, dass er gerade etwas umschreibt, das er nicht expliziet hinein schreiben will, weil er sich nicht traut. Ich habe auch kein Problem damit, wenn zum Beispiel Sexszenen eher paraphrasiert als ausgeschrieben werden, aber manchmal fällt es mir wirklich wahnsinnig unangenehm auf, wenn bestimmte Dinge nicht ausgeschrieben werden.

"He used a four letter word" zum Beispiel würde ich eher einem humoristischen Text zuordnen, oder eher, die einzelne Formulierung hat einen leicht humoristischen Klang. Das kann ich mir zum Beispiel gut von Ben Aaronovich vorstellen, irgendein Text, der mich schon ab und zu schmunzeln lässt. In einen bierernsten Text passt das finde ich überhaupt nicht. Formulierungen wie "Er stieß sich den Zeh an einem Stuhl und stolperte fluchend in den Flur" oder "Er murmelte eine Beleidigung und drehte sich von mir weg" benutze ich aber auch, einfach, weil es da nicht so wichtig ist, was die Person genau sagt, aber es fällt mir in Texten von anderen manchmal auch negativ auf, wenn bestimmte Dinge paraphrasiert werden wie zum Beispiel "Ich murmelte eine Zustimmung" oder so. Wie gesagt, es ist schwierig zu sagen, wann das passt und wann nicht.

Generell mag ich Schimpfwörter in Büchern sogar manchmal echt gerne. Zum Beispiel in "Wen der Rabe ruft" von Maggie Stiefvater. Ronan (und andere Figuren) flucht häufig - aber es würde niemals und wirklich gar nicht zu ihm passen, das nicht zu tun. Ronan Lynch der nicht flucht ist wie Game of Thrones, aber niemand stirbt. Es würde mich eher stören, wenn er das dann nicht tun dürfte. Kinderbücher sind da vielleicht nochmal etwas anderes, aber Menschen fluchen nunmal und wenn eine Figur in echt fluchen würde, warum soll sie es dann im Buch nicht tun dürfen?

Was ich aber absolut nicht gut finde sind Beleidigungen, die gleichzeitig diskriminierend sind. "Behindert" und "schwul" als Schimpfwort muss nun wirklich nicht sein. Es gibt genug andere Schimpfwörter, die sich gegen keine Minderheit richten, wirklich mehr als genug.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: JarlFrank am 20. April 2016, 20:47:38
Kommt bei mir ganz auf die Charaktere und die Geschichte an. In meinen Deppenwelt-Geschichten, die teils sehr derbe Parodien auf die klassische Fantasy sind, werden auch gerne mal kreative Kraftausdrücke verwendet, oder es wird an einer unpassenden Stelle geflucht um der Szene einen absurden Humor zu verleihen. Natürlich flucht hier auch nicht jeder Charaker, und jeder Charakter flucht anders. Und es wird auch nicht ständig geflucht.

Es muss nämlich zu drei Sachen passen, damit es richtig wirkt:
- zum Charakter
- zum Ton der Geschichte
- zur jeweiligen Szene

Im Englischen tue ich mich allgemein leichter mit den Flüchen, da das "fuck" einfach so unglaublich vielseitig ist. Aber auch da kommt es bei mir stark darauf an - in einer derben Bizarro-Story fliegen die F-Bombs umher, in einer normalen Fantasygeschichte kommen sie seltener vor - und da auch wieder abhängig vom Charakter. Die höfische Edeldame würde das nie sagen, oder wenn dann nur in einer ganz drecksbeschissenen Situation (und das ist etwas, wobei Fluchwörter sehr gut sein können: wenn es wirklich so daneben geht, dass ein Charakter der sonst eigentlich nicht flucht, nichts mehr rausbekommt außer ein entsetztes "fuck", weiß man, dass es ihm ordentlich die Sprache verschlagen hat), aber wenn ein abgehärteter Bandit der sein Geld durch nächtliche Überfälle auf Unschuldige verdient kein einziges mal das F-Wort in den Mund nimmt, ist er als harter Gossenhund nicht mehr so wirklich glaubhaft.

