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Nachnamen - förderlich oder hinderlich?

Begonnen von Amaretin, 13. September 2011, 16:30:26

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Arcor

Zitat von: HauntingWitch am 11. Oktober 2011, 11:17:28
Ich finde auch, dass es auf den Charakter und die Welt ankommt.

Dem stimme ich zu. Es gibt in meiner Welt auch mehrere Menschenvölker, die Nachnamen haben, da ihre Länder und ihre Kulturen auch eher mittelalterlich angelegt sind, wo Familiennamen (v.A. beim Adel) ja bereits existierten. Dagegen haben andere Völker keinen Nachnamen, weil es da irgendwie nicht zu Kultur gehört. Da werden die Figuren eher über den Ort definiert, aus dem sie stammen, oder über die Namen der Eltern (a la "Aragorn, Son of Arathorn" etc. etc.).

Je näher das Setting allerdings an der unsrigen Zeit liegt, desto wichtiger würde ich Nachnamen erachten.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Sin

Hallihallo,

also bei meinem jetztigen Projekt(chen), haben nur die Adligen einen Nachnamen.
Die ganzen Spielleute, Sänger, Händler, etc. bekommen nur einen Vornamen.
Zumindest ist das bei ihnen allen so normal, wie sie mir versichert haben.  :hmmm:

Auch in anderen Projekten halte ich es ähnlich.
Wenn mir ein Großteil der wichtigen Personen ihren Nachnamen verrät, bekommen alle einen und wenn nicht...

In Romanen im Allgemeinen kommt es mir auch nicht so auf Nachnamen an.
Besonders im Bereich Fantasy kommen Figuren gut ohne ihn aus.
Nur in Büchern, die im 'Jetzt' spielen, da finde ich es passender, wenn sie Nachnamen haben.

LG
Sin

Lisande

Zitat von: Arrisull am 09. Oktober 2011, 19:28:33
Ich persönlich finde Nachnamen wichtig, da diese schon etwas über den Charakter der Figur aussagen können (wenn man es geschickt macht).
Ich meine, Karl der Große heißt nicht umsonst Karl der Große  ;)

"Der Große" war aber kein Nachname, sondern ein Namenszusatz. ;)

Ich will hier auch gar nicht noch einmal die "Kommt auf's Setting an" Meinung vertreten, ich denke, da ist schon viel zu gesagt worden. Was ich aber für ganz wichtig halte, ist den Leser nicht zu verwirren. Mal den Vornamen, mal den Nachnamen, und dann noch einen der fünf Zusätze, die sich der Held im Laufe seiner "Amts"zeit verdient hat zu verwenden mag spannend sein und Wortwiederholungen vermeiden, aber der arme Leser wird in der Regel nach der ersten Seite nicht mehr wissen, wer überhaupt gemeint ist.

Zum Thema Perspektive: wenn man sich für Nachnamen entscheidet, kann es durchaus ein Stilmittel sein, wenn der Perspektivträger jemanden zunächst mit Nachnamen bezeichnet und dann, wenn sie sich besser kennen, irgendwann zum Vornamen übergeht.

Zit

Ich würde es nicht als Stilmittel bezeichnen, sondern als Entwicklung der Charakterbeziehung. Andererseits kann man das auch mit Anreden auffangen, da braucht man keine Nachnamen so dirngend dazu.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Lisande

Zitat von: Zitkalasa am 07. November 2011, 15:11:40
Ich würde es nicht als Stilmittel bezeichnen, sondern als Entwicklung der Charakterbeziehung.

Jupp, das stimmt, die Bezeichnung ist wesentlich treffender.

ZitatAndererseits kann man das auch mit Anreden auffangen, da braucht man keine Nachnamen so dirngend dazu.

Richtig. Sollte auch kein Argument für Nachnamen sein, sondern nur eine Anregung, was man so alles damit anstellen kann, wenn man sich denn dafür entscheidet. :)
Bei mir gibt es (zumindest momentan) auch noch keine Nachnamen, sondern nur Titel bzw. Rang- oder Berufsbezeichnungen.

Nirathina

Hallöchen  :winke:

Also ich muss ja sagen, dass ich anfangs etwas skeptisch war, was Nachnamen betrifft, aber letztlich habe ich einen guten Kompromiss - für mich - gefunden.

