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Arbeit und Schreiben - Zweckgemeinschaft, Liebespaar oder Feinde?

Begonnen von Leann, 05. April 2013, 10:51:59

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Leann

Angeregt durch ,,Das Haus am See" habe ich mir Gedanken über die Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Schreiben gemacht. Viele von uns können (noch) nicht vom Schreiben leben und verdienen sich den Lebensunterhalt mit einer anderen Arbeit. Diese kann sich sowohl störend als auch inspirierend auf das Schreiben auswirken. Darüber möchte ich mich gerne mit euch austauschen.

Ob man seinen ,,Brotjob" nun gerne macht oder nicht, ein Zeiträuber ist er ja schon. Zeit, die vom Schreiben abgeht. Wer von 7 bis 18 Uhr oder länger arbeitet und nebenbei auch noch Sport machen, Freunde treffen oder Hobbies nachgehen möchte, hat nicht mehr viel Zeit übrig, um zu schreiben. Etwas kommt zwangsweise zu kurz. Oft ist das der Schlaf. Dazu kommt noch, dass ein körperlich oder geistig anspruchsvoller Job so auslaugen kann, dass die Motivation, nach einem anstrengenden Arbeitstag noch zu schreiben, gen Null tendiert.

Andererseits kann die Arbeit auch positive Aspekte haben. Davon abgesehen, dass sie Erfolgserlebnisse liefert (hoffentlich) und das Selbstvertrauen stärken kann, ist sie oft auch ein Quell der Inspiration. Außerdem bietet sie eine nötige Auszeit vom Schreiben, man kommt unter Leute, macht Erfahrungen, erweitert den eigenen Horizont. Um diese Aspekte genießen zu können, muss die Arbeit allerdings auch entsprechend geartet sein. Wer sich täglich lustlos oder gar mit Angstgefühlen zum ungeliebten Job schleppt, wird der Arbeit nichts Positives abgewinnen können, sondern nur dem Feierabend entgegenfiebern.
Aber sogar dies muss sich nicht unbedingt negativ auf das Schreiben auswirken. Ist der Job tatsächlich nur Mittel zum Zweck, so bietet das Schreiben die willkommene Möglichkeit, aus dem tristen Arbeitsalltag zu fliehen und in andere Welten einzutauchen. Bei einigen mag sogar gerade die Unzufriedenheit mit der Arbeit zur schriftstellerischen Tätigkeit geführt habe.

Ich habe bemerkt, dass ich seltsamerweise gerade bei hohem Arbeitsanfall im Job besonders viel und gerne schreibe. Oft motiviert gerade die Aussicht darauf, mich nach Feierabend wieder meinem Schreibprojekt widmen zu können, zügig weiterzuarbeiten. Der Gedanke an das Schreiben hebt meine Stimmung und hellt den Arbeitsalltag auf.

Und dann gibt es vielleicht sogar einige Glückliche, die während der Arbeit schreiben, mit oder ohne Billigung des Arbeitgebers. Ich könnte theoretisch zumindest die Mittagspause nutzen, aber das ist nicht mein Fall, da ich zum Schreiben die ungestörte Ruhe meines Schreibzimmers und passende Musik brauche. Daher sind Arbeit und Schreiben bei mir strikt getrennt.

Schön ist natürlich, wenn auch die Arbeit mit dem Schreiben zusammenhängt. Das schult den Schreibmuskel, auch wenn man sich kreativ nicht so auslassen kann wie in der Freizeit. Meine beliebten ,,Genre" bei der Arbeit sind zum Beispiel Protokolle und Sitzungsvorlagen. Wer wie ich eher trockene Texte verfasst muss evtl. aufpassen, diesen Stil nicht auf andere Schreibprojekte zu übertragen. Wer möchte schon Beamtendeutsch im Fantasyroman lesen?  ;)

Wie sieht das denn bei euch aus? Erkennt ihr Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Schreiben?
   

Runaway

Wie ich in besagtem Thread schon geschrieben habe, wäre es mir lieber, meine Arbeit wäre das Schreiben. Für mich fühlt es sich so an, als würde die Arbeit mir Schreibzeit stehlen. Tut sie ja auch!
Ich arbeite Vollzeit, hab ja grad erst angefangen, aber langfristig möchte ich definitiv weniger arbeiten. 30 Stunden wär toll.
Und wenn ich dann irgendwann mal eine Familie will ... dann wird es besonders lustig. Wie das klappt, hängt natürlich auch von der beruflichen Zukunft meines Mannes ab. Er unterstützt mich beim Schreiben und wäre damit einverstanden, daß er der Hauptbrotverdiener ist und ich idealerweise was durchs Schreiben dazuverdiene.
Das wäre toll.

Ich hab lange gebraucht, um mich daran zu gewöhnen, 8 Stunden arbeiten zu sein und danach noch Lust und Energie fürs Schreiben übrig haben zu wollen. Das klappt nicht immer. Je mehr Streß im Job, desto weniger Inspiration. So ist das leider bei mir. Ich brauche einfach Ruhe, damit meine Inspiration sich entwickelt. Im Studium war das nicht so, da war ich grad während der Klausurphasen am kreativsten, aber das ist weg.

Definitiv ist das Schreiben für mich eine Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen. Ich war völlig frustriert, als ich letztes Jahr neben der Arbeit schreibblockiert war. Furchtbares Gefühl. Da gab's dann gar nix Schönes.

Bei mir auf der Arbeit ist es so, daß ich streckenweise gut ausgelastet bin, streckenweise aber wieder nicht. Gerade gilt letzterer Fall, es ist Osterurlaub, tote Hose, nix los. In solchen Situationen habe ich hier auf der Arbeit schon geschrieben, aber das Ergebnis dieser Aktionen ist meist durchwachsen. Ich kann hier einfach nicht so in die Geschichte eintauchen, wie es nötig wäre. Überarbeiten geht da schon besser. Aber irgendwie ist das alles nichts Richtiges.

Ich arbeite auf der Arbeit meistens genau so lang, wie ich muß. Ich komme jeden Tag früh und gehe meist pünktlich zum Ende der Kernarbeitszeit. Das ist mir wichtig, denn ich brauche auch einen Moment, um runterzukommen und dann zu Hause schreiben zu können.
Aber weil das in meiner Abteilung unüblich ist, gucken die Kollegen manchmal schon doof. Ja, ich hab ein Leben neben meinem Job, ist das so komisch?!