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"Und" am Satzanfang

Begonnen von Shin, 03. Juli 2013, 16:35:05

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Fynja

Ich fühle mich gerade ein wenig ertappt...
Zurzeit bin ich dabei, meinen ersten NaNo-Roman zu überarbeiten und das "Und" am Satzanfang scheint auch zu meinen persönlichen Macken zu gehören. Allerdings fällt auf, dass das wesentlich öfter in der Ich-Perspektive vorkommt, als in den Kapiteln, die ich in der dritten Person geschrieben habe. Das liegt wohl auch daran, dass ich diese Formulierung auch eher dann verwende, wenn der Stil umgangssprachlicher sein soll.
Meistens schreibe ich diese Sätze um, weil mir dann doch elegantere Lösungen einfallen und es mich als Leser wohl nerven würde, wenn diese Formulierung als "Macke" des Autoren deutlich wird. Dennoch gibt es Fälle, in denen dieser Stil einfach passt, meistens, wenn es sich um innere Monologe des Protagonisten handelt.

Demnach würde ich keinesfalls verallgemeinern und ein "Und" am Satzanfang per se als schlechten Stil betiteln, sondern, wie meine Vorredner bereits gesagt haben, es als bewusstes Stilmittel sehr wohl ab und an einsetzen, wenn es zum gesamten Ton der Geschichte passt. Als Leser würde mich die exzessive Verwendung davon jedoch vermutlich schon stören...

Minhael

Ehrlich gesagt, bin ich gerade sehr überrascht darüber, dass es doch so viele gibt, die das "Und" am Satzanfang nicht verteufeln. Positiv überrascht! Ich selbst benutze es relativ häufig, vielleicht auch etwas zu häufig. Ich mag den Klang einfach.. Habe aber auch schon gemerkt, dass es etwas ist, worauf ich achten muss, einfach damit es keine Überhand gewinnt. Nutzen werde ich es aber auch weiterhin.

ZitatDass man damit die Erzählstimme eines personalen Erzählers verlässt, leuchtet mir gerade aber noch nicht wirklich ein.

Damit hab ich gerade auch noch so meine liebe Not. Vielleicht mag ja nochmal wer drauf eingehen?

Mal davon ab, sehe ich bei wörtlicher Rede absolut kein Problem damit, im Gegenteil, gibt dem Acteur doch irgendwie etwas charakteristisches.

Shin

Zitat von: Minhael am 04. Juli 2013, 07:32:49
Ehrlich gesagt, bin ich gerade sehr überrascht darüber, dass es doch so viele gibt, die das "Und" am Satzanfang nicht verteufeln. Positiv überrascht!

Ja, so geht es mir auch gerade. ;)

Schon einmal vielen Dank für eure bisherigen Antworten. Als Stilelement sehe ich das "Und" am Satzanfang ebenfalls. Für Wendungen eignet sich das einfach so wunderbar... In Maßen, nicht in Massen. ;)
"Sometimes all I'm ever doing is trying to convince myself I'm alive."
- Daisy The Great
"It's OK, I wouldn't remember me either."         
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Steffi

Das "Und" am Anfang des Satzes ist total eine Macke von mir. Ich liebe es, das als Stilmittel einzusetzen und muss ständig meine Texte danach durchforsten, damit sich das nicht zu sehr häuft  :vibes: Also verteufeln tue ich es nicht. Im Gegenteil. Ich bin der größte Fan *fähnchen schwenkt*
Sic parvis magna

Cailyn

Mir passiert das Und zu Beginn des Satzes auch oft. Aber beim Überarbeiten lasse ich es dann meistens wieder weg. Häufig habe ich während des Schreibens das Gefühl, dieses UND macht den Text flüssiger. Doch später bemerke ich dann, dass es gar nicht nötigerweise dort stehen muss, dass der Text ohne das UND direkter ist als mit.