Generell haben die Menschen bei mir Nachnamen, aber es werden meist nur die der Adeligen erwähnt, der Übersicht halber. Bei den anderen Völkern hängt das vom sozialen Status ab, von der Position, die man bekleidet, etc.
Nachnamen, so denke ich, sagen ja eigentlich schon sehr viel über den Charakter aus, zumal es ja meistens so ist, dass der Nachname eine Bedeutung in der Geschichte der Familie einnimmt, beziehungsweise aus dieser Familienhistorie entstammt (wie bei uns in Deutschland eben mit den Müllern und Meiern und so weiter  ;) ). Deshalb erwähne ich in meinem Manuskript die Nachnamen nur dann explizit, wenn sie wichtig für die Eigenschaft des Charakters sind. Also wenn bei mir jemand den Namen Aratir trägt, was übersetzt Bezwinger heißt, dann muss ich ja auch erklären, warum das so ist  8)

Es kommt aber auch ganz darauf an, ob man selbst nun eine Affi

Yamuri

Bei einem meiner Projekte haben die Charas alle keine Nachnamen, obwohl man vermutlich bei Charas, die überwiegend an einem bestimmten Ort leben einfach den Zusatz "aus" oder "von" plus den Stadttitel geben könnte. Euer Thread hier hat mich gerade auf diesen Gedanken gebracht. Nachnamen gibt es in besagter Welt aus einem bestimmten Grund nicht, aber sicherlich gibt es Menschen die denselben Vornamen tragen und um dann zu unterscheiden wen man meint, sind Zusätze in Form von Berufen oder Standorten vermutlich nicht schlecht, selbst wenn ich darauf geachtet habe möglichst alle mit anderen Namen zu besetzen.

Ansonsten achte ich schon darauf, dass sie Nachnamen haben, selbst wenn diese nicht unbedingt immer genannt werden.
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Volker


Drachenfeder

Das aktuelle Setting in meinem Roman ist Frankfurt am Main. Meine Prota 1 ist Redakteurin und berichtet über eine aktuelle mysteriöse Katastrophe. Beim Plotten habe ich mir keine Gedanken um Nachnamen gemacht, da ich mir in beinahe allen Geschichten zuvor keine Gedanken darüber gemacht habe. Nun gelangte ich bei einer Szene an einen Punkt, an dem ich den Nachnamen schreiben wollte / musste, da es sich einfach wichtig angefühlt hat und habe dann überraschend festgestellt, dass sie ja gar keinen hat  :-\ Und dann bin ich mal wieder bei meinem Lieblingsthema: Namensfindung  :d'oh:



Araluen

Bei meinem jetzigen Projekt haben alle Figuren Nachnamen, die Hauptfigur wird sogar hauptsächlich mit Nachnamen erwähnt und angesprochen, ebenso die meisten anderen Figuren, sofern sie erwachsen sind. Mein Setting findet sich in London des ausgehenden 19. Jahrhunderts wieder. Da hatte ich nicht wirklich eine Wahl. Zur Namensfindung habe ich Namensgeneratoren (vornehmlich für den Steampunktbereich, auch wenn ich keinen Steampunk schreibe aktuell) zu Rate gezogen und bei der Recherche zu Zeit und Politik mir alles an Namen notiert, was mir über den Weg lief, um ein Gefühl für die Art der Vor- (ja, die haben meine Figuren auch, auch wenn ich großteils drauf verzichten muss) und Nachnamen zu bekommen. Was auch sehr inspririerend sein kann, sind Filmabspänne, bei denen sich man mal auf die Namen der Mitwirkenden konzentriert. Da kommt einiges an Namen zusammen.
Ansonsten kommt es für mich für die betreffende Figur vor allem auf die Lebensumstände an, ob sie einen Nachnamen bekommt und welcher Art dieser ist, gerade in Fantasysettings.
Nachnamen kommen in der Regel immer dann auf, wenn eine unübersichtliche Zahl an Menschen an einem Ort zusammenlebt. In Städten oder Dörfern haben die Leute in der Regel Nachnamen, um Verwirrungen zu vermeiden und Familienzugehörigkeiten direkt anzuzeigen. Im Adel gibt es Nachnamen und Titel, um Besitzansprüche und Blutslinien anzuzeigen. In kleineren Gruppen, wie fahrendes Volk oder Söldnergruppen, wird dann vermutlich eher auf Nachnamen verzichtet. Die Wahrscheinlichkeit der Verwechslung ist gering und wenn kann man noch auf Spitznamen zurückgreifen und in solchen Konstellationen sind Blutslinien und Besitzansprüche eher zweitrangig. Der einsame Kämpfer, der durch die Lande zieht, um möglichst weit weg von seiner Vergangenheit zu kommen, wird auch eher auf einen Familiennamen verzichten, selbst wenn er pro forma einen hätte.
Nach welchen Regeln man Nachnamen vergibt/erstellt in einem Fantasysetting, sollte auch überlegt sein. Das einfache Volk greift in der Regel auf einfache Dinge zurück - Ortsbezeichnungen, Berufe oder abgeleitet von einer großen Tat eines Anverwandten (so wird dann aus einem Beinamen mit der Zeit ein Nachname). Kreative Silbenbasteleien dürften eher selten sein. Sowas würde ich eher dem Adel überlassen, wobei auch der sich in der Namensfindung oft an seinen Ländereien orientiert.
Wie auch immer man bastelt, ein gewisses Schema sollt ein meinen Augen zu erkennen sein und das oben genannte sind Beispiele und keine Regeln.
Wenn man dem Nachnamen noch eine versteckte sprich plotrelevante Bedeutung geben möchte, muss man auch beachten, dass der Nachname die ganze Familie repräsentiert und nicht nur die Figur. Wenn ich meinen Prota also Eboni Schattenbringer nenne, weil Eboni im Plot nun einmal ein neues Zeitalter der Finsternis einläuten wird, dann sollte mir klar sein, dass Schattenbringer, sofern es als Nachname und nicht als Beiname genutzt wird, die ganze Familie repräsentiert und dann sollte man sich fragen, wie Familie Schattenbringer zu diesem prophetischen Namen kam - kann interessant sein, kann aber auch null Sinn machen.
Deshalb würde ich sagen, dass Nachnamen eher weniger etwas zur Figur selbst (die Rolle übernehmen eher Bei- und Spitznamen), als zur Familie im Hintergrund aussagen sollten, während der Vorname wie auch immer den Charakter oder andere Facetten der Figur widerspiegeln kann.
Und wie gesagt: Je größer der Ballungsraum ist, in dem die Figuren ihren Alltag fristen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie einen Nachnamen haben. Ob dieser nun beständig erwähnt werden muss, ist eine andere Sache. Unserem vollen Namen begegnen wir im Alltag ja auch eher selten... eigentlich nur auf dem Amt, wenn wir ihn in ein Formular eintragen. Ansonsten werden wir je nach Umfeld mit Vornamen, Spitznamen oder Nachnamen angeredet entsprechend der geltenden gesellschaftlichen Regeln. Da bleibt dann eigentlich nur die Frage zu klären, welche gesellschaftlichen Regeln für das Setting gelten.