Flüche sind völlig in Ordnung, solange sie angebracht sind. Nicht jeder Charakter flucht. Aber einige Charaktere fluchen sehr viel. Genau wie im echten Leben eben auch.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Asterya am 20. April 2016, 20:53:14
Wenn es der Figur entspricht, öfter mal derbe zu fluchen, dann kann man das schon ausschreiben, finde ich, gerade wenn aus der Sicht dieser Figur erzählt wird. Flucht jemand anderes und der Perspektivträger stört sich extrem an derber Sprache, dann finde ich es jedoch auch passend, die Worte nur zu umschreiben. Kommt also ein wenig drauf an.
Wenn jedoch auch außerhalb der Figurenrede ständig vulgäre Ausdrücke verwendet werden, stört mich das als Leser schon irgendwann.

Ansonsten müssen es ja nicht immer nur die Standardbeleidigungen/-schimpfworte sein. Jede Welt hat irgendwie ihre eigenen Schimpfworte, die sich dann zum Teil auch auf die Mythologie oder Geschichte beziehen, von daher können diese Worte dann auch irgendwie die Welt charakterisieren. Auch im Bezug auf die Gesellschaft und ihre Werte wird durch unschöne Äußerungen einiges deutlich, z.B. wird eher die Mutter oder der Vater beleidigt oder die Figur selbst, werden bestimmte Äußerlichkeiten ständig im abwertenden Zusammenhang verwendet, etc.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Pinnie am 20. April 2016, 21:02:09
Ich geb in dem Kontext auch gern das Beispiel "Felidae" an. Vom Autor kann man halten was man will, aber zumindest der erste Felidae-Roman war klasse. :)

Mein Lieblingscharakter dort ist Blaubart. Als Katze ist er verstümmelt (buchstäblich), stoisch und Derb. Und so ist auch sein Sprachschatz. Und das gibt dem ganzen Roman eine irgendwo irritierende Leichtherzigkeit und ich freu mich immer über Sequenzen, in denen Blaubart vorkommt. :)

Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Evanesca Feuerblut am 20. April 2016, 21:52:22
Ich muss etwas ausholen...
Im Russischen - und der russischen Schriftliteratur - werden Flüche sehr ambivalent gesehen. "Mat" ist etwas, das NIE religiös konnotiert ist (ich nehme darum "Verdammt" gar nicht als Fluch wahr, irgendwie - objektiv gesehen ist es zwar einer, aber für mich als Atheistin und sowjetgeprägten Menschen rutschen solche Wörter einfach durchs Raster), sondern ausschließlich sexuell.
Als Solches ist es tabuisiert und darf in Literatur, die nicht als "Chernuha" (schwarze/dreckige Literatur) gilt, auf keinen Fall verwendet werden und wenn das mal passiert, ist das eine Riesensache.
Dafür hat sich aber eine RIESIGE Palette an "Fluchersatzwörtern" gebildet. Statt dem russischen Pendant zu "Bitch" sagt man etwas, was mit dem selben Buchstaben anfängt, aber völlig harmlos ist (z.B. "Ballerina", "Bibliothekerin", "Weißwäscherin" und ja, alle drei fangen im Russischen mit dem gleichen Buchstaben an wie das Schimpfwort) und schreibt in Romanen "Er verwendete ein Wort, das zensiert gehört" (man kann "Izrugalsya necenzurnay bran'yu" nicht wirklich sinnvoll ins Deutsche übersetzen).
Irgendwie hat sich dann die Sensibilisierung durch die Familie und meine Erziehung dafür gesorgt, dass ich gar nicht fluche im Privatleben. (Vermutlich sage ich zwar Dinge wie "Verdammt", aber wenn ich schon mal "Scheiße" sage, dann... keine Ahnung, muss ich wirklich schockiert sein oder schreckliche Schmerzen haben). Ich habe noch nie im Leben das F-Wort gesagt. Oder so.
Und ich hasse es wie die Pest, wenn in meiner Gegenwart geflucht wird (wobei auch hier gilt: Religiöse Flüche fallen durch den Filter, die nehme ich nicht mal wahr - alles andere schon) und wenn ich irgendwas ausdrücken will, das in Richtung Fluch/Schimpfwort geht, nutze ich Umschreibungen ("Donald Trump ist ein genetisch mit sich selbst verwandtes Produkt eines doppelten Afterausgangs" - und ja, so rede ich wirklich...).
So weit, so ich.

