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Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)

Begonnen von Sascha, 17. Juni 2014, 10:05:10

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Klecks

#15
Zitat von: Valkyrie Tina am 18. Juni 2014, 11:43:37"Ein Kleiderschrank schob sich in mein Büro"

Das ist stilistisch einfach nur genial:rofl: :rofl: :rofl:  Ich finde diesen Satz perfekt und einfach nur wunderbar! Obwohl ich den Rest nicht kenne, klingt das so trocken, so beiläufig, so selbstironisch - ich kann nicht mehr! Kompliment!

Guddy

#16
Ich hatte das auch letztens beim "betaen" angemerkt. Ich finde, dass es etwas sehr Distanziertes hat, wenn bspw. Berufsbezeichnungen häufiger genannt werden als der Name der Person. Gerade beim Protagonisten und ihm liebe Personen. Würde ich ein Buch aus meiner Sicht schreiben, würde ich nie und nimmer schreiben "Die Studentin legte ihre Hand auf die Schulter des Marketingexperten. "Das wird schon wieder. Die Tierarzthelferin wird sich schon wieder einkriegen!"
Er/sie/es oder den Namen, das reicht und sollte mEn. nur in Ausnahmefällen, definitiv jedoch nicht häufig, durch etwas anderes ersetzt werden. Das kann man machen, wenn es sich um eine dem Prota weniger nahe Person handelt. :)

Gerade, weil man als Leser Namen auch gerne mal "überliest", es fällt nicht als Wiederholung auf - wenn e ssich nicht wirklich um eine auffallende Häufung handelt natürlich.

Sascha

@Klecks: Schön, dass Du Dich über Tinas Version so beömmelst. Hoffentlich findest Du das Original auch noch gut. ;)

@Guddy und Mondfräulein: Na, Ihr habt jetzt auch Extrembeispiele. Klar, daß das dann nur noch krampfhaft wirkt oder den Leser verwirrt.
Ich hatte es m.M.n. relativ dezent eingesetzt, war mir aber dann doch unsicher geworden, ob es nicht doch stört und ob's das überhaupt braucht.

Tinnue

ZitatÜberdies bin ich ein riesiger Fan von "stay in character". Was mein Chara nicht auch selbst denkt oder zumindest denken könnte, schreibe ich nicht. Man denkt ja von sich selbst nicht als "die Hexe", "der Bäcker" oder "der Auserwählte". Sondern ich denke von mir als "ich".

Ich kann mich Witch da nur anschließen. Zumindest wenn aus Sicht des Perspektivträgers erzählt wird, kann ich mir nicht viel andres als "Name" und "er/sie" vorstellen. Das geht beim auktorialen Erzähler sicher besser, andere Bezeichnungen reinzubringen. Als ich mit Pespektive noch etwas meine Probleme hatte, ist auch mal die Lektorin (einer Kurzgeschichte) dazwischengegrätscht und meinte: Dein Prota nimmt sich mit seinen Augen wahr. Würde er da wirklich "Der Junge" über sich selbst denken. Danach musste ich es rausstreichen und habe "er" als Alternative zum Namen benutzt.

Sprotte

Ich schließe mich Dir an, Tinnue. Malinche hat mir meine zahlreichen "die junge Frau", "die Prinzessin" etc. angestrichen. Jetzt beim finalen Gegenlesen merke ich, wie gut das war.
Die einzige Ausnahme mache ich, wenn meine Protagonistin über ihren Gefährten reflektiert, der "gut auf seine Schutzbefohlene aufpaßt". Mag schon grenzwertig sein, aber mir gefällt es.

