Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00

Titel: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
Eigentlich kann man hier nicht direkt von einem Workshop-Thema reden, aber weil das ganze irgendwie zu "Solides Handwerkszeug" paßt, dachte ich, ich könnte es mal posten.
Falls es falsch gepostet sein sollte, dann entweder bitte verschieben oder löschen.

Ein Streitpunkt bei Autoren ist ja die Frage: Lassen wir uns nun ein auf die Handwerksregeln des Schreibens, oder verdammen wir diese und lernen das Schreiben durch Lesen von Romanen.
Zugegeben, ich bin einer jener, die eine Mischung aus beiden machen: ich habe aus diversen Schreibratgebern so manches gelernt, aber auch einige Tricks und Kniffe durchs Lesen herausbekommen.
Etwas sehr effektives ist aber meines Erachtens, wenn man beides miteinander so verknüpft, das man die Ratschläge der Schreibbücher dadurch umzusetzen lernt, in dem man schaut, wie nun die "gestandenen" Autoren das ganze explizit umsetzen.
Vor einigen Jahren hatte ich einmal das ganz große Glück, ein Exposee nebst einen Romananfang an Bastei zu schicken; der Lektor, Michael Schönenbröicher, wollte eine neue Serie auf den Markt bringen namens JIM TRASH.
Ich schickte ihm eines, bekam es mit den üblichen Floskeln zurück, konnte aber mit MS telefonieren und mir einige Ratschläge holen, was ich besser machen kann. Einer der Hinweise war, das man aus den Szenen weitaus mehr rausholen könne. Obwohl ich dieses immer wieder versuchte, scheiterte ich kläglich, fand auch beim Lesen diverser Romane nicht raus, wie es funzte.
Gestern abend jedoch las ich den dritten Tag von Hohlbeins Intruder (Ieh, der Typ liest Hohlbein. Kommt, den dizzen wir jetzt...) und habe zum Ende hin eine Szene von ihm gelesen, die sich über sage und schreibe 27 (!!!) Seiten zog.
Und witzigerweise habe ich das ganze vollkommen in mich eingesogen und glaube, nun den Weg gefunden zu haben, wie man aus einer Szene so richtig viel rausholt.

Deswegen kann ich den Tip geben: sich ruhig eine Frage stellen, die mit dem Schreiben zu tun hat, und Geschichten/Szenen unter dieser Fragestellung lesen. Und zwar mehrere Bücher und Autoren. Man findet nicht in jedem was. Aber in manchen schon. Egal, ob die Autoren nun gedizzt werden oder nicht.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ehe man Lust aufs Schreiben bekommt, liest man so oder so extrem viel. Und durch Lesen bildet sich auch die Kritikfähifkeit heraus; man bekommt einen schärferen Blick für seine eigenen schwachstellen(umgekehrt fördert das schreiben einen scharfen Blick auf bücher).
Und: Der Stil der Lieblingsautoren beeinflusst.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatIch habe auch ein paar Ratgeber zu Hause. Hier und da stehen ein paar gute Tipps drin, aber ich würde nicht sagen, daß man mit ihnen als Grundlage das Schreiben erlernen kann. Auf mich hatten sie in erster Linie die Wirkung, daß sie motivieren und Mut machen.
So geht es mir bei Ratgebern zum Thema Schreiben auch, allerdings gebe ich mir Mühe, einige der Ratschläge in die Tat um zu setzen.

Ich denke, wenn man solche Ratgeber liest und sich durch alle möglichen Romane wälzt (nicht nur Fantasy, sondern wirklich alles von Klassik bis Moderne), kann man schon einiges mitnehmen.

ZitatEtwas sehr effektives ist aber meines Erachtens, wenn man beides miteinander so verknüpft, das man die Ratschläge der Schreibbücher dadurch umzusetzen lernt, in dem man schaut, wie nun die "gestandenen" Autoren das ganze explizit umsetzen.  
Ich finde es immer wieder faszinierend festzustellen, daß es bestimmte Mechanismen gibt, die man tatsächlich anwenden kann... ^^
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Jules am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich denke schon, dass man durch Lesen sehr viel lernen kann, aber ich mache das zumindest nicht bewusst, auch wenn ich in meinem Regal um die fünf Ratgeber habe und noch ein paar von einer Freundin gelesen habe. Einiges behält man sich, wenn man es oft genug liest und außerdem bekomme ich immer sehr große Lust auf das Schreiben, wenn ich darüber lese. Die Bücher haben also eher eine Motivationsfunktion.  ;)
Das mit der Fragestellung müsste ich einmal ausprobieren...

@Schelmin: Ich bin damals durch Hohlbein zur Fantasy gekommen (Drachenfeuer...mein erstes Fantasybuch...worum ging es noch mal?) und habe eine ganze Zeit lang praktisch nur ihn gelesen. Empfehlenswete Bücher sind: Unterland (gaaaaaanz toll), Spiegelzeit, Krieg der Engel (viel zum lachen) und Dreizehn (weiß ich nicht mehr sooo genau, aber die Fledermaus ist toll. Überaus größenwahnsinnig.) Sind die Jugendbücher, die mir über alle Maßen gefallen haben. Den Greif hab ich leider nie gelesen, gehört aber zu den Lieblingsbüchern meiner besten Freundin, müsste also gut sein.

Erwachsenenbücher: Dunkel und Azrael sollen gut sein (ich muss beide irgendwann einmal lesen, wenn ich Zeit hab), die Camelottrilogie (zählt die noch zu Jugendbuch oder nicht? Ich hab keine Ahnung) und die Chronik der Unsterblichen sind es. Beim ersten Buch von der Chronik muss man sich sehr durchkämpfen, aber danach wird es meiner Meinung nach sehr genial, auch wenn im letzten Buch faktisch drei mal das selbe kommt. (wir stürmen eine Burg, die aussieht wie die ganz am Anfang, zuerst geht alles gut, dann werden wir doch erwischt und diese seltsame Frau, die wir retten wollten ist sauer auf uns:-[ )
Von den gaaanz neuen Erwachsenenbüchern würde ich die Finger lassen, da die faktisch am Fließband geschrieben sein müssen, so schnell, wie er die hintereinander veröffentlicht hat.  
Von den restlichen Erwachsenenbüchern habe ich noch Das Avalonprojekt und Die Rückkehr der Zauberer irgendwann mal zu Weihnachten bekommen. Letzteres hat mir eigentlich ganz gut gefallen, obwohl beide die größte Zeit über den Eindruck einer James Bond Persiflage machen.  
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Rei am 01. Januar 1970, 01:00:00
Hmm, ob Hohlbein gut ist oder nicht, sei dahingestellt. Fakt ist, daß er mich zum Schreiben gebracht hat, unter anderem.