Kommt es nicht auch auf die Betonung an?
Zum Beispiel wenn dem UND ein natürlich folgt, macht es für mich mehr Sinn. "Und natürlich gefiel ihm sein neuer Mantel ganz und gar nicht." Das gefällt mir mehr, als wenn z.b. steht "Und ich dankte ihr herzlich dafür." Da könnte man es doch eher weglassen.

Christopher

Ich versuche es zu vermeiden. Es kommt vor, dass manche Leute es verwenden, um einen besonders langen Satz in zwei Sätze aufzuteilen. In dem Fall ist es meistens schlechter Stil, da man diese Sätze auch umformulieren könnte.


Mit einigen der genannten Beispiele
Zitat"Und natürlich gefiel ihm sein neuer Mantel ganz und gar nicht."
kann ich mich hingegen zu 100% arrangieren. Der Satz würde auch ohne das "und" funktionieren, gibt ihm aber so noch eine gewisse stilistische Note.


Kurz:
Nicht alle Satzanfänge mit "und" sind zwangsläufig falsch und stilistischer Müll, nur sollte man das meiner Meinung nach jedes mal prüfen, ob es nicht doch so ist.


PS:
Habe letztens erst einen "Füllwörtercheck" gefunden, der Füllwörter im Text raussucht und markiert. Es hat mich überrascht, wie viele dieser sogenannten Füllwörter ich verwende. Bei der darauf folgenden Probekorrektur, hat mich die Zeit die ich dafür brauche aber ebenfalls überrascht. Ich musste meine Füllwörter sehr oft vor mir selbst verteidigen, weil ich sie nicht streichen wollte (auch wenn es ersatzlos möglich gewesen wäre).
Be brave, dont tryhard.

Mondfräulein

Zitat von: Maja am 03. Juli 2013, 17:34:02
Ich habe in der Grundschule gelernt, dass man beim Schreiben einen Satz nicht mit "Und dann" anfangen lassen darf. Das war so ziemlich das einzige zum Thema "Stil", das wir das gelernt haben: Wenn du Geschichten schreibst, darfst du deine Sätze nicht mit "Und" anfangen lassen, und noch weniger mit "Und dann".

Bei uns war das genau so, noch dazu haben sie uns aber eingebläut, niemals das Wort sagen zu verwenden, lieber stets möglichst kreative Inquit-Phrasen. Und am Ende habe ich dann doch herausgefunden, dass es eher anders herum ist.

Ich finde, Und ist ein wundervolles Wort um einen Satz zu beginnen. Nicht für jeden Satz, aber wenn man es richtig einsetzt, kann man einen dieser Momente erschaffen, der aus einen gut geschriebenen Text Sprache macht, die einem Schauer über den Rücken jagt, weil sie einfach so wunderwunderschön ist. Mein allerliebster Satzanfang (von denen die von mir selbst stammen) fängt mit einem Und an. Wenn man es richtig macht, kann man damit ganz wundervolle Kunstwerke zaubern. Man sollte nicht auf jede Regel stur hören. Mit Und kann man einfach auch so viel falsch machen, besonders in jenem Alter, in dem man solche Regeln in der Schule lernt.

Thaliope

Wie schrieb Umberto Eco so schön: An Regeln kann man ablesen, was Leute normalerweise tun :) Ein bisschen zugespitzt ist das sicher, aber manchmal hilft es, sich den Grund dafür klarzumachen, warum auf manche Regeln so vehement bestanden wird.

Kinder nämlich würden, wenn man sie denn ließe, jeden einzelnen Satz mit "und dann" anfangen. (Ich weiß, unzulässige Verallgemeinerung ;) Aber ich glaube, es ist eine typische kindliche Erzählweise, die zum Aufsatz-Schreiben abtrainiert werden soll. Dass es dann auch Ausnahmen gibt - das zu vermitteln, ist vermutlich unter den Bedingungen einer Grundschule  zu viel verlangt.

LG
Thali

Windfeuer

Passt es, benutze ich gerne das "Und" am Satzanfang. Ist mir auch noch mal richtig aufgefallen während es Überarbeitens und jetzt beim Schreiben.