Rakso

In meinem Langzeitprojekt (spielt in einer fiktiven Welt) treffen verschiedene Namenssysteme aufeinander. So haben die Menschen, die die Gegend kulturell stark geprägt haben ein Familienname-Vorname-Schema, also der Personenname ist der letzte Bestandteil, wie das etwa in China, Japan oder Ungarn der Fall ist. (Eventuell kommt vielleicht noch ein Clan-/Stamm-/Sippennamme dazwischen, für den Adel vielleicht interessant, aber da bin ich mir noch nicht sicher). Diese Reihenfolge belasse ich auch im Text bei, da aus dem Kontext ja erschließbar ist, was Vor- und was Nachname ist. Der Familienname ist dann meist ein Ortsname + Zugehörigkeitssuffix, der Vorname eines Vorfahren (mit Zugehörigkeitssuffix) oder ein Beruf, selten ein Tiername.
Andere Spezies/Kulturen verfahren da anders, etwa mit Patronymen, also Vaternamen. Der Name des Vaters im Genitiv + Sohn/Tochter (auch nach Unterscheidung ob es sich um den/die erstgeborene(n) Sohn/Tochter handelt) steht dann hinter dem eigentlichen Personenname. Bei anderen sind dann irgendwelche Titel/Ehrennamen/Beinamen mit drinnen oder sie haben gar keine Nachnamen.

Das ,,europäische" Vorname/Nachname-Konzept ist ja bei weitem nicht universal. In Myanmar etwa gibt es eigentlich keine Nach- oder Familiennamen. Aung San Suu Kyi ist ein Personenname (strenggenommen nicht mal ein Vorname im westlichen Sinne), U Thant ist eine Kombination aus Ehrennahme und Personenname. Außerdem waren Namen nicht ,,fest", Personen konnten, zumindest noch bis Anfang des 20. Jhr., ihre Namen nach belieben ändern. Und das alles trotz einer langen zivilisatorischen und auch städtischen Hochkultur.
Selbst das römische Benennungssystem funktionierte auch anders. Besonders bei Frauen, die weder Vornamen noch Cognomen hatte, zumindest in klassischer Zeit. Eine Julia war nur ,,eine Frau, die aus dem Gens der Julier stammt."

Wahrscheinlich sind Nachnamen, gerade im Fantasy-Bereich, nicht unbedingt notwendig, besonders im High-Fantasy Bereich. Außer natürlich, man hat ein Projekt, das wie Araluens in nicht allzu ferne Vergangenheit in der realen Welt spielt. Ich finde, aber sie geben einem erdachten Setting ein wenig Substanz, selbst dann wenn sie nicht besonders häufig im Text vorkommen.

Churke

Nachnamen können Bedeutungen haben. Sven Adlerauge, Sigbert Schädelspalter. Hinweise auf die Herkunft ("Jacques Offenbach"), Anspielungen auf literarische Vorlagen ("Lenina Huxley" in "Demolition Man") oder einfach nur "John Smith" für "stinknormaler Typ".