Ich habe nie verstanden, wie er aus ein und demselben Thema soviele Bücher hat machen können. Hut ab! Aber: abgucken kann man auch sehr viel. Legt man jetzt nicht soviel Wert auf den Inhalt, dann kann man sich schon einige Kniffe abgucken. Ebenso bei anderen Autoren, auch wenn ich es recht schwierig finde, Szenen zu finden, die der entsprechen, an der ich gerade knabbere...

Ansonsten muß ich sagen, habe ich aus Ratgebern nicht viel mitgenommen, nur den einen oder anderen Kniff. Ich denke, Schreiben lernt man nicht durch das Befolgen sturer Regeln, sondern es kommt doch von einem selbst, aus einem selbst, aus der Vorstellungskraft eines jeden Einzelnen. Und das läßt sich einfach nicht in Regeln pressen, sondern sollte so in einen Text fließen, damit man selbst zufrieden ist.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Schreiben lernen durch Lesen - klar! Aber nicht unbedingt durch Ratgeber, sondern eher durch Romane und Sachbücher. Es macht Spaß und ist wichtig, Buchstaben und Wörter zu "tanken".
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
@arielen:

Schreibratgeber bringen schon was, wenn man es versteht, die richtige Mischung daraus zu lernen, anfangs (!) sich sklavisch an die Regeln zu halten, dann aber, wenn man seinen Stil gefunden hat, diese Regeln irgendwo zu ignorieren, Regeln auszuhebeln bzw. seine eigenen zu schaffen.
Ich glaube, die wichtigste Regel ist jene, wie sie in jedem Rollenspielregelwerk steht: die Regeln dieses Werkes haben solange Gültigkeit, wie sie den Spielfluß nicht stören.
Sollte dieses auftreten, ignoriere man die Regeln und bastele sich alles so zurecht, das der Spielfluß nicht gestört wird.
Recht haben sie, die Schreiber solcher Regelwerke!.

LG

Feuertraum
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Steffi am 01. Januar 1970, 01:00:00
So, nun muss ich doch auch mal meinen Senf dazu geben :)
Ich habe keinen dieser Schreibratgeber im Regal stehen und auch noch nie einen gelesen..., es sei denn Webseiten zählen auf denen ich mich ab und zu mal aus Langeweile rumtreibe  :P  Ich finde, Tipps und Tricks können für die Vorbereitung einer Geschichte gut sein, eventuell auch dafür um beim Schreiben dabei zu bleiben aber das wirkliche Schreiben? Ich finde das lernt man nur durchs Schreiben,  durch Lesen von anderen Geschichten und durch die Kritik anderer.

Mir ist es früher oft passiert (und tut es zum Teil heute auch noch) , dass ich , wenn ich ein Buch zu Ende gelesen hatte, oft unbewusst den Schreibstils eines Autors zwar nicht kopiert habe, aber mein Stil doch deutlich beeinflusst war. Das müssen nicht immer berühmte Autoren sein, und heute passiert mir das immer noch, wenn ich z.B. richtig gut geschriebene Fanfics finde.  Dann imitiere ich unbewusst ein bisschen, gucke hier und gucke da, finde raus was für mich geht und was nicht, welcher Stil zu mir passt und am Ende kommt (hoffentlich) was ganz eigenes raus, mein Stil :)  Aber den kann man nur durchs Schreiben entwickeln. Genauso wie man nur durchs Schreiben (und ehrlicher Kritik anderer) aus seinen Fehlern lernt.

Also gehören Lesen und Schreiben für mich ganz eindeutig zusammen... :)
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
na, das ist doch echtes Lernen durch Lesen!
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: shuki am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich befürchte ähnliches wie Steffi...dass, wenn man von einem Autor/Schreibstil sehr beeindruckt ist, dahin strebt dem nachzueifern. Und der Grat zwischen daraus lernen oder etwas zu copieren ist schmal.
Der Tip von Feuertraum...Ratschläge und lernen durch lesen miteinander zu verknüpfe erscheint mir sehr vernünftig. Ich denke auch, dass Schreiben und lesen zusammen gehören. Ein Maler schaut sicher auch nach Links und Rechts, bevor er seinen eigenen Stil weiter entwickelt.
Auch auch Dingen, die einem nicht gefallen kann man sehr viel lernen, wenn auch nur, wie man es nicht macht...oder besser...aber auch dazu muss man erst lesen.

Zu Hohlbein möchte ich noch hinzu fügen, dass ich einge seiner Bücher sehr schätze (die Magier-triologie). Andere jedoch grauenvoll finde (die Nemesis z.B) Was mich an ihm stört, sind seine häufigen Wiederholungen was Handlungsabläufe und Wortlaute betrifft...ich glaube, er schreib am liebsten bei sich selbst ab, denn einige Dinge finden sich so gut wie in allen Geschichten wieder...allerdings steht es mir sicher nicht zu in zu kritisieren, da ich es nicht anähernd so gut hinbekommen würde...das sind nur Sachen, die mir als Leser aufgefallen sind.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatIch befürchte ähnliches wie Steffi...dass, wenn man von einem Autor/Schreibstil sehr beeindruckt ist, dahin strebt dem nachzueifern.