Beim Lesen stören mich Schimpfwörter dagegen gar nicht, solange sie zu den Personen und dem Setting passen. Beim "Lied von Eis und Feuer" wird ja geflucht, was das Zeug hält. Und es stört mich nicht. Kein bisschen.
Es muss eben zur Welt passen, wenn in einer Welt mit einem riesigen Pantheon mit christlichen Monotheismusflüchen hantiert wird, dann stört das für mich die Immersion.
Die Flüche bei "Harry Potter" fand ich unfassbar sympathisch und sehr kreativ. Merlins Unterhose :D.

Beim Schreiben... habe ich ein Problem. Jetzt nicht mehr so extrem wie früher, aber als ich Version zwei meines Erstlings anfertigte und dort mein Protagonist als "Pussy" beschimpft wurde, hatte ich Probleme, das Wort auszuschreiben.
Ich war so blockiert von der Konditionierung, dass es nicht ging.
Das wird langsam, weil ich sehr charakteregesteuert schreibe und einige von denen nun mal sehr derb sprechen. Aber es fällt mir oft schwer oder kostet mich Überwindung.
Und ja, ein wenig fürchte ich, dass Leser dann das Gefühl haben, die Autorin hätte einen Besenstiel da, wo die Sonne nie hinscheint...

Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Naudiz am 20. April 2016, 22:06:48
Ich störe mich auch nicht daran, wenn Figuren gelegentlich fluchen. Es muss aber zur Geschichte und vor allem zu den Figuren passen. Bei jemandem aus einer Zeit, Gesellschaft oder gar Welt, in der öffentliches Fluchen nicht gesellschaftlich akzeptiert ist, würde es mich sehr stören. Ich ziehe als Beispiel mal Steve Rogers aka Captain America heran: Wer um 1940 in den USA fluchte, war schnell als nicht respektabler Mensch verpönt. Als ein gut erzogener Mensch, der ein strahlendes Vorbild für andere sein sollte, wäre es also höchst out of character für ihn, wenn er fluchen würde wie ein Seemann.

Bei Figuren wie Logen "Bloody Nine" Ninefingers aus der Klingen-Reihe von Joe Abercrombie würde ich allerdings stutzig werden, wenn sie sich gewählt ausdrücken würden. Ich meine, ein Krieger aus einer Gesellschaft, welche die Härtesten der Härtesten ehrt, mit einem Beinamen, der anderen das Blut in den Adern gefrieren lässt ... der nicht flucht? Das wäre zwar eine interessante Abwechslung, aber im kulturellen und soziologischen Kontext wenig glaubwürdig.

Jedenfalls wird es für mich erst dann kritisch, wenn der halbe Text nur noch aus F-Bombs besteht. Das würde mir irgendwann einfach unsäglich auf die Nerven gehen, und ich würde mich fragen, ob der Autor irgendetwas damit kompensieren oder, noch schlimmer, sich durch diese "edginess" bei der Jugend anbiedern will. Das hätte dann was von dem vermeintlich trendigen Slang aus den alten Bravo-Zeitschriften, den nicht mal die Zielgruppe wirklich ernst nehmen, geschweige denn cool finden konnte.

(Ich sage "würde" und "hätte", weil mir zum Glück bisher noch kein Roman untergekommen ist, in dem das so extrem übel war. Bei Grim&Gritty erwarte ich häufiges Fluchen aber auch. Das wäre ohne einfach nicht dasselbe. Bei High Fantasy nach Tolkien'scher Art sehe ich das ein bisschen anders, aber in die Richtung hab ich schon seit Jahren nichts mehr gelesen.)

In meinen eigenen Romanen lasse ich meine Figuren aber trotz allem nur selten fluchen. Nicht, weil ich es mich nicht trauen würde, sondern, weil ein exzessiver Gebrauch von Schimpfwörtern in den meisten einfach überhaupt nicht passt. Die Hauptpersonen in meinem High Fantasy-Epos sind zum Beispiel fast ausschließlich Adlige in einer Gesellschaft, in der Fluchen als Sprache der Unterschicht gilt. In ganz besonders brenzligen Situationen rutscht ihnen zwar auch schon mal ein gepflegtes "Scheiße" raus, aber selten Schlimmeres.
Bei meinen Urban Fantasy-Werken bin ich da ein bisschen großzügiger. Aber die meisten davon spielen auch in Berlin, und wer von dort kommt oder schon mal dort war, weiß, dass die Berliner Schnauze ohne deftiges Fluchen einfach nicht dasselbe ist ;) Wobei da auch nur selten "richtige" Schimpfwörter vorkommen, sondern eher mehr oder weniger beleidigende Phrasen.

