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Fantasykrimi plotten

Begonnen von Coppelia, 17. April 2008, 15:00:36

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Coppelia

Ich hab mal eine Frage. Ich hab einen Krimi im Kopf, habe aber noch nie einen geschrieben und im Moment Schwierigkeiten damit, ihn zu plotten, obwohl mir Figuren, Ambiente und so schon klar sind.
Mir war so, als gebe es eine bestimmte Menge an "Plotelementen" oder zumindest typischen Inhalten für einen Krimi. Ich hab sie irgendwann auch mal aufgelistet gesehen, aber erinnere mich nicht mehr, wo und wann - kann mir da einer vielleicht auf die Sprünge helfen?
Und darf in einem Fantasykrimi eigentlich auch mittels Magie gemordet werden? Irgendwie hab ich mal gehört, der Mörder dürfe keine übersinnlichen Kräfte haben.

edit: Seht mal, genau 1000 Posts. ;)

saraneth

Hallihallo,

also ich habe spontan zu diesem Thema das hier bei google gefunden:
http://www.mordstalent.de/tipps-zum-krimischreiben.php

Vielleicht hilft es weiter.

Zu den übernatürlichen Kräften kann ich nur meine persönliche Meinung geben. Ich sehe das Risiko, dass der Mörder "unbesiegbar" wird, wenn du ihm übernatürliche Kräfte gibst. Haben deine "Helden" allerdings auch welche, gleicht sich das mMn wieder aus.
In was für einer Welt willst du deine Geschichte denn spielen lassen? Hat sie reale Hintergründe?


LG
Saraneth

Schelmin

ZitatUnd darf in einem Fantasykrimi eigentlich auch mittels Magie gemordet werden? Irgendwie hab ich mal gehört, der Mörder dürfe keine übersinnlichen Kräfte haben.
Es kommt darauf an. Ich wüßte nicht, warum der Mörder keine Magie zum Morden nutzen sollte. Die Ermittler müssen ihm eben gewachsen sein, und müssen ihre Mittel haben, ihn trotz der magischen Macht zu stellen.


Berjosa

Hallo Coppelia,

wenn ich mich recht erinnere, enthalten die in Listenform umgehenden Krimiregeln meist Verbote und sind schon einigermaßen betagt. Da darf z.B. kein Chinese vorkommen, auch keine Liebesgeschichte. Und Magie schon gleich gar nicht. Zumindest diesen letzten Punkt kannst du aber bei einem Fantasy-Krimi vergessen. Was wäre außerdem eine anständige Fantasy-Festung ohne Geheimgänge oder ein Alchimistenlabor ohne Gifte, die der terranischen Wissenschaft nicht bekannt sind?

Ein meiner Meinung nach empfehlenswertes Buch zum Thema Krimi schreiben ist "Das Wort zum Mord" aus dem Ariadne-Verlag.
Beispiele für Fantasy-Krimis, bei denen mittels Magie gemordet und auch ermittelt wird, gibt (oder gab) es von Randall Garrett, die Lord-Darcy-Reihe, und von Martin Scott, die Thraxas-Reihe.

Ich weiß nicht, wie du sonst beim Plotten vorgehst, ich verwende mein übliches Plotgerüst auch für Krimis. Die Hindernisse, die sich den Helden in den Weg stellen, sind dann eben falsche Fährten (evtl. vorsätzlich ausgelegt), Vorurteile, Bürokratismus oder einfach das normale Leben, das auch während einer Mordermittlung weitergeht.
Eine gern und (meiner Meinung nach zu) häufig verwendete Zutat ist die, dass der Mörder kurz vor Schluss die Heldin (eher nicht den Helden, es sei denn, er ist jünger als 16) in seine Gewalt bringt und die andere Hälfte des Ermittlerduos sie in allerletzter Sekunde befreit. Natürlich nachdem der Mörder ausführlich gestanden hat.

Ich hoffe, es ist das eine oder andere Brauchbare dabei.



Lavendel

Es gibt noch ein gutes Buch, das aber leider vergriffen ist. Der wohltemperierte Mord von Viktor Žmegač. Es ist zwar kein Schreibratgeber sondern behandelt eher die literaturwissenschaftliche Theorie des Krimis, aber in der Einführung steht eingentlich alles, was es zur Gattung des Krimis zu sagen gibt.
Vielleicht hilft auch Reading for the Plot von Peter Brooks, weil er sich auch mit den wichtigsten Krimiautor/innen beschäftig, aber ich bin nicht so sicher, ob es das ist, was du suchst.