Ich denke, so etwas passiert gerade dann, wenn man zu wenig liest. Oder wenn man zu selektiv liest, zu wenig verschiedenes - wenn man also in erster Linie Fan ist, und nicht Leser. So etwas passiert auch dann, wenn man selbst noch in einer Anfangs- und Findungsphase steckt - wenn man also eigentlich noch nicht genug Erfahrung hat, um "richtig" selbst zu schreiben.
  Aber gerade dann, wenn man viel und viel verschiedenes gelesen hat, kann kaum ein neues Buch und kaum ein bestimmter, beeindruckender Stil in diesem Meer an Eindrücken noch lange bestehen und allzu großen Einfluss auf das eigene Schreiben ausüben. Viel Lesen relativiert auch und ist damit der sicherste Schutz davor, sich zu eng an konkrete Vorbilder anzulehnen.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Steffi am 01. Januar 1970, 01:00:00
Da muss ich wiedersprechen. Ich habe zwar in meinem Beitrag das böse Wort "Fanfics" benutzt, aber nur um zu zeigen, dass ich selbst da Schreibstile finden, die mich beeindrucken. Ich finde gerade wenn man selber schreibt und viel gelesen hat, dann wird einem erst klar, dass viele Autoren nur durchschnittlich, relativ wenige wirklich brilliant schreiben. Wenn ich nur drei Bücher kenne, dann ist die Chance relativ groß, dass ich darunter nur mittelmäßige Autoren habe. Je mehr ich lese, desto eher finde ich Autoren, die deutlich hervorstechen.

Ich lese, seit ich lesen kann und kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich querbeet lese und nicht nur das, was in ein Fandasein passt. Und das ich auch schon eine Menge gelesen habe. Trotzdem lese ich immer wieder Bücher, deren Stil mich einfach fesselt, und wo ich mir denke "SO möchte ich auch schreiben können! SO möchte ich auch mit Emotionen und Gedanken und Wörtern spielen können!"  

Und "sich inspirieren lassen" bedeutet ja nicht zwangsläufig "kopieren" ...
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatIch denke, so etwas passiert gerade dann, wenn man zu wenig liest. Oder wenn man zu selektiv liest, zu wenig verschiedenes - wenn man also in erster Linie Fan ist, und nicht Leser. So etwas passiert auch dann, wenn man selbst noch in einer Anfangs- und Findungsphase steckt - wenn man also eigentlich noch nicht genug Erfahrung hat, um "richtig" selbst zu schreiben.
  Aber gerade dann, wenn man viel und viel verschiedenes gelesen hat, kann kaum ein neues Buch und kaum ein bestimmter, beeindruckender Stil in diesem Meer an Eindrücken noch lange bestehen und allzu großen Einfluss auf das eigene Schreiben ausüben. Viel Lesen relativiert auch und ist damit der sicherste Schutz davor, sich zu eng an konkrete Vorbilder anzulehnen.
Sehe ich auch so. Ich bin zwar ein großer Tolkienfan, aber trotzdem käme ich nicht auf die Idee, seinen Stil kopieren zu wollen...
Man muß einfach abwechslungsreich genug lesen, dann lernt man verschiedene Stile kennen.
Sobald man dann selber schreibt, kann man sich von diesen verschiedenen Stilen inspirieren lassen und seinen eigenen finden.
So versuche ich das zumindest.

Lg
Moni
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
*taucht plötzlich auf*

Ich hab mit dem Schreiben angefangen, ehe ich an mein Vorbild MZB gekommen bin... von daher hatt ich da schon eine eigene Grundlage gehabt, auf der ich an MZB, Lynn Flewelling, Tolkien und... ich weiß nciht wie vielen Autoren aufbauen konnte.
Wie man eine Story aufbaut, mit schön vielen Intrigen, da bin ich leichtKaoriYuki angehaucht, wenn ich auch nicht so viel in meine Bücher reinpacke, wie sie in ihre 20 Angel-Sanctuary-Mangas(PUH!)

Das sind meine Vorbilder.
Ich sage bewusst VORBILDER udn nicht Idole.
Warum?
Weil man ei Idolen versucht, ihnen GANZ nachzueifern, so zu werden, wie sie.
Vorbilder sind Menschen, denen man im Positiven nachzueifern versucht, ohne dabei sich selbst zu verleugnen. Mein Stil ist extrem anders als der von MZB - aber man findet bei mir eine schwäche für psychologisch etwas... ähm... "ausgereizte" Charaktere(ich kann schlecht "Psychopathen" schreiben). Mein Bemühen, magische Ereignisse mit einem mehr oder weniger rationaslen Hintergrund zu hinterlegen(WARUM kann einer zaubern, der andere nicht? Warum ist ein Magier gerade auf die seele und den Geist der Menschen spezialisiert, der andere auf die Materie(also Natur)?
Von MZB abgeguckt - wobei ich versuche, meine Geschichten nicht mit unnötigen Längen auszustatten("Geisterlicht" war in der Beziehung grässlich!).
Aufbau... nun ja, wie gesagt, Kaori Yuki. Ich mag es einfach nciht, wenn alles so ist, wie es scheint.

So... so viel zum Thema "Inspiration und Vorbilder"

*hides herself again*
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Topaz am 27. März 2018, 11:15:23
Dankeschön für die spannende Diskussion zum Lernen durch Lesen. Ich grabe auch diese Thread einmal aus und packe meine Fragen dazu.

Ähnlich wie ihr lese ich viele Romane und habe auch manchen Schreibratgeber schon gekauft und gelesen. Von den unzähligen Webseiten gar nicht zu reden...

Jetzt wurde mir der Tipp gegeben, das Gelesene einmal abzuschreiben und so mehr aus einem Buch zu lernen.
Es gibt Bücher die fesseln mich von Seite eins und ich finde sie toll.
Es gibt Bücher die kann ich nicht weglegen und frage mich die ganze Zeit, warum lesen ich weiter wenn ich die Geschichte doof finde.
Jetzt habe ich mal angefangen die ersten Seiten mit der Hand abzuschreiben und zu suchen, warum ich die zweite Kategorie genauso wenig weglegen kann wie die Erste. Fündig bin ich noch nicht geworden, aber ich mache das auch zum ersten Mal.