Kurz gesagt also: Fluchen ist für mich okay, solange es passt und nicht maßlos damit übertrieben wird.

Zitat von: Maubel am 20. April 2016, 12:59:33
Ich liebe ja spezifische Schimpfwörter, die der Welt eigen sind und zum Beispiel das "Gottverdammt" ablösen.

Das finde ich übrigens auch immer richtig klasse! Besonders positiv ist es mir bei den Chronicles of the Unhewn Throne von Brian Staveley aufgefallen - dort werden die Namen der Götter in die Flüche eingebunden, teils auch in verkürzter Form. Beispiel: "'shael-spawned", das sich von der Kurzform des Totengottes Ananshael ableitet und das man in einer anderen Welt ungefähr mit "höllengeboren" übersetzen könnte. Das fand ich echt nett.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Maubel am 20. April 2016, 22:17:07
Zitat von: Evanesca Feuerblut am 20. April 2016, 21:52:22
Beim Schreiben... habe ich ein Problem. Jetzt nicht mehr so extrem wie früher, aber als ich Version zwei meines Erstlings anfertigte und dort mein Protagonist als "Pussy" beschimpft wurde, hatte ich Probleme, das Wort auszuschreiben.
Ich war so blockiert von der Konditionierung, dass es nicht ging.
Das wird langsam, weil ich sehr charakteregesteuert schreibe und einige von denen nun mal sehr derb sprechen. Aber es fällt mir oft schwer oder kostet mich Überwindung.
Und ja, ein wenig fürchte ich, dass Leser dann das Gefühl haben, die Autorin hätte einen Besenstiel da, wo die Sonne nie hinscheint...

Genau so geht es mir auch, da ich selber so schrecklich wenig fluche. (wobei englisch leichter fällt) Es kostet mich immer riesige Überwindungen so richtige Schimpfwörter auszuschreiben. Manche könnte ich wahrscheinlich gar nicht in den Mund nehmen oder in den Stift, da ist meine Abneigung einfach zu groß dafür. Aber aber, ich bemühe mich, wenn es zum Charakter/Situation passt.  ;D
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Lothen am 20. April 2016, 22:20:59
Das ist spannend, Evanesca und Maubel. Ich glaube, ich fluche auch ziemlich selten, zumindest derb, aber mit Flüchen in meinem Romanen hatte ich noch nie Probleme.

Ich finde übrigens, Flüche sind auch eine schöne Möglichkeit für Worldbuilding. Ich hab das schon in einigen Geschichten erlebt, dass dort in den Flüchen ("beim Barte des ..." oder wie auch immer) Details aus dem Weltgeschehen, der Geschichte oder dem Glauben verwoben waren, und seitdem bemühe ich mich darum auch. Klappt aber nicht immer. ;)

/EDIT: Ups, gerade erst gesehen, Naudiz hatte das ja auch schon angesprochen, der Beitrag ist mir nur entglitten. Egal, doppelt hält besser. :P
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Churke am 21. April 2016, 00:04:22
Zitat von: Naudiz am 20. April 2016, 22:06:48
Jedenfalls wird es für mich erst dann kritisch, wenn der halbe Text nur noch aus F-Bombs besteht.

Wie bei Hillary Clinton...  :P

"Where is the G*damn f**king flag! I want the G*damn f**king flag up every morning at f**king sunrise."
F**k off! It's enough I have to see you shit-kickers every day, I'm not going to talk to you too!! Just do your G*damn job and keep your mouth shut."
"If you want to remain on this detail, get your f**king ass over here and grab those bags!"
"Stay the f**k back, stay the f**k back away from me! Don't come within ten yards of me, or else! Just f**king do as I say, Okay!!?"
"Where's the miserable c**k sucker!"
"You f**king idiot"

https://www.thomhartmann.com/users/telliottmbamsc/blog/2015/10/new-york-post-%E2%80%9Csecret-service-agents-hillary-nightmare-work-with%E2%80%9D

Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Naudiz am 21. April 2016, 01:10:38
@Churke: :o Ungefähr so meinte ich das, ja.