Moni

Ich weiß noch, dass mir Maja vor x-Jahren einen Text um die Ohren gehauen hat, in der sich eine Person mehrmals als "die Kriegerin" bezeichnet hat.  8) Aber es ist natürlich ermüdend, wenn man zig mal den Namen der Person nennt, immer in Abwechslung mit "sie". Letztlich ist das aber die richtige Wahl. Ich denke von mir selber ja auch nicht als "die Buchhändlerin".  ;D
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Guddy

Zitat von: Sascha am 18. Juni 2014, 16:07:50

@Guddy und Mondfräulein: Na, Ihr habt jetzt auch Extrembeispiele. Klar, daß das dann nur noch krampfhaft wirkt oder den Leser verwirrt.
Na, selbst wenn man zwei der drei Bezeichnungen durch Er/sie/Name ersetzt, finde ich es zu viel ;) Wie gesagt: Wenn man es sehr sparsam einsetzt, ist es auch für mich in Ordnung. Aber ich bin wirklich kein Fan davon.

Kadeius

Schön, dass das nochmal jemand auf den Tisch bringt.  :jau:

Mir geht's ähnlich, sitze bei der Zweitkorrektur und bin oft am Überlegen, ob ich nicht zu viel er, er, er, Name, er, er ... sie, sie, sie, Name, sie, Synonym, sie, sie, etc ... schreibe.
Meine Technik funktioniert nach Augenmaß, ist also nach Gefühl. Ich überfliege einen Absatz und zähle nach, wie oft diese Wörter auftauchen und versuche nach Möglichkeit, sie zu streichen, wenn es geht. Andererseits muss man sich darum nicht allzu viele Gedanken machen, wie ich finde, denn irgendwie muss man den Charakter handeln lassen und oft lässt sich ein simples "er" / "sie" nicht vermeiden.

Arcor

Ich habe mich früher auch immer darum bemüht, krampfhaft alternative Bezeichnungen für meine Figuren zu finden. Da mussten dann Beschreibungen des Körpers (Hüne), Alters (Greis, Kind), Völkernamen, Haarfarben und was weiß ich nicht noch alles herhalten. Inzwischen ist mir aber aufgefallen, dass die allermeisten Autoren (besonders im Englischen) einfach mit "er/sie" oder mit den Namen arbeiten - und ich noch niemals beim Lesen gedacht habe: "Oh Gott, ist das öde, der Autor benutzt immer nur den Namen."
Wenn eine Abwechslung passt (gerade so etwas wie Greis geht in meinen Augen noch), kann man sie finde ich ganz gut verwenden. Aber man sollte sie nicht auf Teufel komm raus einbauen, nur weil man nach einer Abwechslung sucht. Und die Perspektive spielt natürlich auch eine Rolle. Kein Protagonist und Perspektivträger wird von sich selber als Hüne, Greis, Zwerg oder sonstwas denken. Da bleibt nur "er/sie" oder der Name. Aber wie Churke schon schrieb, über Bezeichnungen lässt sich die Perspektive des Protagonisten und seine Sicht auf andere Figuren gut schildern.


Ich habe gerade ein vergleichbares Problem, darum hoffe ich, dass es okay ist, wenn ich diesen Thread dafür verwende. Und zwar ist mir beim Überarbeiten aufgefallen, dass ich in meinem Projekt am Anfang ein paar Szenen mit auktorialer Sichtweise drin habe, dies aber im Roman nicht durchhalte. Darum schreibe ich das gerade um. Jetzt kommen wir auch schon zum aber:
In der Szene agieren drei Figuren miteinander (A, B, C). Ich habe sie anfangs namenlos gelassen, weil ich die Figuren aus der Sicht einer vierten Person (D) mit Namen einführen wollte. Bei zwei Figuren (B, C) habe ich das schon drangegeben, da sie die Perspektivträger der umgeschriebenen Szenen sind und als solche muss ich ihre Namen nennen. Bei der dritten Figur (A) sträube ich mich aber, den Namen zu nennen. Denn Figur A tauchte vorher bereits auf und der Leser wird denken, dass sie tot ist. Ich möchte ihn auch noch weiter in diesem Glauben lassen, bis Figur A sich Figur D explizit mit Namen vorstellt.