Hat jemand von euch das schon mal versucht? Das Gelesene, was einen fasziniert hat, nochmals abzuschreiben um genauer sagen zu können, wie der Autor das gemacht hat?
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Erdbeere am 27. März 2018, 11:32:33
Nicht direkt abschreiben, aber ich mache mir zwischendurch am Ende eines guten Buchs Gedanken darüber, warum ich das Buch so toll fand. Lag es an den ausgearbeiteten Figuren? Dem Weltenbau? Der Struktur, dem Spannungsbogen? Welche Art Plot benutzte der Autor und was waren die einzelnen Wendepunkte? Das gleiche gilt für Bücher, die mich weniger mitgerissen haben.
Die Gefahr besteht allerdings darin, dass ich nur noch mit meinem Autorenblick lese, besonders bei deutschen Büchern. Vor allem bei den letzten Kleinverlagsbüchern hatte ich richtig Mühe damit und habe mich mehrmals dabei ertappt, wie ich seufzend den Kopf geschüttelt habe während des Lesens, weil diese oder jener DebütautorIn so viele Schnitzer drin hat, die man eigentlich vermeiden könnte - und wie anders ich das Buch schreiben würde. Das versaut mir das Lesevergnügen und ich muss mich bewusst darauf konzentrieren, diesen Autorenblick abzuschalten.

Ich habe einige Schreibratgeber gelesen und schreibe mittlerweile selber Artikel über das Schreiben, weil ich großer Verfechter dessen bin, dass man ein Handwerk erst lernen soll (oder parallel lernt), bevor man sich an etwas setzt. Manche Dinge macht man von Anfang an instinktiv und sie bekommen erst einen Namen, wenn man sich mit Ratgebern auseinandersetzt. Anderes kannte man noch gar nicht und probiert es vielleicht aus. Obwohl ich seit sehr vielen Jahren schreibe und mich intensiv mit dem Handwerk auseinandergesetzt habe, weiß ich sehr genau, dass ich mit jedem Buch Neues dazulernen kann. Und solange das so ist, mache ich meinen Job richtig. :P
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Aphelion am 27. März 2018, 13:38:24
Ich habe früher viel von Hand abgeschrieben, aber aus anderen Gründen. (Kein Plagiat. ;)) Insofern kann ich nicht genau sagen, ob mich das beeinflusst hat. Ein bisschen schon, denke ich. Ich finde das allerdings schwer zu beurteilen, weil die Texte ja meistens schon beim ersten Lesen einen tiefen Eindruck hinterlassen haben.

Im Nachhinein habe ich mich übrigens richtig geärgert, dass ich für die Abschriften nur normales, d.h. schlechtes Papier verwendete und beidseitig schrieb. Die Abschriften konnte ich irgendwann wegwerfen, weil die Tinte durchdrückte. Das ist beim Abschreiben-um-zu-lernen vielleicht weniger dramatisch, aber eine Abschrift von den ersten Seiten eines Lieblingsromans können ja auch sehr hübsch sein. Oder eine handschriftliche Sammlung der schönsten Textstellen, in einem Klemmbuch gebunden. Hach.  :wolke:
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: canis lupus niger am 27. März 2018, 17:45:29
Jane Austen hat angeblich nie eine öffentliche Schule besucht, auch keine Universität oder sonstige Fortbildung, sondern nur in der elterlichen Bibliothek exzessiv gelesen. Darüber, ob Schreibratgeber in der Bibliothek waren, habe ich nichts gefunden. Jedenfalls hat sie wohl schon als Teenager angefangen, selber zu schreiben, und ihr wird nachgesagt, eine recht ordentliche Autorin geworden zu sein. ;)
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Gizmo am 27. März 2018, 23:41:43
Abgeschrieben habe ich noch nie etwas, aber ich versuche mir ebenfalls während des Lesens bereits Gedanken zu machen, warum mich eine Szene oder ein Charakter besonders anspricht; oder eben nicht. Mir geht es dabei oft wie Erdbeere, dass ich dann meine Analysebrille aufsetze und mir den Spaß verderbe. Manchmal muss ich mich regelrecht dazu zwingen, damit aufzuhören. Und dann denke ich mir, dass mein eigener Text sicher ebenfalls voll solcher Fehler ist, über die jemand anderes dann den Kopf schüttelt  :)

Mit der Theorie, wie man sie Schreibratgebern findet, habe ich mich erst in letzter Zeit beschäftigt. Man sollte sicher nicht alles einfach schlucken, das man da vorgesetzt bekommt (und nicht alles passt auch auf den eigenen Stil und Typ), aber interessant ist es allemal. Und am Ende hat Schreiben auch eine rein handwerkliche Seite. Mir hat es auf jeden Fall geholfen, nun klarer zu erkennen, warum manche Dinge funktionieren und andere nicht. Ich erkenne jetzt auch deutlicher die Muster, die vielen Texten zugrunde liegen. Allerdings glaube ich nicht, dass es mir persönlich helfen würde, einen Text abzuschreiben.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Trippelschritt am 28. März 2018, 10:17:30
Nein, auf die Idee Texte abzuschreiben bin ich noch nie gekommen. Ich würde das auch nicht machen, obwohl ich verstehen kann, wo der nutzen liegen könnte. Beim Lernen durch Lesen muss man, glaube ich, deutlich zwischen Schreibratgeber und Belletrisitk unterscheiden. Der eine kann aus Schreibratgebern lernen, der andere nicht. Ich liebe Schreibratgeber, weil sie mir Ideen schenken, wie mal etwas ausprobieren kann. Als regelwerke habe ich sie ohnehin nie betrachtet.

Das Lesen von Romanen und Kurzgeschichten wirkt bei mir ganz anders. Wenn ich das Gefühl habe, sie faszinieren mich, dann will ich herausfinden, warum ihnen das gelingt. Rothfuss Band 1 habe ich bestimmt fünfmal gelesen, bis ich herausbekam, womit er mich einfing. Rothfuss war für mich allein deshalb zo ein Faszinosum, weil er gewaltige handwerkliche Schnitzer produziert, die ich ihm aber alle verziehen habe, weil er so grandios schreiben kann. Wieso halte ich ihn für einen grandiosen Schreiber und klappe andere Bücher mit nur halb so viel Fehlern zu?
Ich brauchte gleich mehrere Anläufe, weil mich Rothfuß immer wieder in seinen Bann zog. Und als Verzauberter kann man nicht analysieren. da hätte vielleicht das erwähnte Abschreiben geholfen, aber ich habe einfach von vorn angefangen.