@Evanesca: Ja, Konditionierung kann schon sehr viel ausmachen. Ich habe Freunde, bei denen das ganz ähnlich ist, weil in der Familie einfach niemand flucht und es generell als unschicklich angesehen wird. Auch Jahre später bekommen sie immer noch einen kleineren Schock, wenn ich anfange, zu schimpfen. Ich bin ja sonst doch eher jemand, der sich etwas kultivierter ausdrückt. Was mich nicht daran hindert, zu fluchen wie ein Seemann. Das ist dann wohl meine Konditionierung, denn in meiner Familie hält sich damit niemand zurück, außer vielleicht in Gegenwart kleinerer Kinder.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: LinaFranken am 23. April 2016, 01:12:08
Ich für meinen Teil habe kein Problem mit Gewalt oder derben Flüchen in Romanen/Serien etc., allerdings muss ich immer innehalten und überlegen ob meine sehr kreativen Schimpf-Triaden nicht zu übertrieben sind und schreibe sie dann meist doch ein wenig um. Wir Osteuropäer sind ja unglaublich krativ beim Fluchen :snicker: Da gibt es allein dutzende Bezeichnungen für "Jemanden der ein intimes Verhältniss zu seiner Mutter hat", aber so richtig austoben kann ich mich da in meinen Geschichten leider selten, weil zu derbe Schimpf-Triaden den Sympathie-Wert eines Charakters erheblich absenken könnten, der eigentlich nicht als Anthagonist gemeint ist. Meistens wird Schimpfen mit "Anthagonist" in Verbindung gebracht, weil es eben "ungebührliches Verhalten" ist. Andererseits bin ich aber auch ein großer Fan von "Anti-Helden", die mehr fluchen und kaputter sind als der eigentliche Antagonist.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Angela am 23. April 2016, 08:31:47
Ich höre in Kanada und den USA sehr selten Leute in der Öffentlichkeit (also in meinem Fall in den Bussen, U-Bahn, Zug, beim Essen) fluchen, selbst die Kiddies halten sich zurück. Wenn, sieht man ihnen meist schon sehr an, dass da etwas in ihrem Leben neben der Spur verlaufen ist, oder sie schlicht ein mentales Problem/Drogenproblem haben. Am Anfang hat mich das gewundert, weil in den Filmen oft so viel geflucht wird, als wäre es normal.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: funkelsinlas am 24. April 2016, 11:32:53
@Lothen : Das mit dem Worldbuilding stimmt. Da kann man besonders mit spielen, wenn man verschiedene Nationalitäten, Bildungsklassen und anderweitig definierte Gruppen auf einander stoßen lässt.
Das Problem hierbei ist aber finde ich oft die Religion. Bei FLuchen und Danken ist man sehr schnell bei geflügelten Wörtern mit Gott und Teufel. Bei mir gibts das nicht, das verlangt dann teilweise echte Kreativität...

Schimpfwörter, Fluchen und andere Beleidigungen finde ich für die Bücher sogar irgendwie wichtig. Das malt ein glaubhafteres Bild für die Gesellschaft, natürlich in den einzelnen Schichten mit Abstufung. Es zu schreiben fällt mir zwar am Anfang jedesmal schwer, aber wenn ich es dann nochmal durchlese passt es schon.

Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: JarlFrank am 25. April 2016, 13:42:48
Zitat von: Lina Franken am 23. April 2016, 01:12:08
Ich für meinen Teil habe kein Problem mit Gewalt oder derben Flüchen in Romanen/Serien etc., allerdings muss ich immer innehalten und überlegen ob meine sehr kreativen Schimpf-Triaden nicht zu übertrieben sind und schreibe sie dann meist doch ein wenig um. Wir Osteuropäer sind ja unglaublich krativ beim Fluchen :snicker: Da gibt es allein dutzende Bezeichnungen für "Jemanden der ein intimes Verhältniss zu seiner Mutter hat", aber so richtig austoben kann ich mich da in meinen Geschichten leider selten, weil zu derbe Schimpf-Triaden den Sympathie-Wert eines Charakters erheblich absenken könnten, der eigentlich nicht als Anthagonist gemeint ist. Meistens wird Schimpfen mit "Anthagonist" in Verbindung gebracht, weil es eben "ungebührliches Verhalten" ist. Andererseits bin ich aber auch ein großer Fan von "Anti-Helden", die mehr fluchen und kaputter sind als der eigentliche Antagonist.

