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Existiert dieses Wort oder darf ich es erfinden?

Begonnen von absinthefreund, 04. Dezember 2014, 10:44:46

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absinthefreund

Auf die Gefahr hin, dass es schon einen vergleichbaren Thread gibt, den ich im Sprachbastelboard rauf und runter aber nicht gefunden habe, was mich fast schon wundert, hier meine Frage ;D:

Ihr habt doch sicherlich auch hin und wieder Probleme damit, zu erkennen, ob ein Wort, das ihr schreiben wollt, tatsächlich in der deutschen Sprache existiert oder ob es unbewusst euren eigenen Gehirnwindungen entsprungen ist, bzw. stellt euch die Frage, ob in dem Fall eine Wortneuschöpfung "erlaubt" ist.

Dieses ist nun mein Fall: Ich stolpere immer wieder über die "Farbenfreude", sozusagen das Nomen zu "farbenfroh". Bei der Google-Suche läuft es mir durchaus über den Weg, der Duden zeigt es aber nicht an, deshalb gehe ich davon aus: Die offizielle deutsche Sprache verschmäht dieses wundervolle Wort!

Meine Fragen sind nun:

  • Ist euch das Wort geläufig/schon mal in den Sinn gekommen?
  • Wenn nicht: Was haltet ihr davon? Darf ich es verwenden oder sollte ich mich in meiner künstlerischen Kreativität einschränken und einen Ersatz finden? ;D

Ginger

Hallo,

ich mag das Wort. Es fühlt sich vertraut und richtig an.
Und... ich liebe Wortschöpfungen. Wem sonst, als uns AutorInnen steht es zu, Worte neu zu schöpfen? Abgesehen von Wissenschaftlern und Pharmaunternehmen?

In der Fantasy steht dem sowie nur wenig im Wege und in anderen Genres steht es Deinen Protagonisten im Sinne ihrer Individualität sowieso frei, zu reden wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

Bei "Farbenfreude" hätte ich in keinem Genre ein Problem, nicht einmal in einem Sachtext über Herbstwälder, Polarlichter oder ausgefallene Modeschöpfungen.

Viel Spaß bei der Krativität

Ginger


Klecks

1.In einem Text ist es mir tatsächlich noch nie begegnet. Zu mir hat allerdings mal jemand gesagt, meine Kleidung zeige meine Farbenfreude. Also gibt es durchaus Leute, die es benutzen. Zumindest den einen Mensch, der mir das gesagt hat.  ;D

2. Wenn es nicht im Duden steht, würde ich es nicht einfach so benutzen, sondern die Figur, die in einem Projekt mit dem Wort konfrontiert wird, ein bisschen verblüfft oder erstaunt über dieses Wort sein lassen. Dann wird klar, dass es das Wort offiziell nicht gibt, es aber durchaus in den Sinn kommen kann, wenn man an "farbenfroh" denkt. Shakespeare hat doch so viele Wörter erfunden, oder?  :hmmm:

Tigermöhre

1. Mir ist es bislang auch noch nicht untergekommen.

2. Ich hätte kein Problem mit dem Wort. Es hört sich hübsch an und es ist klar, was du damit meinst. Der Duden zeigt ja nur an, welche Worte zur Zeit benutzt werden. Darum kommen ja immer mal wieder neue Begriffe hinein.
Schwierig finde ich es nur, wenn die Begriffe nicht selbsterklärend sind, oder es sie in anderer Form schon gibt. Ich bin bislang 2x über solche Wörter gestolpert. (Beides in Selfpuplisher-Büchern.) Einmal war es ein "isabellefarbendes" Pferd und einmal das Wort "spiralig".

absinthefreund

Zitat von: Ginger am 04. Dezember 2014, 10:51:52
ich mag das Wort. Es fühlt sich vertraut und richtig an.
Und... ich liebe Wortschöpfungen. Wem sonst, als uns AutorInnen steht es zu, Worte neu zu schöpfen?  In der Fantasy steht dem sowie nur wenig im Wege und in anderen Genres steht es Deinen Protagonisten im Sinne ihrer Individualität sowieso frei, zu reden wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.
Bei "Farbenfreude" hätte ich in keinem Genre ein Problem, nicht einmal in einem Sachtext über Herbstwälder, Polarlichter oder ausgefallene Modeschöpfungen.
Erst mal schön, dass dir das Wort gefällt. Und auch, dass du es in einem Sachtext tolerieren würdest, da hatte ich das Problem nämlich auch schon. :jau: Was die Sache mit dem Genre betrifft, glaube ich allerdings nicht, dass wir auch die Sprache so verwursteln können, wie wir wollen, nur weil wir Fantasy schreiben. Aber das ist ein anderes Thema, das hier ja auch schon zur Genüge diskutiert wird.