Bei ursula LeGuin musste ich nicht so lange raten. Ich wusste sofort, dass es die Sprache war. Da konnte ich gleich suchen, was wie sie das anstellte. Das war einfacher. Und bei wiederum anderen Autoren sammele ich einfach gute Stellen und kann am Ende feststellen, wo seine Stärken liegen.

Nur eines ist für mich unbestritten. Lesen, auf welche Art auch immer, und Schreiben gehören zusammen.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Erdbeere am 28. März 2018, 10:30:17
@canis lupus niger Zu Zeiten von Jane Austen gab es auch nicht die Möglichkeiten, die wir heute haben. Dein Vergleich hinkt ein wenig, denn ein Großteil der heutigen Schreibtheorie basiert auf Klassikern - wie eben jene von Jane Austen. Austen ging sehr wohl zur Schule (öffentlich war damals so gut wie keine Schule, es sei denn, man lebte in einer armen Gemeinde und die Kirchenschule war die einzige Möglichkeit - für Jungs, wohlgemerkt - auf ein wenig Bildung wie Lesen und Schreiben), jedoch nur ein paar Jahre und wurde danach zuhause von ihrem Vater und ihren Brüdern unterrichtet, weil das Geld für ihre Schule fehlte.
Die Bibliotheken, zu denen sie Zugang hatte, waren privater Natur und sehr breit gefächert. Sie erhielt also eine umfängliche Ausbildung und beschäftigte sich sehr früh schon mit dem Schreiben.

Die grundlegende Technik des Geschichtenerzählens ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst und wie ich gesagt habe, machen wir vieles instinktiv bereits richtig, weil jeder Film und jedes Buch, mit dem wir in Kontakt kommen, ebendiese Urtechniken, wenn man so will, anwendet. Schreibratgeber zeigen die Theorie auf, wie man etwas machen kann, wie andere schreiben und damit Erfolg haben. Ausprobieren ist immer noch die beste Möglichkeit, finde ich, um für sich selbst herauszufinden, welche Techniken einem liegen und welche nicht.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: canis lupus niger am 28. März 2018, 12:13:08
@Erdbeere
Mit meinen Ausführugen zu Jane Austen wollte ich nur durch ein Beispiel belegen, dass Lernen durch Lesen funktionieren kann.  ;)
Und Klassiker, an denen man sich orientieren konnte, gab es seinerzeit sicher ebenfalls.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Churke am 28. März 2018, 12:14:31
Schreibratgeber helfen, die Muster zu erkennen, nach denen andere Bücher geschrieben sind. Aber ich fürchte, dass sie zu einem Gutteil auch betriebsblind machen. Ich hatte letztens ein Gespräch mit jemanden, der viel liest, aber vom Schreibhandwerk keine Ahnung hat. Der hat eines meiner Bücher rein intuitiv besser und vollständiger analysiert als manche Lektoren, mit denen ich bislang zu tun hatte.
Warum? Der Lektor arbeitet sich an Regeln ab, er sucht nach Mustern, und wenn er die nicht findet, dann will er sie rein machen. Da ist der Instinkt verloren gegangen, einen Text einfach auf sich wirken zu lassen.
Also: Lesen, aber so unvoreingenommen wie möglich. Wenn ich beim Lesen auf ein bekanntes Muster stoße, ist da immer schon in bisschen die Luft raus.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Trippelschritt am 28. März 2018, 12:31:53
 :rofl:
Liegt vielleicht nicht an den Schreibratgebern, sondern am Lektor. Hieß er vielleicht Mustermann?

Aber Spaß beiseite: Ein aufmerksamer und gründlicher Leser ist ein Geschenk für jeden Autor.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: zDatze am 31. März 2018, 03:35:13
Ganz am Anfang habe ich auch einmal probiert Bücher per Hand abzuschreiben, aber schon da gemerkt, dass manche Formulierungen mir so gar nicht liegen. Zuerst hab ich den Text nur angepasst und dann das Abschreiben wieder gelassen und mich meinen eigenen Geschichten und Schreibstil gewidmet.

Zum Lernaspekt kann ich nur sagen: Ja, der ist definitiv da, auch wenn ich nicht so recht den Finger drauf legen kann, was genau ich lerne und wie es mein Schreiben dann beeinflusst. Ich versuche aber auch nicht gerade ein Buch während des Lesens auf Schreibtechniken hin zu analysieren oder zu zerpflücken. Beim ersten Lesen möchte ich in die Geschichte eintauchen und mitfiebern. Quasi Genuss-Lesen.
Das funktioniert zwar nicht immer, da ich auch diese lästige Kritikstimme im Kopf habe, die bei holprigen Sätzen und Logikfehlern sofort anspringt. Dann kann ich das Analysieren leider oft auch nicht lassen.

Wenn es dann um handwerkliche oder stilistische Aspekte geht, dann lese ich Ausschnitte gezielt und zerpflücke sie auch. Allerdings macht das dann oft das Buch kaputt für mich, weil ... hat man den "Zauber" einmal durchschaut, ist das Lesen nicht mehr dasselbe. Leider.  :'(