Das kommt aber doch echt aufs Genre an. In einem "grimdark" Fantasyroman in dem es hart hergeht und die Protagonisten Diebe, Kämpfer oder Prostituierte sind erwartet der Leser doch regelrecht, dass auch mal ein Fluch aus deren Mund kommt. Die beliebtesten Charaktere aus George Martins "Game of Thrones" sind Antihelden, die vor rauem Umgang nicht zurückschrecken - man denke nur an Tyrion und den Söldner Bronn, oder die feiste kleine Arya.
Und in den hard boiled detective novels muss der Protagonist auch ein Antiheld sein, am besten kettenrauchender Alkoholiker der vor Schlägereien nicht zurückschreckt.

Ich fand einen Antihelden bisher noch nie unsympathisch - aber ich denke, Bücher mit Antihelden haben auch eine andere Lesergruppe als Bücher mit netten, anständigen Helden. :D
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Snöblumma am 25. April 2016, 17:52:38
Ich muss mich immer ein wenig zurück halten beim Schreiben... Ich fluche selber recht gerne (und meistens ist es nur halb so schlimm gemeint wie es vielleicht klingt), und lasse meine Charaktere so etwas wie "verdammt" oder "verflucht" relativ häufig sagen bzw denken. Für mich ist so etwas wie "Kreizzefix noamal" oder das geflügelte "l.m.a.a." vollkommen normale Sprache und daher noch nicht fluchen oder schimpfen im eigentlichen Sinne, sondern eher Ausdruck allgemeiner Stressbewältigung.

Von daher muss ich bei Charakteren, die so etwas nicht tun würden, immer ganz besonders aufpassen, dass es mir nicht zu oft in deren Rede oder Erzählpassagen rutscht. Und sowas zu vermeiden ist auch nicht so ganz einfach...
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: catlord am 15. Mai 2016, 08:22:03
@Evanesca Feuerblut
Danke für den Einblick, hab mich bei Wächter der Nacht und Metro 2033 schon manchmal gefragt, warum da so wenig geflucht wird  8)

Ich respektiere Leute, die ihre Sprache rein halten wollen,
Zitat"Donald Trump ist ein genetisch mit sich selbst verwandtes Produkt eines doppelten Afterausgangs"
:jau: ;D,
aber ich fluche viel und irgendwie gerne, daher kommt es auch in meinem Geschreibe oft durch.

Der für mich wichtigste Punkt ist, wie von einigen erwähnt, Immersion. Da muss man höllisch aufpassen. Gerade bei Fantasy in einer fiktiven Welt haben manche Schimpfworte die wir kennen einfach keine Grundlage, weil sie z.B. an eine Sprache oder Ereignisse angelehnt sind, die dort nicht existieren.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Vic am 15. Mai 2016, 10:51:08
Ich finde Fluchen auch wichtig, wenn es zum Charakter und zum Setting passt.
Schade finde ich, dass wir Deutschen dabei offensichtlich nicht so kreativ sind - in englischen Geschichten gibt es so  viele wunderbare, einzigartige Flüche, die schon beinah Charaktermerkmale sind und im Deutschen ist es doch meistens "Scheiße" "Mist" "verdammt" etc.
Und die Charakterbeschimpfungen arten schnell in Richtungen auf, die ich ganz und gar nicht in Ordnung finde (alles mit "Spasti" oder "voll behindert" - sorry, aber das ist echt grässlich und sollte vermieden werden).
Eigentlich bräuchte man mal einen Thread hier wo man schöne, neue Flüche und Beleidigungen sammelt. *g*
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Guddy am 17. Mai 2016, 17:25:46
Zitat von: Vic am 15. Mai 2016, 10:51:08
Schade finde ich, dass wir Deutschen dabei offensichtlich nicht so kreativ sind - in englischen Geschichten gibt es so  viele wunderbare, einzigartige Flüche, die schon beinah Charaktermerkmale sind und im Deutschen ist es doch meistens "Scheiße" "Mist" "verdammt" etc.
Würde ich nicht sagen. Im Eifer des Gefechts rutscht Englischsprachlern auch eher nur ein "Fuck" oder "Shit" raus, als dass sie sich da besonders kreativ hervortun würden. Andersrum gibt es doch auch etliche deutsche Kreationen (Deren konkrete Beispiele mir dummerweise und natürlich gerade nicht einfallen wollen. ;D Allein bei Moers wird man aber schon fündig. Und selber ausdenken kann man sich immer viel. Die Frage ist nur, ob das zur Figur und zur Situation passt.)