Zitat von: Klecks am 04. Dezember 2014, 10:53:02
1.In einem Text ist es mir tatsächlich noch nie begegnet. Zu mir hat allerdings mal jemand gesagt, meine Kleidung zeige meine Farbenfreude.
Da zeigt sich die Doppeldeutigkeit, die mir bisher nicht aufgefallen war! Nämlich die "Freude an Farben". Ob das jetzt nachteilig für meine Zwecke ist? :hmmm:

Zitat von: Klecks am 04. Dezember 2014, 10:53:02
[...] die Figur, die in einem Projekt mit dem Wort konfrontiert wird, ein bisschen verblüfft oder erstaunt über dieses Wort sein lassen. Dann wird klar, dass es das Wort offiziell nicht gibt, es aber durchaus in den Sinn kommen kann, wenn man an "farbenfroh" denkt.
Ich benutze das Wort nicht in der direkten Rede, es ist Teil einer Beschreibung, die nicht sooo poetisch ist. In einem Gedicht oder einem blumigen Text hätte ich sicher keine Probleme damit, aber ich halte mich eher an eine klare Sprache.

Lothen

Ich glaub, wenn du nicht gefragt hättest, absinthefreund, wäre es mir gar nicht aufgefallen, dass es das Wort nicht gibt ;D Insofern sehe ich bei der Verwendung keine großen Probleme. Wobei ich Klecks' Idee ganz cool finde, die Neuschöpfung auch entsprechend zu "markieren", damit niemand drüber stolpern muss.

Letztlich finde ich es auch weniger entscheidend, ob es das Wort gibt, sondern viel mehr, ob man es versteht. In einem Text, den ich mal gelesen habe, tauchte das Wort "mäandern" auf, das ich noch nie gehört hatte (meint u.a. wenn ein Fluss einen recht gewundenen Lauf aufweist). Das gibt es tatsächlich, aber ich musste trotzdem nachschlagen, was es bedeutet. In diese Verlegenheit käme man bei "Farbenfreude" nicht.

@ Tigermöhre: Ist jetzt ein wenig Offtopic, aber was ist denn bitte "isabellafarben" ? Unter spiralig kann ich mir da schon eher was vorstellen.

Klecks

Interessante Beispiele, Tigermöhre. Pferde können ja tatsächlich isabellefarben sein, aber wenn das nicht weiter erklärt wird, versteht das natürlich keiner, der sich nicht ein bisschen auskennt.  ;D  Spiralig finde ich ein bisschen unelegant, das klingt im Fließtext/außerhalb von Dialogen und Gedanken des Protas als Beschreibung von etwas für meine Ohren zu lässig für Belletristik. "Spiralförmig" ist da mein Ausweichwort.

@Lothen: http://de.wikipedia.org/wiki/Fellfarben_der_Pferde#Isabell.2C_Palomino   :jau:

Tigermöhre

Klecks hat es ja schon erklärt.
Ich hatte eine Freundin gefragt und die hatte es mir erklärt, aber meinte es gäbe zwar die Beschreibung Isabell, aber nicht isabelfarbend. So wie es auch nicht schimmelfarbend gibt.
Aber in der Wikipedia steht es ja anders. Trotzdem fand ich den Begriff sehr speziell und unverständlich.

Coehoorn

#8
Die deutsche Sprache bietet uns die Möglichkeit neue Wörter durch zusammensetzen alter Wörter zu entwickeln. Wieso sollte man das nicht nutzen dürfen, nur weil es nicht im Duden steht?
Bei der Menge die unsere Sprache an Wörtern hat, ist es völlig unmöglich, dass alle logischen Kombinationen ihren Weg in den Duden gefunden haben.

Ich schraube jetzt meinen Kapitänskajütentoilettenpapierabroller an und trinke dabei einen satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch

edit/ ... und danach mach ich mich auf die Suche nach Spunk

Guddy

#9
Farbenfreude klingt doch richtig (zuallermindest hochgradig selbsterklärend) und nicht mal besonders originell, da wüsste ich nicht, wieso man es extra kennzeichnen sollte. Ich als Leser käme mir veräppelt vor, wenn ein anderer Char auf das Wort hin verdutzt reagieren würde. Bei dem Dingsbums-Wunschpunsch sähe das anders aus.

Adsini, also ein Char von mir, erfindet dauernd neue Wörter (und denkt gleichzeitig, dass sie wirklich existieren).

Churke

Sprachschöpfung ist Kreativität. Es bedeutet, dass man als Autor etwas beschreiben will, was es noch nicht gibt. Und richtig gut ist man, wenn der Leser das sofort versteht, obwohl er es noch nie gehört hat.  ;D

Zitat von: Lothen am 04. Dezember 2014, 11:07:11
In einem Text, den ich mal gelesen habe, tauchte das Wort "mäandern" auf, das ich noch nie gehört hatte (meint u.a. wenn ein Fluss einen recht gewundenen Lauf aufweist).