Ich muss gestehen das ich früher etwas gegen das "Und" hatte. Wann sich das geändert hat wüsste ich selber gerne. Jetzt mag ich es jedenfalls richtig.  :)

Merlinda

 :versteck: Ich bekenne mich auch als Und - Benutzerin am Satzanfang.
Wenn ich die Geschichten überarbeite nehme ich es häufig raus und setzte es dafür an anderen Stellen wieder ein. ::) Nicht gerade produktiv, ich weiß.
Aber ich finde, wenn es zu dem Satz und zu der Situation passt, kann man es ruhig am Anfang stehen lassen.
Da ich viel in der Ich - Perspektive schreibe, und meine Protas viel in Umgangssprache erzählen und auch meckern lasse, kann ich es stehen lassen, ohne, dass es merkwürdig erscheint.

Zit

Zitat von: Christopher am 05. Juli 2013, 11:56:35
Mit einigen der genannten Beispiele kann ich mich hingegen zu 100% arrangieren. Der Satz würde auch ohne das "und" funktionieren, gibt ihm aber so noch eine gewisse stilistische Note.

Wobei sich gerade das Beispiel auch durch Anordnung lösen lässt. Imho wird das Und obsolet, wenn der Satz einem Zeilenumbruch folgt. (Der Beispielsatz hat ja schon einen humoristischen Touch, der dadurch mehr verstärkt würde als durch das Und.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

canis lupus niger

#26
Ergänzend zu all dem bisher Gesagten möchte ich noch hinzufügen, dass ich das "Und" am Satzanfang gerne als Stilmittel verwende. Ein Text bekommt dadurch so einen schwerfällig konstruierten Charakter, wie z.B. bei einer uralten Übersetzung (Bibel und ähnliche Texte) Wenn ich etwas steif, gestelzt und wie "verkündet" wirken lassen möchte, beginne ich Sätze gerne mit "Und"

Anj

Oh weh, das ist genau mein Thema^^

Ich liebe "Und" am Satzanfang. In meinen Rohfassungen wimmelt es nur so davon. Zumindest in den Geschichten mit einem Ich-Erzähler, die den Hauptteil meiner Projekte ausmachen. In der normalen personalen Perspektive kommen sie automatisch sehr viel weniger vor.
Für mich ist das auch eine Sache der Textmelodie, wie es ja auch schon genannt wurde. Meine Figuren sind oft sarkastisch oder ironisch, da fehlt dann oft etwas ohne den Und-Anfang. Allerdings bemühe ich mich beim Überarbeiten, sie aus dem normalen Erzählfluss dann wieder rauszustreichen, damit es eben nicht überladen ist. Im Zweifelsfall streiche ich inzwischen auch einmal zuviel, denn im finalen Überarbeitungsgang setze ich sie doch wieder ein, wenn sie meiner Meinung nach für die Textnuance doch wichtig sind. Wenn sie es nicht waren, fehlen sie mir beim lesen auch nicht mehr. Deswegen bin ich bei solchen Lieblingen immer dafür, erst mal radikal zu streichen.

Zitat von: canis lupus niger am 27. November 2013, 23:20:11
Ergänzend zu all dem bisher Gesagten möchte ich noch hinzufügen, dass ich das "Und" am Satzanfang gerne als Stilmittel verwende. Ein Text bekommt dadurch so einen schwerfällig konstruierten Charakter, wie z.B. bei einer uralten Übersetzung (Bibel und ähnliche Texte) Wenn ich etwas steif, gestelzt und wie "verkündet" wirken lassen möchte, beginne ich Sätze gerne mit "Und"
Ich glaube, hier kommt es wirklich vor allem auf die Perspektive und den Text an. Bei meinen Ich-Erzählern bringt das "Und" eher das Empfinden einer saloppen Sprache, während es in anderem Gebrauch tatsächlich so einen Legenden-Charakter bewirken kann.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

cryphos

Es gibt da diesen Film über einen schwarzen Schüler der einen berühnten Autoren kennen lernt, die beiden freunden sich an und der Bub lernt vom Meister. Der Film nennt sich im deutschen Sprachraum Forrester – Gefunden!.
Darin lehrt der Autor unter anderem, dass Bindeworte am Satzanfang schlechter Stil seien und zu vermeiden wären. Außer man nutze es bewusst, um durch diesen Regelbruch auf etwas Besonderes hinzuweisen. Zudem wird behaupted, dieser Regelbruch sei aber nur dann erlaubt wenn man wirklich gut sei.