Bezüglich Charaktermerkmale fallen mir aber auch gerade nur Kapitän Haddock (franz.) und Ronja Räubertochter (schwed.) ein. Gibt da sicherlich noch mehr.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Coehoorn am 19. Mai 2016, 01:50:11
Meine Charactere fluchen je nach Herkunft mal mehr mal weniger deftig.
Das kann bei Personen aus einem höheren Stand mal bei einem "Dorftrottel" oder "verdammt" bleiben, mal ist es auch eine unterschwellige Beleidigung (Wieso rede ich überhaupt mit ihm?), während bei der Armee oder Söldnern "Hurensohn" eher zum standartmäßigen Wortschatz gehört.
Die derbste Beleidigung kriegen meine Protagonisten an den Kopf geworfen als sie auf ihren Pferden durch eine Menschenmenge auf einem Marktplatz reiten und diese dabei achtlos auseinandertreiben und herumschubsen. Einer nicht näher definierten Person aus besagter Menschenmenge kommt ein kräftiges "Tausendfach verflucht sei die Fotze die euch ausgekotzt hat!" über die Lippen.

Es muss halt einfach passen. Ein Edelmann, der bei einer förmlichen Zeremonie sitzt, wird nicht mit Flüchen um sich werfen. Spricht er aber mit seinem Vertrauten über seinen ärgsten politischen Gegner könnte er durchaus extrem unflätig werden.
Genauso passt es einfach nicht, wenn ein Söldner oder Söldat sich am Lagerfeuer hemmungslos betrinkt und dann nett und freundlich reagiert, wenn er von jemandem angerempelt wird. In Gegenwart seines Kommandanten weiß er sich aber sicherlich zu benehmen.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Fianna am 19. Mai 2016, 17:08:10
Zitat von: Coehoorn am 19. Mai 2016, 01:50:11
Es muss halt einfach passen. Ein Edelmann, der bei einer förmlichen Zeremonie sitzt, wird nicht mit Flüchen um sich werfen.
Das würde ich jetzt auch nicht kategorisch ausschließen, auch das kommt auf den Kontext an. Es muss nicht einmal etwas großartig Dramatisches geschehen, um den Edelmann da zum Fluchen zu bringen. Es gibt in der Geschichte genügend Höfe, an denen eine grobe Sprache verbreitet war, das höfische Ideal ist vor allem ein literarisch tradiertes Idealbild.
Dann gibt es eigentlich in jeder Regierungszeit mindestens ein exzentrisches Original, dem man sowas auch theoretisch immer zutrauen muss. Hinzu kommt, dass auch nicht immer alle Zuschauer in unmittelbarer Nähe / Hörweite der hauptakteure sitzen und da durchaus auch mit anderen Dingen beschäftigt sind, als atemlos der Zeremonie zu folgen (sich beispielsweise über die schlechten Plätze oder die Positionierung in der Nähe von im Rang unter ihnen vermutetetn Leuten ärgern und so weiter).

Die von mir zitierte Aussage finde ich recht verallgemeinernd. Das mag für viele Geschichten und Szenen zutreffen, aber als allgemeine Aussage kann das nur gelten, wenn man ein undifferenziertes Aristokratiebild nutzt, das sich eng an dem höfischen Idealbild hält, welches mit der Realität wenig zu tun hat.