Was ich allerdings meistens nebenher mache: ich schreibe eine Wort-Liste mit, um meinen Wortschatz zu erweitern. Da landen alle Wörter drauf, die ich erst mal nachschlagen muss, oder die mir besonders gefallen und die ich ebenfalls aktiv in meinen Schreib-Wortschatz aufnehmen möchte.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Zit am 31. März 2018, 07:04:52
Nein, abgeschrieben, um zu lernen, habe ich nie. Den einzigen Nutzen, den ich mir vorstellen könnte, wäre, dass man durch das Abschreiben langsamer an den Text herangeht und die Wörter als solches auch bewusster wahrnimmt und dadurch eben das "Wie" auf eine, hm, "fühlbare" Art erlebt. :hmmm: Wobei da der Denkfehler drin sein könnte, dass bewusstes Lesen reichen würde, um als Lehrling die Technik zu erkennen. Ich bin eher der Meinung, dass man schon ein gewisses Repertoire an Techniken vorher kennen muss, um sie dann im Text finden zu können bzw. um auch neue Techniken erkennen zu können. Mir persönlich reicht aufmerksames Lesen, und manchmal auch ein zweites Mal lesen, um dahinter zu kommen. (Ausnahmen bestätigen die Regel. ;D Ich bin natürlich nicht allwissend.) Entgegen anderer emfpinde ich es beim Lesen auch nicht als störend, dass die Analyse nebenbei mitläuft und ich so über Schnitzer nicht hinweglese. Mir erspart das verschwendete Lesezeit, wenn ich schnell merke, ob der Text etwas taugt oder ob noch ein Lektoratsdurchgang nicht besser gewesen wäre. (Lese halt auch einiges an SP-Büchern.) Es hilft mir ja auch beim passiven Lernen, als würden andere für mich das Schreiben ausprobieren und ich brauch nur schauen, obs funktioniert oder doch nicht. ;D

ZitatAllerdings macht das dann oft das Buch kaputt für mich, weil ... hat man den "Zauber" einmal durchschaut, ist das Lesen nicht mehr dasselbe. Leider. :'(

Ich hab eher den Eindruck, dass es mich dem Autor selbst näher bringt. Ich mag zwar von ihm nicht mehr kennen als das Pseudonym, aber wenn ich seine Techniken erkenne und nachvollziehen kann, warum er an welcher Stelle sich für dieses und jenes entschieden hat – dann hat das schon was von sisters-in-crime im Geiste. So ein Gemeinschaftsgefühl als würde man einer geheimnisvollen Loge angehören, weil man den Text auf der handwerklichen Ebene decodieren kann. :rofl:
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Fianna am 31. März 2018, 11:11:07
Abschreiben würde mir auch nichts bringen, eher mit Abstand erneut lesen. Dann kann ich oft eher benennen,  wieso ich einen Twist (nicht) kommen sah oder eine Figur (nicht) mochte usw. Nach einem Lesen kann ich das nicht immer fest machen. Ich habe angeblich so ein gutedls Gedächtnis für gelesene Bücher (das würde ich nicht unterschreiben), aber ich kann mich doch nicht mehr an die ganzen Hinweise erinnern, die in einem Buch gegeben wurden.
Um handwerklich etwas daraus mitzunehmen, muss ich es zwei Mal lesen.

Manchmal finde ich da erst handwerkliche Fehler oder Arbeitsweisen, die ich nicht mag. Bei einigen Büchern kann ich ausnachen, warum es einfach Spass macht, sie trotzdem zu lesen.

Zielstrebig habe ich das nur bei Krimis gemacht. Da haben mir besonders die guten von Agatha Christie und Bücher von Ann Granger geholfen.
Agatha Christie ist in ihren besten Büchern so genial im Konstruieren von inneren Monologen... der Leser ordnet es zwingend in einen bestimmten Kontext und hält die Person für unschuldig, vermutet Twists und Geheimnisse an anderen Stellen - wenn man jedoch nach der Auflösung erneut diesen vorher nicht anders lesbaren inneren Monolog anschaut, ist er auch zu 100 % mit dem neuen Wissen im Einklang.
Das fehlt mir bei anderen Krimis oft, dir komplizierten Vetschleierungsmethoden passen im Licht aller Tatsachen nicht richtig zum Plot oder zu den Figuren, die Handlung wird an diesen Stellen unlogisch, mit dem einzigen Sinn "Der Leser muss verwirrt werden".

Ich habe mir aus den guten Krimis mal Motive und Verschleierung der Tat mitgeschrieben, um es grob in Kategorien zu klassifizieren.
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Aphelion am 31. März 2018, 15:06:05
Ich weiß wie gesagt nicht, ob mir das Abschreiben etwas gebracht hat, aber der Grundgedanke ist eigentlich gar nicht so verkehrt. Zusätzliches (Ab)Schreiben erhöht die Verarbeitungstiefe - dieser Effekt lässt sich aber auch anders erzielen, Hauptsache, es wird eine andere Form von Verarbeitung gewählt. Die Textstelle zehnmal zu lesen ist also nicht dasselbe. Buchstaben zu tanzen könnte hingegen eine echte Alternative sein. :rofl:
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Christian M. am 01. April 2018, 08:38:48
Zitat von: Trippelschritt am 28. März 2018, 10:17:30
Das Lesen von Romanen und Kurzgeschichten wirkt bei mir ganz anders. Wenn ich das Gefühl habe, sie faszinieren mich, dann will ich herausfinden, warum ihnen das gelingt. Rothfuss Band 1 habe ich bestimmt fünfmal gelesen, bis ich herausbekam, womit er mich einfing. Rothfuss war für mich allein deshalb zo ein Faszinosum, weil er gewaltige handwerkliche Schnitzer produziert, die ich ihm aber alle verziehen habe, weil er so grandios schreiben kann. Wieso halte ich ihn für einen grandiosen Schreiber und klappe andere Bücher mit nur halb so viel Fehlern zu?
Ich brauchte gleich mehrere Anläufe, weil mich Rothfuß immer wieder in seinen Bann zog. Und als Verzauberter kann man nicht analysieren. da hätte vielleicht das erwähnte Abschreiben geholfen, aber ich habe einfach von vorn angefangen.
Also bei Rothfuss bin ich auch noch am Rätseln...habe bisher nur den "Namen des Windes" gelesen und stimme dir 100% zu. Handwerklich...sagen wir mal...Durchschnitt, aber es packt einen dennoch sehr stark. Da ich das Buch nur ausgeliehen hatte, kann ich es nicht nochmal lesen...ich fand die Zusammenstellung der Charaktere in einem sehr engen Raum- und Zeitfenster (Taverne) plus das sehr langsame, behutsame Enthüllen der Hintergründe der Figuren sehr interessant und dadurch fesselnd.
Wenn einer mehr darüber weiß, wie Rothfuss das macht, gerne melden. ;)

Abschreiben würde ich auch mal für eine gute Idee halten, ich denke das eröffnet neue Perspektiven. Vor allem bei Autoren, die relativ "knapp" schreiben, ohne viel drumherum. Wenn ich mal wieder einen "Rothfuss" erwische, werde ich das mal machen, um an das Erfolgsgeheimnis zu kommen.