Demnach habe ich unds am Satzanfang strikt und generell zu vermeiden ;-)
Und wen stört es, wenn ich es trotzdem mache?

Übrigens, den Film fand ich sehr interesssant und auch sehenswert.

Nycra

Zitat von: cryphos am 10. Januar 2014, 11:31:17
Es gibt da diesen Film über einen schwarzen Schüler der einen berühnten Autoren kennen lernt, die beiden freunden sich an und der Bub lernt vom Meister. Der Film nennt sich im deutschen Sprachraum Forrester – Gefunden!.
Darin lehrt der Autor unter anderem, dass Bindeworte am Satzanfang schlechter Stil seien und zu vermeiden wären. Außer man nutze es bewusst, um durch diesen Regelbruch auf etwas Besonderes hinzuweisen. Zudem wird behaupted, dieser Regelbruch sei aber nur dann erlaubt wenn man wirklich gut sei.

Demnach habe ich unds am Satzanfang strikt und generell zu vermeiden ;-)
Und wen stört es, wenn ich es trotzdem mache?

Übrigens, den Film fand ich sehr interesssant und auch sehenswert.
Ich mag den Film auch.
Zu deiner Frage, wen es stört. Wäre ich bei dir Beta, würde ich sagen: mich! Allerdings mit Einschränkungen. Ich finde, als Stilmittel darf man das "Und" am Satzanfang durchaus gebrauchen, aber - und das kommt nicht nur von Forrester  ;) - haben wir schon in der Schule gelernt, das Bindewörter am Satzanfang schlechter Stil sind. Ob das nun den Kindern abtrainiert werden soll oder nicht, letztlich bleibt ja jedem selbst überlassen, ob er sich daran hält oder nicht.

Ich bin mittlerweile von dem strikten Streichen weg, sondern meckere nur noch dann, wenn man es inflationär verwendet, weil es mir nämlich auch oft zeigt, dass der Autor sich keine Gedanken darüber gemacht hat, ob eine andere Formulierung nicht besser passen würde. Denn liest man sich die Sätze mal laut vor, erlebe ich es oft genug, dass vom Klang her gar kein "Und" am Satzanfang nötig wäre. Mich reißt das immer aus dem Lesefluss, was ich sehr schade finde.

Wir geben uns so viel Mühe damit, gereifte Plots zu entwickeln, Figuren zu entwerfen, die wirklich detailliert in Charakter und Form sind, da finde ich, sollte man sich bei der Ausarbeitung des Textes ruhig auch ein bissche Mühe geben und ggf. einfach die Zeit nehmen, einen Satz entsprechend zu formulieren. ;)

Zitat von: Drachenkrieger am 27. April 2014, 21:50:52Mich nicht, denn das UND spielt auch bei mir eine wichtige Rolle, da auch ich in der ICH-FORM schreibe. Manchmal muss es dahin, weil sonst etwas Wesentliches fehlt.
Ich hab zwei Romane in Ich-Form geschrieben und dort nur sehr selten "Unds" am Satzanfang verwendet. Ausnahme: Wörtliche Rede. Darin streiche ich nicht einmal in auktionalen Texten die "Unds" an. Menschen reden nun einmal so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Bei allem anderen finde ich auch hier, darf man sich ein bisschen mehr Mühe geben.

Allerdings - und auch damit sich niemand angegriffen fühlt - bleibt der Autor Gott und darf mein Streichen akzeptieren oder ablehnen wie er mag.  ;)