Natürlich ist das nur meine Meinung, die man auch doof finden kann.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Coehoorn am 19. Mai 2016, 17:56:48
Das war ein Beispiel.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Thistle am 02. Juni 2016, 12:28:28
Hallöchen,

ich muss gestehen, dass ich meinen Figuren nicht die Wortwahl in den Mund legen darf, die ich so manches Mal nutze, wenn mir die Sicherungen durchbrennen.  :-[

Aber Fluchen im angemessenen Sinne finde ich auch wichtig, denn es gehört zum Alltag, aber meiner Meinung nach sollte man es nicht so übertreiben, dass es nur noch wie Gossensprache klingt... Außer die Geschichte spielt in der Gosse...  :hmmm:

LG Thistle
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Sturmloewin am 02. Juni 2016, 19:35:07
Mir gefällt, wie Harry Potter oft damit umgeht. Dann kommt so was wie: "Ron stieß etwas aus, das er sicher nicht vor Mrs Weasley gesagt hätte"
oder "Peeves, der sich in Rüstungen versteckte und die leeren Textzeilen durch allesamt obszöne Reime ersetzte" Die Lösung finde ich gut, kann aber auch schnell blöd wirken, wenn man es zu auffällig auslässt.
Ich habe es bisher so gehandhabt, dass ich Schimpfworte eigentlich mit reingeschrieben habe. WEnn es um Kindergeschichten geht, kommen eben "mildere" Schimpfworte zum Einsatz, aber ich finde halt, dass Fluchen normal ist und deshalb nicht gar nicht erwähnt werden sollte.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Jiela am 02. Juli 2016, 14:58:54
Ich lese gerade ein High-Fantasy Buch, in den regelmäßig geflucht wird und reißt mich jedes Mal aus dem Setting, was ich total schade finde.  :-\
Ich bin der Meinung, dass in anderen Welten andere Flüche verwendet werden sollten, schließlich war der Autor kreativ genug eine Welt mit sämtlichen Kulturen zu erfinden.
Klar, es ist nicht immer einfach, neue Schimpfwörter zu erfinden, aber es ist ja nicht so, dass das Schreiben an sich leicht wäre, oder?
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Araluen am 02. Juli 2016, 15:05:52
Mir macht es immer Spaß ans Setting angepasste Redewendungen und eben auch Flüche, Beschimpfungen oder Anrufungen zu erfinden. Es muss wirklich passen. Wenn nur ständig unsere jetzt gebrauchten Stadardsprüche fallen, danns chadet das dem Lesefluss.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Erdbeere am 03. Juli 2016, 16:12:37
Meine Figuren fluchen auch sehr oft, aber natürlich nur, wenn es zum Charakter und zum Setting passt. Letztens habe ich mich zuerst mit meinem Verleger und dann mit meinem Lektor deswegen gestritten. Meine Prota - Frau Anfang 30, mit zwielichtigem Hintergrund, im viktorianischen England - darf laut den beiden nicht einmal "Mist!" denken, geschweige denn laut fluchen. Ich hielt dagegen. Sie ist keine Frau von höherem Stand. Sie flucht gern wie ein Arbeiter. Und, oh boy, haben die Viktorianer geflucht, sag ich euch! Es gibt heute noch Straßen, die z.B. "Shitelane" heißen. Ich darf sie nun fluchen lassen. ;D

Was kreative Schimpfwörter angeht, halte ich mich gern an Kapitän Haddock. Der flucht tatsächlich einmal "Sie Gurkensalat!" :rofl:
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Gabryel am 03. Juli 2016, 18:20:41
Da fällt mir spontan Zounderkite zu ein :D Diese kennst du bestimmt, aber wer mal ein paar Beleidigungen aus dem 19. Jahrhundert lesen will:
https://www.thrillist.com/lifestyle/nation/1800s-insults-slang-from-the-victorian-era

Ich finde auch, es muss zum Setting passen - aber gerade deshalb lasse ich meine Figuren auch gern mal fluchen oder Beleidigungen ausstoßen. Die sind eben selten 12 und brav, da ist es eher unnatürlich, wenn sie das nicht täten.
Titel: Re: Schimpfen und Fluchen in Geschichten
Beitrag von: Tinnue am 03. Juli 2016, 19:48:16
ZitatWas kreative Schimpfwörter angeht, halte ich mich gern an Kapitän Haddock. Der flucht tatsächlich einmal "Sie Gurkensalat!" :rofl:

@Erdbeere:  :rofl:
Der Gurkensalat ist überall! Überall!

Meine Amazone hat immer "Dung!" gerufen, wenn sie geflucht hat. Das fand ich ganz lustig, aber ich glaub das wär auch nicht sonderlich kreativ gewesen.