Liebe Grüße
Christian
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Zauberfrau am 01. April 2018, 09:23:34
Das ist wirklich ein sehr interessanter Thread  :pompom:


Früher habe ich sehr viel gelesen, da konnten die Schinken gar nicht dick genug sein  :buch:  Allerdings lese ich heute nur noch sehr ausgewählte Sachen und für die dicken Schinken habe ich keine Nerven mehr. Ich habe festgestellt, dass ich tatsächlich den Stil gerne kopiere, wenn ich nach einem Buch selbst schreibe. Und seitdem ich an meinem Epos hänge, hat das meinen Schreibstil von Kapitel zu Kapitel geändert und das hat mir nicht gefallen. Irgendwann kam dann der Punkt, wo ich mich nicht mehr ablenken lassen wollte. Aber natürlich wird damit der Stil nicht besser, das weiß ich auch ;-)
Nein, ich habe mir dann aktiv Autorengruppen gesucht. Mit echten Menschen zusammenzusitzen, ihre Texte zu hören, meine Texte vorzulesen, darüber zu diskutieren, über Aufbau, Wortwahl und so weiter zu fachsimpeln, das hat mich extrem weitergebracht. Und es ist nach wie vor für mich das Mittel der Wahl. Erstens versumpfe ich nicht komplett in meinem Kämmerlein, zweitens treffe ich Gleichgesinnte und drittens lerne ich, gute wie auch schlechte Texte zu akzeptieren, die Kriterien in der Gruppe zu finden, was gut und was schlecht ist. Es gibt Diskussionstage, die sind mir im Gedächtnis, als wären sie erst vor wenigen Stunden gewesen. Richtig tolle Kritiken, Argumentationen und vor allem Motivation: Okay, dein Text war nicht so der Bringer, aber - Chaka! - überarbeite ihn und das wird schon.


Ich habe meinen Minecraft-begeisterten Jungs die Bücher von Carl Olsberg gekauft. Und weil sie so lesefaul sind, die ersten Bände selbst vorgelesen. Die Dinger sind so runtergerissen, teilweise echt schlecht lektoriert und manchmal wirklich - naja. Aber trotzdem: Hut ab! Es liest sich echt flüssig und den Jungs gefällt es megamäßig. Und das alles im dünnen Heftchen im Selbstverlag. Funktioniert. Der schreibt Band für Band und scheint eine echt große Fangemeinde zu haben. Obwohl ich mich nach wie vor ärgere, dass mitten in Dialogen sich plötzlich die Gesprächsteilnehmer ändern. Da ist der Fischer plötzlich der Bauer und so Scherze, da war ich ja richtig sauer, dass man trotzdem Erfolg haben kann. Manchmal muss man eben nur wissen "wo das Geld auf der Straße liegt". Und dann ist Handwerk gar nicht mal so wichtig.
Aber das ist nicht mein Anspruch. Deshalb habe ich auch noch nichts veröffentlicht. Weil ich immer noch denke, dass ich noch an mir arbeiten muss. Naja, vielleicht ändert sich das ja - hoffentlich - bald  :jau:


Liebe Grüße,
Zauberfrau
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Trippelschritt am 01. April 2018, 10:23:11
Zitat von: Christian M. am 01. April 2018, 08:38:48

Also bei Rothfuss bin ich auch noch am Rätseln...habe bisher nur den "Namen des Windes" gelesen und stimme dir 100% zu. Handwerklich...sagen wir mal...Durchschnitt, aber es packt einen dennoch sehr stark. Da ich das Buch nur ausgeliehen hatte, kann ich es nicht nochmal lesen...ich fand die Zusammenstellung der Charaktere in einem sehr engen Raum- und Zeitfenster (Taverne) plus das sehr langsame, behutsame Enthüllen der Hintergründe der Figuren sehr interessant und dadurch fesselnd.
Wenn einer mehr darüber weiß, wie Rothfuss das macht, gerne melden. ;)

Liebe Grüße
Christian

:winke:
Hier gemeldet

In: "Slow regard of silent things" findest Du einen Teil seiner Stärke, der, der mir anfangs die meisten Rätsel aufgab. Vergiss Rothfuss Band 2, weil der um klassen schlechter ist als Name des Windes. Aber das Buch ist es wert, gekauft und studiert zu werden, wenn man etwas lernen möchte durch das Lesen anderer Autoren.

Vielleicht möchstes Du einen Diskussionsthread einrichten, in dem Rothfuss diskutiert wird? Ich wäre dabei.

Trippelschritt
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Christian M. am 01. April 2018, 16:48:12
Zitat von: Trippelschritt am 01. April 2018, 10:23:11

:winke:
Hier gemeldet

In: "Slow regard of silent things" findest Du einen Teil seiner Stärke, der, der mir anfangs die meisten Rätsel aufgab. Vergiss Rothfuss Band 2, weil der um klassen schlechter ist als Name des Windes. Aber das Buch ist es wert, gekauft und studiert zu werden, wenn man etwas lernen möchte durch das Lesen anderer Autoren.

Vielleicht möchstes Du einen Diskussionsthread einrichten, in dem Rothfuss diskutiert wird? Ich wäre dabei.

Trippelschritt

Danke für den Tipp, ist bestellt. In welchem Unterforum wäre denn dieser Thread am besten aufgehängt? Finde es immer spannend, über andere Autoren zu sprechen.