Ansonsten mache ich gerade einen Kurs zur Gattung des Kriminalromans. Wir haben zwar gerade erst angefangen, aber die theoretischen Texte, die ich bisher gelesen habe zeigen vor allem, dass es schon Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts verschiedene Überlegungen zum Krimi gab, die sich teilweise widersprechen, was die Erwartungen an einen Krimi angeht.

Das Grundprinzip ist eigentlich, dass die Leser/innen immer auf dem gleichen Wissensstand sein müssen, wie der Detektiv, damit sie die Fall theoretisch selbst lösen könnten.
Dann gibt es eben Krimis, die eher Rätselcharakter haben oder sowas wie Denkspiele sind und welche, die eher psycholgisch arbeiten.
Theoretisch schließen sich Krimi und Phantastik (der Meinung vieler Leute nach) gegenseitig aus, aber die Bücher von Leo Perutz driften ja auch in die Richtung.

Diese Listen habe ich auch schon im Internet gesehen. Aber ich finde auch nciht, dass man sich daran entlanghangeln muss.
Hier gibt's zum Beispeil sowas: http://en.wikipedia.org/wiki/Golden_Age_of_Detective_Fiction
Und Van Dine's berühmte zwanzig hier: http://gaslight.mtroyal.ab.ca/vandine.htm

Vielleicht kann man sich ja da auch Anregungen holen ;).

Coppelia

#5
Vielen Dank schon mal. :) Ja, die Liste, die Lavendel gelinkt hat, die meinte ich. Obwohl ich ehrlich gesagt nicht weiß, warum keine Chinesen vorkommen sollen - wie diskriminierend! Was sollen denn dann chinesische Krimiautoren machen, können sie Krimis nie in ihrer Heimat spielen lassen? ;) Na ja, Spaß beiseite.
Wenn ich mir das so ansehe, liegt mein Problem wohl eher beim Plotten der falschen Fährten und so ...  ::) Aber ich fürchte, da muss ich allein durch, was?

Ich hab ja in meinen Stories normalerweise einen äußeren Plot, also die Handlung (in dem Fall: Ein Kriminalfall wird aufgeklärt) und einen inneren Plot, nämlich die Entwicklung des Protas (in dem Fall: jemand findet in einer deprimierenden Lebenssituation wieder neue Kraft). Ich weiß nicht, inwiefern Krimis normalerweise nur aus äußerer Handlung bestehen - ich hoffe nicht, dass es so ist.

Hm, wahrscheinlich ist es eher eine Geschichte mit Krimielementen als ein richtiger Krimi, wenn ich das so überlege. Es ist auch kein Profiermittler, sondern eine Art Anwalt, der Urlaub macht, die Hauptperson.

Die Welt hat auch reale Hintergründe, sie ist an der römischen Antike orientiert. Allerdings habe ich diesmal die Chance, mehr Magie einzubauen, weil sie nicht in meinem Rom-Verschnitt spielt. ;)

Judith

ZitatIch weiß nicht, inwiefern Krimis normalerweise nur aus äußerer Handlung bestehen - ich hoffe nicht, dass es so ist.
Das trifft vielleicht noch auf den typischen Whodunnit ala Agatha Christie zu, aber mittlerweile gibt es genug Krimis, bei denen es nicht nur eine äußere Handlung gibt. Da würde ich mir also gar keine Sorgen machen. Im Gegenteil: Gerade in letzter Zeit sind Krimis mit Figuren, die sich auch weiterentwickeln und ihre eigene "Geschichte" neben der Aufklärungsarbeit haben, sehr beliebt. Siehe Elizabeth George, Henning Mankell oder Arnaldur Indridason.  :)

Ich hatte mal eine VOrlesung über Kriminalliteratur und kann gerne gucken, ob ich da noch etwas Brauchbares in der Mitschrift finde - jetzt bekomm ich leider gleich Besuch, aber morgen kann ich da mal nachsehen.

Judith

#7
So, ich hab jetzt nochmal meine Mitschrift durchforstet und schreib dir mal die Strukturen/"Regeln" auf, die wir besprochen haben. Wohlgemerkt: Viele dieser "Regeln" wurden und werden auch immer wieder in Krimis gebrochen. Aber sie können vielleicht dennoch ein erster Anhaltspunkt sein.