Die Mäander wurden mit der Industriealisierung überall wegbegradigt.  :'(
In einer Ebene sind sie der natürliche Flussverlauf. Die Begradigung ist übrigens nicht stabil, ohne Befestigungen würde z.B. der Rhein die Ufer abtragen und wieder in Schleifen fließen wie "früher".

Maja

In dem Zusammenhang mit dem Wort "Farbenfreude" ist leider die Fragestellung völlig verkehrt. Absinthefreud kann das Wort nicht mehr erfinden, weil es bereits existiert. Es steht nicht im Duden. Aber es wurde allein in den Google-Trefferlisten bereits an die siebzigtausendmal verwendet. Hier noch von einer Erfinden sprechen zu wollen, halte ich für absolut vermessen.

Dürfen Autoren Wörter verwenden, die nicht im Duden stehen? Absolut. Autoren dürfen alles. Ob sie damit durchkommen, im Lektorat oder beim Leser, ist eine andere Sache. Aber beim Schreiben ist alles erlaubt. Und wenn nur Wörter als existent gelten würden, die bereits im Duden stehen - wo kämen dann die Wörter her, die von der Dudenreaktion jedes Jahr neu aufgenommen werden? Denkt sich die Dudenreaktion die aus? Natürlich nicht. Sie wurden in Umlauf gebracht. Und es bedarf einiger Verbreitung, ehe es ein Wort überhaupt in den Duden shcafft.

Dürfen Autoren neue Wörter erfinden? Absolut. Und damit meine ich wirklich neue Wörter. Nicht "Farbenfreude". Noch nicht einmal andere Komposita - wie Coehoorn schon schreibt, bietet unsere Sprache unendlich Möglichkeitkeiten, Komposita zu bilden. Würde der Duden jedes mögliche Kompositum aufnehmen, würde er vermutlich selbst die Wikipedia sprengen. Es gibt unendlich viele Permutationen, da man im Deutschen nicht nur zwei, sondern beliebig viele Hauptwörter sinnvoll miteinander verketten kann. Und wir dürfen jedes einzele von ihnen verwenden. Unendliche Möglickeiten. Wir dürfen noch mehr. Wir dürfen uns Wörter ausdenken, die es noch nie gegeben hat. Schwolpp, zum Beispiel. Wir müssen dann nur sehr, sehr aufpassen, wie wir diese Wörter so unterbringen, dass der Leser sie versteht, und vor allem akzeptiert, dass wir dieses Wort erfinden mussten, weil wirklich noch kein passender Begriff existierte. Leser nehmen Autoren zu große sprachliche Kreativität leicht übel und finden uns dann bemüht, affektiert und überheblich. Aber das sollte uns nicht einschüchtern.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

DoroMara

Mir gefällt das Wort.

Ich freue mich, wenn es neue Wortschöpfungen in einem Text gibt (falls ich überhaupt merke, dass die Wortschöpfung neu ist!). Deutsch ist vielleicht nicht die wohlklingendste Sprache der Welt, doch bei neuen Wortkombinationen habe wir echten Vorteil. Warum den nicht ausnützen!

... und falls der Text veröffentlicht wird und der Lektor das Wort streichen will, weil es nicht existiert: Wehren! Schliesslich befinden wir uns in einer phantastischen Welt.

Ginger


Zitatdie Neuschöpfung auch entsprechend zu "markieren", damit niemand drüber stolpern muss.

Nee, oder?

Show, don't tell. Wenn Du das Wort markieren mußt, Dich quasi rechtfertigen oder erklären willst, lass es lieber sein.
Ein Wort wie Farbenfreude muss nicht erklärt werden.
Mäandern eigentlich auch nicht. Wie ist es mit brausesausig? Habe ich erfunden. Musst Du das erklären, wenn ein Fahrstil so kommentiert wird?

Die Wörter sollten sich allerdings aus dem Kontext heraus erklären und als die nächstliegende Formulierung emotional akzeptiert werden können. Dann passen sie. Dann stolpert keiner.

chaosqueen

Ich unterschreibe bei Maja und Ginger. Sprache ist im Fluss und es entstehen ständig neue Wörter.

Markieren würde ich sie auch auf keinen Fall! Es mag eine Sache sein, dass jemand im echten Leben stutzt, wenn er ein Wort zum ersten Mal hört, aber Literatur bildet nicht das echte Leben ab (sonst müssten wir jeden Handgriff, jedes Wort und jeden Klogang unserer Protagonisten aufzeichnen, und das will wirklich niemand lesen - außer vielleicht bei Gargantua). In der Literatur sollten neue Wörter sich so einfügen, dass sie eben gerade nicht auffallen, nicht den Kontext stören, sondern sich wie selbstverständlich einfügen und aus sich heraus verständlich sind.