Liebe Grüße
Christian
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Tigermöhre am 03. April 2018, 11:38:40
Ich lerne besonders gut aus schlechten Büchern.
Denn sie ziehen mich nicht in ihren Bann und wenn ich über irgendwas stolpere, denke ich direkt darüber nach, wie ich es besser machen könnte.
Gute Bücher muss ich mehrfach lesen und analysieren, um das Handwerk dahinter bewusst wahrzunehmen. (Unbewusst sickert da aber bestimmt auch einiges ein.)
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Kunstmut am 21. April 2018, 22:13:41
Ich lese seit 2012 den Blog von Patrick Rothfuss. Dort erklärt er an einigen Stellen selbst seine Taktik. Zum Beispiel, wie man mit Kunstpausen Dialoge kurz unterbricht, um eine Zusatzinfo einzubauen, bevor die eigentliche Dialogzeile weitergeht. Oder warum es besser ist, drei bis fünf Dinge bei Beschreibungen zu erwähnen, als entweder gar nicht zu beschreiben oder langweiliges Infodumping zu bringen. Letztlich ist das, was Rothfuss macht aber kein Geheimrezept. Es ist einfach gutes Erzählen, jedenfalls, wenn man als oberstes Ziel hat, möglichst viele Leser zu haben. Sowas findet man in allen Klassikern. Schaut euch den Ghibli Film When Marnie Was There an und lest das Kinderbuch von Joan G. Robinson. Charles Dickens, Mark Twain, Astrid Lindgren, Selma Lagerlöf, Rudyard Kipling usw. usw. konnten das auch alle.

Das Konzept funktioniert nach dem "persuasive writing". Die Autoren wollen von möglichst vielen Menschen gelesen werden und wählen daher einen Stil, der sich flüssig lesen lässt. Somit muss sich niemand anstrengen, um schwierige Sätze zu entschlüsseln. Man lese mal auszugsweise "Gedanken und Erinnerungen" - Otto von Bismarck. Und im direkten Vergleich "Die Leiden des jungen Werther" - Goethe. Die Methode ist psychologisch so simpel wie genial: Schreibe angenehm kurz und verständlich. Sei warmherzig und vertraut, wie ein Freund, der nette Briefe schreibt, und du wirst gelesen. Noch ein Beispiel: Bestseller Autorin Elisabeth von Heyking - Briefe, die ihn nicht erreichten (1903). Diese Technik der künstlich arrangierten Vertraulichkeit ist sozusagen das schriftliche Äquivalent zu einer ruhigen tiefen Stimme. (Jim Morrison oder Johnny Depp Interviews sind sooo entspannend). Kein Wunder, dass es ständig im Marketing eingesetzt wird.

Oder aktuelle Beispiele. Man nehme Sachbücher aus dem suhrkamp Verlag oder versuche sich an den hochtrabenden Nachworten innerhalb der reclam universalbibliothek. Oder schaue in den wissenschaftlichen Bereich. Es ist alles überladen von Neologismen des subjektiv empfundenen spatial turns in der dekonstruktivistischen Anschauung der reziproken Postmoderne. (Am besten schreiben meist Menschen, die an einem Punkt ihres Lebens mal intensiv Grammatik gepaukt haben). Schau ich mir dagegen zum Beispiel 'Die fließende Königin' oder 'Tintenherz' an, um mal in der Fantasy zu bleiben, dann sind diese Bücher geradezu einfach, ja kindlich geschrieben.

Natürlich wollen nicht alle Autoren Pageburner schreiben. Diverse Themen sind eben einfach trocken. Erläuterungen zum BGB werden nicht die Spannung eines Thrillers haben. Oder diese Gemütlichkeit von 'Momo'. Auch abseits von Sachbüchern wollen manche Autoren absichtlich provozieren, anstrengen, schmerzen. Wenn man Kafka liest, ist das eher eine Qual, aber er wollte eben nicht 'everything is awesome' schreiben. Aber ganz wichtig, zumindest nach meiner Meinung, sind die Erzählzeit und eben der Sprachstil. Es muss nicht viel Plot oder viele Charaktere geben. Wenn der Stil weggeht wie Waffeln mit Nuss Nougat Creme, Marmorkuchen mit Puderzucker und Pfannkuchen mit Ahornsirup dann nehme ich das doch eher als Kohlsuppe oder einen Beilagenteller mit Sauerkraut. Und wenn ich von einem Buch nicht mit tausend Seiten Langeweile erschlagen werde, sondern stattdessen schon hundert Seiten richtig fetzen, warum brauch ich da mehr? Jeder Autor sollte jedes Jahr Shakespeare studieren, um zu verstehen, wie Minimalismus funktioniert. Leser sind nicht blöd, viele Dinge muss man nicht erklären. Was uninspiriert und öde wirkt, kann weg. Dann reden die Menschen die nächsten vierhundert Jahre drüber.

Ich mag es jedenfalls, wenn mir ein Buch bereits bei der ersten Lesesession (sagen wir drei Stunden) schon jede Menge Futter gibt. Dann hab ich auch Lust, weiterzulesen. (Ein richtiger Knaller in der Hinsicht war 'Metro 2033').
Titel: Re: Lernen durch Lesen
Beitrag von: Marandris am 03. Mai 2018, 16:01:20
Hallo,
ich klinke mich in das tolle  Thema mit ein, weil ich der Meinung bin, dass man durch das Lesen eindeutig viel lernen kann  :buch: Früher war ich ein Vielleser, hab an einem Tag ein Buch mit 400 Seiten beendet und konnte sogar das nächste anlesen. Jetzt mit meinem Brötchenjob, einem kleinem Kind und Deadlines die ich einhalte muss, bleibt mir kaum noch Zeit dazu. Als ich mehr gelesen habe, hatte ich keine Probleme verschiedene Synonyme zu finden. Sogar Redewendungen zu verwenden und das Schreiben an sich war viel unkomplizierter. Wörtern flossen einem leichter zu, wenn man etwas beschreiben wollte. Man erinnerte sich besser an Fachausdrücke. Ohne Bücher hätte ich niemals Begriffe wie "trutzig"  oder "Treppenflucht" kennengelernt. Durch das viele Lesen kennt man sich auch besser damit aus wie man welches Satzzeichen setzt, denn es ist gleichzeitig Abenteuer erleben und merken/lernen.

Vom Abschreiben halte ich generell gar nichts, weil ich meine Geschichten erst mit der Hand schreibe, sie dann am PC übertrage und währenddessen schon mit der Korrektur beginne. Ich wüsste nicht, inwiefern mir das helfen sollte zu begreifen, wie ein anderer Autor seine Geschichte geschrieben hat. So etwas erfasst man während des Lesens  :)

Liebe Grüße, Christina