Zunächst mal wird bei der Kriminalerzählung unterschieden in eine Detektivgeschichte (beginnen mit der Tat und erzählen die Ermittlungen; Bsp.: Agatha Christie, Henning Mankell, etc.) und eine Verbrechensgeschichte (erzählen die Vorgeschichte des Verbrechens, entwickeln eine Kausalkette von Ursachen bis hin zur Tat; Bsp.: Schillers "Der Verbrecher aus verlorener Ehre").
Der "typische" Krimi ist natürlich der 1. Typ, und auch bei dir dürfte es sich um eine Detektivgeschichte handeln, daher nun genauer zu deren Kriterien:

- die Tat: Es ist praktisch eine Gattungsregel, dass es sich bei dem aufzuklärenden Verbrechen um Mord handelt. Auch hier gibt es Ausnahmen (v.a. beim Kinderkrimi trifft das mit dem Mord nicht zu), aber auf jeden Fall muss das Verbrechen von einer gewissen Relevanz sein - Handtaschendiebstahl wäre nicht ausreichend.  ;D
Es ergeben sich zwei Hauptbedingungen für das Verbrechen:

1. Unwiderruflichkeit: Einen Mord kann man nicht ungeschehen machen, und damit ist die "Störung der gesellschaftlichen Ordnung" so gravierend, dass sich eben der ganze Aufwand der Ermittlungen lohnt.

2. Individualität: Der Mord muss ein Individuum treffen. Selbst wenn es sich um Serienmörder handelt, setzt immer die eine Tat mit der einen Leiche alles in Gang. Somit ist Massenmord kein Thema des Krimis.

Der Mord ist also passiert, jetzt kommt die Mördersuche. Diese beinhaltet mehrere Rätsel, und zwar:

1. das Täterrätsel: Auch hier gibt es wieder gewissen Kriterien, etwa, dass der Mörder nicht der wahrscheinlichste Verdächtige sein soll aber auch nicht die unwichtigste aller Nebenfiguren

2. das Motivrätsel

3. das Hergangsrätsel: Wichtig sind hier vor allem die Indizien - verschiedene Dinge und Infos tauchen auf, die zunächst falsch kontextualisiert werden, ihr wahrer Zusammenhang wird also noch nicht klar. Erst mit der Aufdeckung werden sie dann richtig kontextualisiert. Und dann gibts oft auch noch die falschen Spuren, die "red herrings", die die wirklichen Zusammenhänge verschleiern und den Detektiv samt Leser erst mal in eine falsche Richtung führen.
Theoretisch sollten die Leser außerdem die gleichen Möglichkeiten wie der Detektiv haben, um den Fall zu lösen. Die Leser sollen also nicht durch "Tricks" wie Zufall oder ein unmotiviertes Geständnis getäuscht werden. Aber natürlich verstoßen viele Krimiautoren (z.B. auch Agatha Christie) immer wieder gegen diese "Fairnessregel".

Am Ende kommt es schließlich zur Aufdeckung - es wird alles gelöst, und was nun weiter mit dem Mörder geschieht (Verhaftung, Prozess, Urteil) wird meist nicht oder zumindest nicht ausführlich dargestellt. Es kommt auch vor, dass der Mörder nicht bestraft wird/werden kann (z.B. P.D. James' "A Certain Justice" oder einige von John Maddox Roberts' "SPQR"-Krimis), aber zumindest findet der Detektiv heraus, wer das Verbrechen wie begangen hat - und damit hat er gewissermaßen doch wieder über den Mörder gesiegt.

Soweit mal in aller Kürze. Ich hab übrigens neulich in der Bibliothek der Alten Geschichte ein Buch entdeckt, das  sich mit historischen Krimis im antiken Rom beschäftigt:
Kai Brodersen (Hrsg.), Crimina. Die Antike im modernen Kriminalroman, Frankfurt am Main 2004.

Vielleicht ist das ja auch noch interessant für dich. Ich denke mal, dass es das in jeder größeren Unibibliothek geben sollte.

Coppelia

Oh ja, das klingt super. Vielen Dank, Neyasha. :)

Shay

Neyashas Regeln gelten sicher für die meisten Krimis, insbesondere, was die Schwere der untersuchten Tat angeht. Eine Serie, die davon abweicht, sind die Mma Ramotswe-Krimis von Alexander McCall Smith. Da sind zwar manchmal auch wichtigere Sachen dabei, wie ein verschwundenes Kind, aber in aller Regel handelt es sich um kleinere Probleme. Mobbing und Erpressung in der Arbeit, die vermutete Untreue des Gatten und solche Dinge. Aber die Bücher legen insgesamt viel mehr Wert auf die beteiligten Personen als auf die pure Aufklärung der Tat. Vielleicht sind das deswegen nahezu die einzigen Krimis, die ich gerne lese.