Mein Problem ist nun, dass die Figuren B und C die Figur A gut kennen und mit ihr befreundet sind. Im Dialog habe ich bisher immer nur "ihre Gefährtin" oder "ihre Freudin" stehen und das wirkt furchtbar, weil es einfach nicht passt. So würden B und C die Figur A bei sich nie benennen. Aber wenn ich den Namen nenne (was das logischste wäre), ist die Überraschung dahin.
Ich habe schon daran gedacht, ihr einen Spitznamen zu geben, den B und C für Figur A verwenden, aber zum einen fällt mir nichts ein und zum anderen müsste ich ihn dann durch den ganzen Roman ziehen, was ich nicht will. Auch passt ein Spitzname nicht so wirklich zu Figur A.

Fällt euch noch etwas Gescheites ein, wie ich das Problem lösen kann, ohne den Namen von Figur A zu nennen? Ich stehe da gerade völlig auf dem Schlauch.  ???
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Vic

Persönlich muss ich gestehen, dass ich es völlig okay finde immer nur die Namen zu benutzen. Also abwechselnd "Paul" und "er" oder "Sabine" und "sie."
Ich finde diese ganzen beschreibenden Bezeichnungen wie "der Blonde", "der Magier", "der Braunäugige", "der Sänger und der Fußballer" - das erinnert mich leider ganz furchtbar an dilettantische Fanfics. Also ich würde damit ganz GANZ sparsam umgehen, weil es meistens einfach nur seltsam und gestelzt klingt, während es tatsächlich gar nicht negativ auffällt einfach den Namen zu benutzen.
Also wer Harry Potter gelesen hat, weiß dass auf einer Seite manchmal 30x "Harry" und "Ron" stand - aber es hat den Lesefluß ehrlich gesagt nie beeinträchtigt.

Was man ab und an machen kann ist sowas wie "Sein Gegenüber nickte" oder "Sie blickte zu dem Ältesten" oder "Der Dunkelhaarige wandte sich um" - solange der pov-Charakter die Namen eben nicht kennt.
Aber den Erzähler selbst würde ich definitiv nur beim Namen nennen.

BiancaS

Zitat von: Vic am 19. Juni 2014, 12:32:41
Persönlich muss ich gestehen, dass ich es völlig okay finde immer nur die Namen zu benutzen. Also abwechselnd "Paul" und "er" oder "Sabine" und "sie."
Ich finde diese ganzen beschreibenden Bezeichnungen wie "der Blonde", "der Magier", "der Braunäugige", "der Sänger und der Fußballer" - das erinnert mich leider ganz furchtbar an dilettantische Fanfics. Also ich würde damit ganz GANZ sparsam umgehen, weil es meistens einfach nur seltsam und gestelzt klingt, während es tatsächlich gar nicht negativ auffällt einfach den Namen zu benutzen.

Geht mir ebenso. Ich habe letzt ein Projekt von einer Freundin beta gelesen und es ging mir richtig auf die Nerven dauernd was von "dem Schwarzhaarigen" oder "dem Blonden" zu lesen. Man hat bei ihr einfach gemerkt, dass sie es als Vermeidung für den Namen oder "er" nutzt und sowas stört meinen Lesefluss ungemein.

Sascha

Also, irgendwie sind sich ja fast alle einig, dann hab ich mir die Arbeit wenigstens nicht umsonst gemacht.  :)

@Arcor: Ich hab mir Dein Problem jetzt mindestens dreimal durchgelesen, aber irgendwie kann ich mir die Sache nicht gut genug vorstellen, um da irgendeinen sinnigen Senf dazu zu geben.
Was ich mich eher frage ist, warum Du die Szenen auf keinen Fall auktorial haben willst und jetzt umarbeitest.
Ich habe festgestellt, daß ich (ohne mir vorher irgendwelche Gedanken darüber gemacht zu haben) ziemlich zwischen den Perspektiven springe (natürlich normalerweise nicht grad absatzweise), und es hat sich kein einziger Testleser daran gestört. Da sind durchaus auch mal Szenen oder Kapitel dabei, die ich m.M.n. aus auktorialer P. geschrieben hab.
Was ist so schlimm daran?