Lomax

Hm, ich habe noch eine Fantasy-Krimiidee in meinen Aufzeichnungen, in denen es um eine Steuerhinterziehung geht. Auch das kann ein schweres Verbrechen sein ;D

Romy

*Thread ausgrab*

Ich habe mir vorgenommen bis Ende des Monats einen kleinen Fantasykrimi (also eine lange Kurzgeschichte oder einen kurzen Kurzroman) zu schreiben und habe eigentlich auch schon fast alles, was man so braucht. Falsche Fährten und Verdächtige habe ich en masse, fast zu viele ... ::) Ich tüftle noch ein wenig am eigentlichen Tathergang und den Indizien, habe davon aber auch schon einigermaßen eine Vorstellung.

Aber ich bin ja so unerfahren in Sachen Krimis, auch was reale Krimis angeht (zumindest was Romane betrifft, Krimiserien gucke ich schon häufiger mal, aber das ist ja doch was anderes), deshalb habe ich mal eine Frage: Was meint Ihr, wieviel Action ein Krimi braucht?
Nachdem ich geplottet habe und ich die letzten Tage noch mal darüber nachgedacht habe, kommt es mir so vor, als ob die ganze Geschichte fast nur aus Dialog besteht. Zwischen meinen beiden Ermittlerinnen mit den Zeugen und Verdächtigen und den beiden untereinander. Da wird der Ton gelegentlich auch mal etwas schärfer, aber sonst ... Natürlich erfährt man im Laufe der Handlung immer mehr über das Opfer und die Verdächtigen und kann (hoffentlich) miträtseln. Gegen Ende versucht der Mörder dann noch mal jemanden umzubringen, aber es bleibt bei dem Versuch und er entkommt. Meine beiden Ermittlerinnen, die abwechselnd die Perspektive haben, sind da auch nicht persönlich anwesend, sondern erfahren nur hinterher davon ...
Also reicht das alles? Oder brauche ich noch irgendwelche Action-Elemente?  :hmmm:

Chris

#12
Hallo,
etwas im Nachklapp noch einmal Krimi-Regeln, die Dir vielleicht bei der Action-Frage helfen  :D

[MAJA]
Wenn du diese Krimi-Regeln nicht selbst aufgestellt hast und sie deinem eigenen Urheberrecht unterliegen, setz einen Link dorthin, wo sie zu finden sind, aber kopiere sie nicht einfach hier rein. Beachte das Urheberrecht, es gilt auch bei Sachtexten.
Daher selbstverständlich hier entfernt.
[/MAJA

... irgendwie sind diese Dinger immer in Englisch  8)

Gruß + viel Erfolg
Chris

Chris

.... und hier ist noch etwas Grundsätzliches zum Krimi:
http://www.federkiel2000.de/genrekrimi.htm
:winke:
Chris

Romy

Zitat von: Chris... irgendwie sind diese Dinger immer in Englisch  8)

Ja schrecklich ;D Aber trotzdem sehr interessant.

Zitat von: Chris am 18. August 2010, 21:25:21
•   "Had I But Known": That has always been a bugaboo among mystery fans since Mary Roberts Rinehart and earlier. It is the ditzy heroine sneaking into Bluebeard's chamber even if she has been repeatedly warned not to. It is the kid's action when told "Whatever you do, don't climb on the railway tressle." Does not belong in a detective story. (Can be fun enough in a gothic romance or horror novel or something of the sort.)
Okay, da weiß ich bescheid. ;D

Diese 20-Punkte-Liste, die Lavendel damals verlinkt hatte, habe ich auch noch gelesen und da steht, dass man nur einen Detektiv haben soll. Naja, man muss sich ja nicht an alles halten. Ich habe nun mal zwei Ermittlerinnen, die auch eigentlich gleichgestellt sind, aber eine von den beiden ist in dieser Arbeit eher der Profi und mimt somit die Chefin.
Zitat von: Chris
•   Watson or Not?: Discouraged now because it is trite, but if you have to have one, make him a total opposite of the detective -- e.g., Archie Goodwin vs Nero Wolfe.
Immerhin das passt zu meinen beiden, sehr unterschiedlich sind sie nämlich definitiv - und die ganze Zeit am rumdiskutieren und zicken, weil sie grundsätzlich unterschiedlicher Meinung sind. ;D