Coppelia

#27
@ Arcor
Dir geht es darum, die Überraschung aufrecht zu erhalten, wenn die Person ihren Namen nennt, nicht wahr? Dann würde dir die sogenannte auktoriale Perspektive natürlich nichts nützen, da der allwissende Erzähler de Namen der Figur natürlich kennt.
Wenn die Perspektiventräger die Person nicht kennen, würde sie wahrscheinlich anhand ihrer Merkmale wahrgenommen. Du könntest sie dann "der Mann" oder "die Frau" nennen. Oder wenn sie sonst irgendwelche besonderen körperlichen Merkmale hat, "der Blonde" oder dergleichen. Aber auch da brauchst du keine besondere Abwechslung.
Ist ja nicht so, dass das generell verkehrt wäre, es kommt halt auf die wahrnehmende Instanz an.

@ Sascha
Perspektivenwechsel ist gestattet. Sogenannte personale Perspektive ist momentan Standard in Erzähltexten. Viele Erzähltexte springen auch ständig zwischen "auktorialer" und Figuren-Perspektive, ohne dass das vielen Lesern auffällt.
Figurenperspektive ("personale" Perspektive) macht es leichter, mit den Figuren "mitzufiebern", sie macht also Texte im Großen und Ganzen spannender. Das ist bei kommerziellen Texten erwünscht. Daher wird diese Perspektive von vielen Autoren bevorzugt.

Minhael

Aber genau darin liegt das Problem, oder? Wenn ich Arcor richtig verstanden habe, dann kennen die Perspektivträger Person A sehr gut bzw. sind befreundet. Insofern fallen distanzierte Bezeichnungen wie "die Frau" raus. Eine wirklich andere Idee, als das ganze mit einem Spitznamen oder einem Zweitnamen zu umgehen fällt mir aber auch nicht so recht ein.  :hmmm:
Wie gut kennt der Leser Person A denn bisher? Bzw. wieviel Raum hat sie in der bisherigen Geschichte bereits eingenommen? Vielleicht könntest du es ja so drehen, dass ihr "wahrer Name" erst nach ihrem vermuteten Tod und dem Wiedersehen mit Person B und C bekannt wird? D.h. du benutzt für den Teil davor eine andere Bezeichnung für sie... Vielleicht gibt es ja sogar einen guten Grund, der sie daran hinderte bisher unter ihrem richtigen Namen zu reisen. Macht aber natürlich auch nur dann Sinn, wenn ihr Auftritt im Vorfeld entsprechend klein war. Was vermutlich nicht der Fall ist, oder?

Siara

@Arcor: Meine einzige Idee dazu wäre, dass A sich B und C unter falschem Namen vorgestellt hat. (Ob das in deinem Zusammenhang Sinn ergibt, weiß ich natürlich nicht). Vielleicht wollte sie ja auch vor denen als tot gelten? Oder kannten sie sich schon vor dem angeblichen Tod? Denn dann wäre die Idee natürlich raus.

Alles Andere stelle ich mir aber wirklich sehr künstlich und "gewollt" vor. Denn wenn man jemanden beim Namen kennt, wie du schon sagst, wird man nicht als "mein Gefährte" oder "der Blonde" von ihm denken.

Mal ganz abgesehen davon, dass der Leser sich vermutlich auch reichlich hintergangen vorkommt, wenn ein Perspektivträger quasi ein Geheimnis für sich behält. Mit etwas Ähnlichem hatte ich letztens auch zu kämpfen und habe mich schließlich für eine andere Perspektive entschieden. Aus dem einfachen Grund, dass man sich als Leser nun mal nur auf den Erzähler verlassen kann und bei personaler Erzählweise die Welt durch seine Augen sieht. Wenn dem Leser dann wichtiges Wissen von diesem POV vorenthalten wird, wirkt das auf mich nicht gerade gekonnt.

Für mich wäre auch eine der beiden Möglichkeiten am elegantesten: Entweder auch die Perspektivträger wissen nicht, wer er ist, oder die Szene wird auktorial (oder aus Sicht eines unwissenden Vierten) erzählt.

Edit: Überschneidet sich mit Minhael.
I'm going to stand outside. So if anyone asks, I'm outstanding.